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In den eisigen Tod

In den eisigen Tod

Titel: In den eisigen Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana H. Preston
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die Shackletons verließ, zu dem Schluss gekommen war, dass mandschurische Ponys auf dem Ross-Schelfeis Hunden überlegen seien. Unter jenen, die sich mit dem Eskimo-Hund auskannten, war ich wohl nicht der einzige, der überrascht war, als er dies zum ersten Mal hörte.« 7
    Oates legte eine solche Fähigkeit zu schwerer Arbeit an den Tag, dass Evans Scott überredete, ihn als Midshipman zu registrieren, damit er an Bord des Expeditionsschiffes bleiben konnte, anstatt nach Sibirien zu fahren, um dort die Hunde und Ponys auszuwählen. Scott stimmte zu, aber es war eine unsinnige Entscheidung, die er noch bereuen sollte. Oates verstand weit mehr von Pferden als Cecil Meares, der Mann, der mit dieser Aufgabe betraut wurde. Doch Oates hatte sich gegen die Zahlung einer Heuer von einem Schilling pro Monat bei den West India Docks ordnungsgemäß als Midshipman angemeldet und trat dort so merkwürdig in Erscheinung, dass die Matrosen »niemals auch nur für einen Augenblick glaubten, dass er ein Offizier sei, denn diese waren gewöhnlich so adrett! ... Aber wahrhaftig, er war ein Gentleman, ein echter Gentleman und immer ein Gentleman!« 8 Seine übliche äußere Erscheinung war die eines »Stallburschen mit ungewöhnlich guten Manieren«. 9
    Oates lernte schon bald einen anderen seiner künftigen Begleiter kennen – der ebenso klein und hässlich war, wie er groß und gutaussehend, und im Rechnen ebenso fix, wie er langsam war – ja, er zog Oates damit auf, dass er so langsam denke, wie Schnecken einen Kohlstengel hinaufklettern. Dieser Mann war Henry Bowers von der Royal Indian Marine, der wegen seiner großen und auffälligen, schnabelartigen Nase von seinen Freunden schon bald den Spitznamen »Birdie« erhielt. In einem Brief an seine Mutter beschwerte er sich: »Ich war natürlich der erste, der einen Spitznamen verpasst bekam. Warum, weiß ich nicht – es ist immer das gleiche. Es war ›Polly‹ in Sidcup, ›Beakie‹ in Streatha m ... ›Nosie‹ auf der › Fox‹ , und jetzt bin ich ›Birdie‹.« 10 Einer seiner Expeditionskollegen, Frank Debenham, hinterließ uns folgende sympathische Beschreibung: »Stellen Sie sich einen kleinen dicken Mann mit einer ganz riesigen Nase und rotem Stoppelhaar, mit unerschöpflich guter Laune und Tatkraft und wunderbarer Ausdauer vor.« Er war 1883 geboren und damit nur drei Jahre jünger als Oates und stammte aus einer alten schottischen Seefahrerfamilie. Sein Vater starb, als er noch ein Kind war, und so wurde Birdie von seiner warmherzigen und tief religiösen Mutter erzogen, der er immer ergeben war. Obwohl ihn die Lektüre von Darwins Die Abstammung des Menschen verunsichert hatte, teilte er den fundamentalistisch-evangelischen Glauben seiner Mutter und sah selbst in der liberalen Church of England »die Tochter der Hure«. Bowers wuchs mit einer Leidenschaft für Schmetterlinge und einer ganz realen Angst vor Spinnen auf. Wie so viele Jungen seiner Zeit ließ auch er sich von Geschichten über weit entfernte Länder faszinieren. Als er gerade sieben Jahre alt war, schrieb er einen Brief an einen Eskimo: »Lieber Eskimo. Bitte schreib mir, und erzähle mir etwas über Dein Land. Ich möchte eines Tages dorthin fahren. Dein Freund Henry.« 11 Die Faszination durch das Unbekannte blieb eine Konstante seines Lebens.
    Im Gegensatz zu Oates waren Birdies Zeugnisse voller Lob für seinen Arbeitseifer und seine Gewissenhaftigkeit. Im September 1897 erlaubte ihm seine Mutter, sich als Kadett auf der Worcester zu melden, und er trat in die Handelsmarine ein. 1905 verließ er sie und ging als Leutnant zur See zum Royal Indian Marine Service. Ein solcher Übertritt war ein seltenes Privileg – die Indian Marine rangierte gleich hinter der Royal Navy –, aber Bowers hatte schwer dafür gearbeitet. Er war ein sehr strebsamer junger Mann und eine seiner Triebkräfte war, ähnlich wie bei Scott, der Wunsch, Sicherheit für seine Mutter zu erlangen, die wenig Geld besaß.
    Bowers erlernte das Navigieren in Burma, auf dem gewundenen Irawadi, und er kam bei der Marine so gut voran, dass er schon mit 23 Jahren vorübergehend das Kommando über ein Schiff erhielt. Seine Kameraden äußerten sich über sein anscheinend immerwährendes Glück, aber einer von ihnen sagte ihm zutreffend genug voraus: »Dein Pech wird ganz plötzlich über Dich kommen.« 12 Doch in diesem Abschnitt seines Lebens erstreckte sich sein Glück auch auf seine Gesundheit. In einem Teil der Welt, der in dieser

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