In den eisigen Tod
Maß des Elends voll zu machen«, schrieb er, »gib mir einen Hurrikan, nicht zu warm, die Rah eines Segelschiffs, ein nasses Segel und einen Anfall von Seekrankheit.«
Doch ein zweiter Schlag folgte auf dem Fuße. Nur zehn Tage nachdem sie Neuseeland verlassen hatten, wurde der erste Eisberg gesichtet, der ankündigte, dass man sich dem Packeis näherte. Ein entzückter Ponting beschrieb diese große, weiße schwimmende Insel so: »Flach wie ein Tisch; ungefähr 25 Meter hoch und zwei Kilometer lang oder noch länger. Ihre senkrecht aufragenden Wände waren von Spalten durchzogen, und nahe der Wasserlinie war diese gewaltige Masse voller Kavernen, in denen die Wellen rauschten und schäumten, oder dann, wenn sie gegen die Klippen prallten, tosend die steilen Wände weit hinauf stiegen.« Am 9. Dezember steuerte die Terra Nova auf ihre erste große Eisscholle zu. Emsigen jungen Männern wie Cherry-Garrard erschien das Packeis wie eine Phantasiewelt: »Die Schollen waren rosa, trieben in einer tiefblauen See, und alle Schatten waren violett. Wir fuhren genau unterhalb eines riesigen Berges vorbei und hatten uns den ganzen Tag zwischen einer Reihe von Seen und einer Fahrrinne nach der anderen hindurch geschlängelt. ›Das ist die Regent Street‹, sagte jemand, und eine Zeitlang fuhren wir zwischen steilen Eiswänden durch große Rinnen hindurch.« Doch was das bedeutete, war ihnen nicht klar. Sie waren viel weiter nördlich in das Packeis hinein gefahren, als Scott vorausberechnet hatte. Er war besorgt, dass sich ihre Ankunft in Cape Crozier deshalb verzögern würde.
Die Terra Nova kam langsam voran und verschlang ihre Kohle in alarmierendem Tempo. Scott, der immer ein ungeduldiger Mann war, machte sich wegen der Verzögerung Sorgen: »Es ist aber wirklich sehr aufreibend, immer wieder so aufgehalten zu werden.« Er war innerlich aufgebracht, aber darauf bedacht, seine Frustration vor seinen Leuten zu verbergen. Wilsons Gefühle waren ganz anderer Natur: »Das sanfte, schäumende Geräusch des sich bewegenden Eises und ein gelegentlicher stoßender und kratzender Lärm an der Flanke des Schiffes rufen einem die alten Zeiten ins Gedächtnis.« Bald hielt er das wimmelnde Leben auf dem Packeis fest und skizzierte es – Kaiserpinguine und die weniger würdevollen, aber akrobatischeren Adéliepinguine. Ganze Herden antarktischer Sturmvögel dösten auf den Eisschollen und Eisbergen, Eissturmvögel kreisten in der Luft, und in Schwärmen schwammen große Blauwale vorbei: »Ihr Blas war sehr hoch und erinnerte fast an den Rauch eines Fabrikschlotes, während er dunkelgrau in das weiß glänzende Eis des Packeishimmels aufstieg ... eine graue Säule nebligen, frostigen Atems.«
Wilsons Tagebuch fängt die magische Schönheit des Packeises ein:
»Das mitternächtliche Sonnenlicht ist im Packeis einfach wunderbar. Man sieht hinaus auf die endlosen Felder aufgebrochenen Eises, tief violett und purpurn in den niedrigen Schatten, und golden und orangefarben und rosenrot auf den abgebrochenen Rändern, die das Licht zurückwerfen, während der Himmel smaragdgrün und lachsrosa ist, und diese beiden wunderschönen Farben spiegeln sich in den vollkommen stillen, hier und da zwischen den Eisschollen liegenden Wasserlöchern. Gelegentlich hört man einen Pinguin in der Stille aufschreien ... und dann taucht er vielleicht in seinem korrekt sitzenden Frack mit weißer Weste plötzlich aus dem Wasser auf, zeigt sich auf einer Eisscholle – und erblickt das Schiff, läuft neugierig darauf zu und kreischt vor Verwunderung, während er näher kommt ... aber verstärkt damit nur die wunderbare Stille und Schönheit der ganzen märchenhaften Szene, während die golden leuchtende Sonne im Süden gerade den Horizont berührt.«
Ponting wollte »einen Film« drehen, »der zeigte, wie der Bug der Terra Nova die Eisschollen durchschnitt«. Er kraxelte auf einige über das Wasser hinausragende Planken, die von der Besatzung aufgebaut worden waren, und filmte eine seiner dramatischsten Sequenzen. Neun Monate später sollte Kathleen Scott sich diesen Streifen bei der Gaumont Film Company in London ansehen.
Trotz der Verzögerung und Ungewissheit boten die Eisschollen zumindest eine Gelegenheit, sich im Skifahren zu üben, »oder im allgemeinen Sprachgebrauch (à la Gran): ›mit di schi op‹ gehen«, wie Griffith Taylor ziemlich erheitert notierte. Tryggve Gran leitete seine rutschenden und schwankenden Kameraden an und zeigte ihnen, wie
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