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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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zerbrechlich, Sir, nehme ich an.«
    »Wer mietete den Zug?«
    »Das steht am unteren Rand des Blattes, Sir.« Pickering deutete auf das Papier in Monks Händen. »Messrs. Butterby and Scott, of Camberwell.« Neugierig beobachtete er Monk. »Dachten Sie, der Amerikaner hätte die Waffen mit unserem Zug nach Liverpool transportiert? In den Zeitungen stand, er wäre den Fluss hinunter bis zu Bugsby’s Marshes gefahren und von dort aus über den Atlantik. Scheint mir auch das Vernünftigste zu sein. Wenn ich eben erst drei Männer ermordet und Tausende von Gewehren gestohlen hätte, würde ich so schnell wie möglich aus dem Land fliehen, um der Polizei zu entkommen. Ich würde mich nicht einmal länger als unbedingt nötig auf dem Fluss aufhalten. Ich würde ihn hinabfahren, so schnell die Flut mich trägt, und zwar während es noch so dunkel ist, wie es um diese Jahreszeit nur werden kann.«
    »Das würde ich auch«, stimmte Monk zu. »Ich würde hoffen, den Anker gelichtet zu haben und mich auf hoher See zu befinden, bevor sie herausgefunden haben, welchen Weg ich genommen habe.«
    Pickering schien vor einem Rätsel zu stehen.
    »Aber wenn ich die Waffen nicht gestohlen hätte«, erklärte Monk, »wenn ich sie legal erworben und nichts von den Morden gewusst hätte, würde ich über Liverpool fahren. Es wäre eine beträchtliche Zeitersparnis, einige Tage, wenn man nicht erst um die ganze Südküste Englands herumfahren müsste, bevor man den Atlantik erreicht.«
    Pickerings stoppelige Augenbrauen schossen in die Höhe.
    »Glauben Sie etwa, er war es gar nicht? Wer war es dann?«
    »Ich weiß nicht, was ich glauben soll«, gestand Monk.
    »Außer dass derjenige, der die Männer in der Tooley Street ums Leben brachte, nicht mit einem Ihrer Züge in Richtung Norden gefahren sein kann.«
    »Das kann ich beschwören«, versicherte ihm Pickering.
    »Und das werde ich auch, wenn ich als Zeuge geladen werde. Fassen Sie diesen Teufel, Mr. Monk. So kann man doch nicht mit Menschen umgehen! Wofür auch immer man kämpft!«
    Monk stimmte ihm zu, dankte ihm und verabschiedete sich.
    Den Rest des Tages sowie den ganzen nächsten Tag verbrachte er damit, seine Schritte von der Tooley Street den Fluss hinunter bis zu Bugsby’s Marshes zurückzuverfolgen. Wieder sprach er mit jedem, der den Lastkahn gesehen hatte, den er und Lanyon schon vor ein paar Wochen ausfindig gemacht hatten, und zudem fragte er noch viele weitere Leute, die etwas bemerkt haben könnten. Wieder bekam er genau dasselbe zu hören: Es war ein schwer im Wasser liegender Prahm gewesen, der hoch mit Kisten beladen war, deren Größe gepasst hätte, um Musketen zu enthalten. Der Prahm hatte sich schwerfällig in Bewegung gesetzt, bis er in der Mitte der Strömung mehr Geschwindigkeit aufnahm. Zwei Männer, einer davon groß und hager mit einem weichen, ausländischen Akzent – sie vermuteten, er sei amerikanisch gewesen. Mit dem betont gesprochenen R und den verschluckten Konsonanten sei es sicherlich keine europäische Sprache gewesen. Er schien das Kommando geführt zu haben und erteilte die Befehle.
    Alles war sehr diskret abgelaufen, fast verstohlen, niemand sonst war angeheuert worden, und man hatte die gewohnte Kameradschaft, die unter den Flussschiffern herrschte, ignoriert.
    Wieder verlor Monk die Spur bei Bugsby’s Marshes. Mehrere Male versuchte er, jemanden zu finden, der den Prahm hinter Greenwich noch zu Gesicht bekommen hatte oder der ein seegängiges Schiff in den Hafen ein oder auslaufen oder irgendwo vertäut gesehen hatte, aber er hatte kein Glück.
    Ein Fährmann zuckte die Achseln, stützte sich auf seine Ruder und kniff die Augen gegen die grelle Sonne zusammen.
    »Gar nicht so eigenartig«, sagte er und nagte auf seiner Lippe.
    »Hinter der Kurve bei Bugsby’s Marshes versteckt, wer würde dort nachsehen? Kann die ganze Nacht dort liegen und würde wahrscheinlich nicht entdeckt werden, wenn er nur nahe genug am Ufer liegt. Das wär’s, was ich täte, wenn ich ein Geschäft zu erledigen hätte, das unter der Hand ablaufen soll. Mit der ersten Flut wäre ich fort. Wäre noch vor dem Frühstück draußen auf dem Meer.«
    Monk dankte ihm und war bereits im Begriff, umzudrehen und zur Artichoke Tavern zurückzukehren, als der Mann ihm nachrief.
    »He! Wollen Sie wissen, was mit dem Kahn passiert ist?«
    Monk fuhr herum. »Wissen Sie es etwa?«
    »Natürlich nicht, sonst hätt ich’s Ihnen ja gesagt. Aber Sie haben gesagt, Sie hätten ihn bis

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