In den Fängen der Macht
zu hauen versucht. Dann wird er wohl ziemlich lästig, aber das werden schließlich viele Leute.«
»Ich dachte eher, ob er Sympathien für eine der Seiten im amerikanischen Bürgerkrieg hegt.« Monk wusste, noch während er sprach, dass er lächerlich wirkte, wie er hier Seite an Seite mit dem Flusssergeant stand, den hin und her fahrenden Welthandeisverkehr und die Schleppkähne beobachtete, die sich gegenseitig zu den Docks trieben. Hier ging es nur um Handel, Fracht und Profit. Es ging um Gezeiten, das Wetter, Ladekapazitäten, wer kaufte und wer zu welchem Preis verkaufte. Washington und der Bull Run gehörten zu einem anderen Leben.
»Kann ich mir nicht vorstellen.« Der Sergeant zuckte die Achsein. »Kann mir nicht denken, dass er überhaupt wusste, dass dort ein Krieg herrscht, außer sie kauften etwas für jemanden und wollten es transportieren lassen. Nehme an, es geht um die Waffen, was? Könnte mir vorstellen, dass ein Mann wie Shearer sich nicht darum schert, wohin sie geliefert wurden, solange jemand dafür bezahlt hat.«
Das passte genau zu Monks Theorie, dass Breeland Shearer den Preis für die Waffen ausbezahlte und Shearer derjenige gewesen sein könnte, der Alberton tötete und dann die Gewehre den Fluss hinunterbeförderte, während Breeland mit Merrit mit dem Zug nach Liverpool reiste. Die einzige Frage, die sich dann noch stellte, wäre, warum Breeland zu Shearer so rasch Vertrauen fasste? Und offensichtlich tat er gut daran, denn die Flinten waren in Washington angekommen.
Doch Monk konnte es noch nicht glauben, nicht, bevor er irgendeinen überzeugenden Grund gefunden haben würde, warum Breeland Shearer vertraut hatte. Er vermutete, dass ein derartiger Grund vorhanden sein musste.
Oder war noch eine weitere Person involviert? Unwahrscheinlich, außer es wäre Alberton selbst gewesen, der irgendeine Rolle dabei gespielt hatte und dann von Shearer betrogen worden war. Breeland hatte behauptet, die Depesche, die ihm geschickt worden war, wäre von Shearer gekommen, aber das konnte er nicht genau wissen. Schließlich konnte jeder x-Beliebige mit Shearers Namen unterzeichnen.
Eine Sache war jedoch absolut gewiss: Monk war immer noch weit von der Wahrheit entfernt.
Er machte sich auf den Weg zurück zur Tooley Street und dem Lagerhaus. Dort ging es jetzt geschäftig zu. Lagerung und Anlieferung, Kauf und Verkauf gingen trotz Albertons Tod weiter. Vielleicht florierten die Geschäfte nicht so, wie sie es vorher getan hatten, aber Albertons Ruf war exzellent gewesen, und Casbolt war schließlich noch am Leben, obwohl sein Anteil am Geschäft offenbar mehr mit dem Einkauf zu tun gehabt hatte.
Monk trat durch die offenen Tore ein. Im Zentrum des Hofes stand ein vierrädriger Lastwagen, Pferde scharrten ruhelos auf den Pflastersteinen, Fliegen surrten umher, und in der Luft lag der schwere Geruch von Pferdemist, Holzspänen, Öl, Schweiß und Teer. Zwei Männer waren gemeinsam damit beschäftigt, von der Winsch eine hölzerne Kiste auf die Ladefläche des Wagens herabzulassen. Als er sich ihnen näherte, waren sie fertig. Einer von ihnen befestigte die Kiste mit Seilen, damit sie nicht verrutschen konnte, der andere ging, um die Hoftore zu schließen.
»Na, was wollen Sie denn?«, sagte der Mann am Wagen hinlänglich höflich zu Monk. Er war ein stämmiger breitschultriger Mann mit sanftmütigem und aufrichtigem Gesicht.
»Kann ich Ihnen helfen, Sir?«
»Das hoffe ich. Ich suche Mr. Shearer. Ich denke, er arbeitete für gewöhnlich mit Mr. Alberton zusammen«, erwiderte Monk.
»Ja, das war so«, antwortete der Mann und fuhr sich mit der Hand durch sein Haar. »Der arme Mr. Alberton ist tot, ermordet. Nehme an, Sie wissen das. Ganz London weiß das. Aber Shearer hab ich schon wochenlang nicht mehr gesehen. Tatsächlich, seit der arme Mr. Alberton umgelegt wurde, das ist wahr.«
Er wandte sich an den Mann, der vom Schließen der Tore zurückgeschlendert kam. »He, Sandy, der Mann hier sucht nach Shearer. Hast du ihn kürzlich gesehen? Ich nämlich nicht.«
Sandy schüttelte den Kopf. »Hab ihn nicht mehr gesehen seit… hm, weiß nicht. Muss Wochen her sein. Vielleicht seit dem Tag, bevor der arme Mr. Alberton um die Ecke gebracht worden ist.« In seinem Gesicht spiegelte sich Traurigkeit und unverhohlener Zorn. Monk war überrascht, wie sehr ihn das freute. Er hatte Alberton gemocht. Er hatte sich in der letzten Zeit nicht erlaubt, daran zu denken, hatte den Gedanken unterdrückt, um sich
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