In den Fängen der Macht
sind Feinde, wenngleich wir uns höflich begegnen, wenn wir uns in London zufällig treffen. Schließlich sind wir keine Barbaren.«
Er räusperte sich. »Ich habe keine Angst, mich vor Gericht für meine Taten zu verantworten, und ich möchte, dass Sie mein Volk als das Volk von gerechten und tapferen Männern ansehen, das es ist.« Er hob sein Kinn leicht an und blickte vor sich hin.
»Die Zeit wird kommen, dass Sie zwischen Union und Konföderation wählen müssen. Dieser Krieg wird nicht enden, bevor nicht die eine Seite die andere zerstört hat. Ich werde alles geben, was ich habe, mein Leben, meine Freiheit, wenn nötig, um sicherzustellen, dass es die Union sein wird, die den Sieg erringt.«
Rathbone sah zu Merrit hoch und bemerkte den Stolz in ihrem Gesicht, aber auch, dass es sie Mühe kostete. Er meinte auch, einen dunkler werdenden Schatten der Einsamkeit an ihr zu sehen.
Aus dem rückwärtigen Teil des Gerichtssaales ertönte leichtes Beifallsgemurmel, dem sofort Einhalt geboten wurde.
Deverills Lächeln wurde breiter, aber es lag eine gewisse Unsicherheit darin. Er wollte, dass die Geschworenen glaubten, er sei zuversichtlich und würde eventuell etwas bemerken, das sie nicht wahrgenommen hatten. Es war ein Spiel des gegenseitigen Bluffs.
Auch Rathbone beherrschte es, und im Moment war der Bluff alles, was ihm noch geblieben war.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es einen Menschen gibt, der Ihre Gefühle nicht teilt«, sagte er betont deutlich.
»Das entspricht nicht unserer Art, und wir alle trauern um Ihr Land und hoffen aus tiefster Seele, dass sich eine bessere Lösung findet als das Abschlachten ganzer Armeen und der Ruin eines Landes. Wir streben nicht danach, einem unschuldigen Mann die Freiheit zu nehmen, der seinem Volk in einem derartigen Zwist dient.« Er verbeugte sich leicht, als ob es der Kampf gegen die Sklaverei wäre, um den es hier ging.
Doch sein Erfolg war kurzlebig. Deverill erhob sich, um Breeland ins Kreuzverhör zu nehmen. Großspurig stolzierte in die Mitte des Saales und begann mit einer ausladenden dramatischen Geste.
»Mr. Breeland, Sie sprechen mit großer Leidenschaft über die Sache der Union. Niemand hier im Saal könnte Ihre Hingabe missverstehen. Entspräche es denn der Wahrheit, zu sagen, dass Ihnen dieses Anliegen wichtiger ist als alles andere?«
Breeland sah ihn geradewegs an und sagte stolz: »Ja, so ist es.«
Deverill dachte einen Augenblick lang nach. »Ich glaube Ihnen, Sir. Ich bin nicht sicher, ob ich mich so rückhaltlos einsetzen könnte…«
Rathbone wusste, was als Nächstes kommen würde. Er erwog, ihn zu unterbrechen, um die Geschworenen einige Momente lang abzulenken, indem er erklärte, dass das, was Deverill gesagt hatte, wohl kaum als Frage gelten konnte und daher auch für den Fall nicht relevant war. Aber das hätte nur bedeutet, das Unvermeidliche hinauszuschieben.
»Ich glaube…«, fuhr Deverill fort und drehte sich zur Seite, um Merrit anzusehen, »ich glaube, eher als die Gerechtigkeit meines Anliegens zu verteidigen und meine eigene Unschuld darzulegen, wäre ich versucht gewesen, meine Liebe für eine junge Frau zu beteuern, die alles aufgegeben hatte – Heim, Familie, Sicherheit, ja sogar ihr eigenes Land –, um mir in ein fremdes Land zu folgen, das gegen sich selbst Krieg führt. Und ich hätte meine Energie darauf verwendet, alles zu tun, um zu gewährleisten, dass sie nicht für meine Verbrechen am Galgen enden würde – im Alter von sechzehn Jahren… noch kaum zur Frau geworden, am Beginn ihres Lebens…«
Die Wirkung war vernichtend. Breeland wurde dunkelrot. Man konnte nur vermuten, welche Wut und Scham ihn verzehrten.
Merrit war weiß geworden. Vielleicht würde sie nie mehr in ihrem Leben mit solch schrecklichem Verständnis und gleichzeitig solch immenser Demütigung konfrontiert werden.
Judith neigte langsam den Kopf, als ob ein Gewicht zu schwer auf ihr lastete, um es noch länger ertragen zu können.
Philo Trace’ Lippen waren von Mitleid verzerrt, dem er weder durch eine Berührung noch durch Worte Ausdruck verleihen konnte.
Auch Casbolts Augen ruhten auf Judith.
Die Geschworenen waren hin und her gerissen, ob sie Merrit ansehen sollten oder nicht. Einige wollten ihr Ungestörtheit gewähren, indem sie den Blick abwandten, als ob sie jemanden unabsichtlich bei einer intimen Handlung ertappt hätten. Andere starrten Breeland mit unverhohlener Verachtung an. Zwei von ihnen sahen Merrit mit tiefstem
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