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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Mitgefühl an. Vielleicht hatten sie selbst Töchter in ihrem Alter. In ihren Gesichtern war keinerlei Missbilligung zu erkennen.
    Rathbone zwang sich, daran zu denken, dass er sowohl mit der Verteidigung Merrits als auch mit der Breelands betraut war. Er durfte aus der Situation keinen Vorteil ziehen und Breeland an den Galgen bringen, um Merrits Freispruch zu erreichen, obwohl er sich im Moment genau das wünschte.
    Deverill musste dem nichts mehr hinzufügen. Wie die Fakten auch immer sein mochten, auch die, an denen nicht zu rütteln war, er hatte jedes Gefühl der Barmherzigkeit im Keim erstickt.
    Die Juroren würden Breeland verurteilen wollen, nicht wegen Mordes, aber wegen des Umstandes, dass er nicht lieben konnte.
    Während Rathbone im Gerichtssaal kämpfte, versuchte Monk Shearers Aktionen in der Nacht von Albertons Tod und während der Tage vorher nachzuvollziehen. Die einzige Möglichkeit, für Breeland einen Freispruch zu erzielen, würde sein, einen Beweis zu finden, dass er nicht mit Shearer gemeinsame Sache gemacht hatte. Der Zeitpunkt des Streites in Albertons Haus, der Überbringung der Nachricht in Breelands Wohnung und der Ankunft am Bahnhof Euston Square machten seine Anwesenheit in der Tooley Street unmöglich, aber sie bewiesen nicht, dass er nicht entweder Shearer bestochen hatte, die Morde zu begehen, oder wenigstens mit ihm gemeinsame Sache gemacht und daraus einen Vorteil gezogen hatte.
    Wieder begann er in der Tooley Street mit der Befragung der Lagerhausarbeiter. Es war ein warmer Tag, Windböen jagten kleine Staubwirbel über die Pflastersteine.
    »Wann sahen Sie Shearer zum letzten Mal?«, fragte Monk den Mann mit dem sandfarbenen Haar, mit dem er schon einmal gesprochen hatte.
    Konzentriert zog der Mann sein Gesicht in Falten. »Bin nicht ganz sicher. Zwei Tage vor der ganzen Tragödie war er mal hier. Versuche, mich zu erinnern, ob er auch an dem Tag hier war. Aber ich glaube nicht. Eigentlich bin ich ziemlich sicher, weil wir eine schöne Ladung Teakholz hier hatten, und das war nichts, wofür wir ihn gebraucht hätten. Weiß nicht, wo er war, aber vielleicht weiß Joe es. Ich frag ihn mal.« Damit ließ er Monk in der Sonne stehen und machte sich auf die Suche nach Joe.
    »Er war in Seven Sisters«, sagte er, als er zurückkam, »Fuhr rauf, um einen Kerl wegen einer Ladung Eichenholz zu befragen. Verstehe nicht, was das mit Flinten zu tun haben soll.«
    Auch Monk sah hier keinen Zusammenhang, doch er hatte die Absicht, jeden von Shearers Schritten zu verfolgen. »Kennen Sie den Namen der Firma in Seven Sisters?«
    »Bratby und irgendwas, glaub ich«, erwiderte Bert.
    »Große Firma, hat er gesagt. Muss an der High Street oder zumindest direkt daneben sein. Was soll das mit dem Tod des armen Mr. Alberton zu tun haben? Bratby handelt mit Eiche und Marmor und so was, nicht mit Waffen.«
    »Ich möchte nur wissen, was Shearer tat, nachdem er dort war«, erklärte Monk unverblümt. Es hatte keinen Sinn, Ausflüchte zu erfinden. »Er war um halb ein Uhr nachts am Euston Square, um Breeland die Waffen zu übergeben, und seither hat ihn niemand mehr gesehen, das ist sicher.«
    »Wo ist er also?«
    »Das wüsste ich zu gerne. Wie sieht er denn aus?«
    »Shearer? Ziemlich gewöhnlicher Kerl, wirklich. Ungefähr Ihre Größe, ein bisschen kleiner vielleicht, glaub ich. Nicht mehr viele Haare, eher dunkel. Hat grüne Augen, das ist wirklich besonders an ihm, und einen Leberfleck auf der Wange, ungefähr hier.« Er demonstrierte es, indem er mit seinem Finger auf seinen Wangenknochen tupfte. »Und er hat ’ne Menge Zähne.«
    Monk dankte ihm und verabschiedete sich nach einigen weiteren Fragen, die nichts Wichtiges ergaben. Die nächsten eineinhalb Stunden verbrachte er in einem Hansom, der ihn nach Seven Sisters brachte. Er fand die Firma Bratby & Allan direkt neben der Hauptstraße.
    »Mr. Shearer?«, fragte der Angestellte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Ja, den kennen wir, ziemlich gut sogar. Um was handelt es sich denn, wenn ich fragen darf?«
    Monk hatte sich die Antwort schon bereitgelegt. »Ich fürchte, er ist seit mehreren Wochen nicht mehr gesehen worden, und wir machen uns Sorgen, dass ihm etwas zugestoßen ist«, sagte er ernst.
    Der Angestellte wirkte nicht sehr betroffen. »Schade um ihn«, sagte er lakonisch. »Nehme an, dass Leute, die am Fluss arbeiten, öfter mal in einen Unfall geraten. Bin nicht sicher, wann er das letzte Mal hier war, aber ich kann in den

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