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In den Fängen der Macht

In den Fängen der Macht

Titel: In den Fängen der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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dafür.«
    Im Saal herrschte vollkommenes Schweigen. Rathbone hatte das Gefühl, als ob sich Dunkelheit über ihn senkte. Nur mit Mühe gelang es ihm, Atem zu holen. In wenigen Minuten hatte Breeland seine Philosophie dargelegt und ihnen eine Gleichgültigkeit dem Einzelnen gegenüber vor Augen geführt, die wie ein eiskalter Atemzug war, eine Straße, deren Ende man nicht ahnen konnte.
    Rathbone sah die Geschworenen an und erkannte, dass sie die ganze Bedeutung von Breelands Worten noch nicht erfasst hatten, im Gegensatz zu Deverill. In seinen Augen glänzte der Sieg.
    Rathbone hörte seine eigene Stimme in dem hohen Saal, als ob sie nicht zu ihm gehörte; sie hallte sonderbar von der Decke wider. Er musste fortfahren, musste bis zum letzten Wort weitermachen.
    »Zeigten Sie die Nachricht Miss Alberton?«
    »Nein. Dazu bestand keine Veranlassung. Es war wichtig, so schnell wie möglich meine wenigen Habseligkeiten zu packen und abzufahren. Er hatte uns sehr wenig Zeit gelassen, um zum Bahnhof zu kommen.« Breeland war sich der Veränderung keineswegs bewusst. An ihm hatte sich nichts verändert, weder die Haltung seiner Schultern noch sein Griff um die Brüstung oder das Selbstvertrauen, das in seiner Stimme lag. »Ich berichtete ihr, was darin stand, und sie war überglücklich… natürlich.«
    »Ja… natürlich«, wiederholte Rathbone. Detail für Detail führte er Breeland durch die Fahrt zum Bahnhof, ließ sich den Bahnhof und die Schaffner beschreiben, dann Shearer, den Zug und all die Passagiere in dem Waggon, in dem sie saßen. Seine Beschreibung deckte sich so haargenau mit der Merrits, dass er einen Moment lang wieder Hoffnung schöpfte. All die Ereignisse und Menschen waren als dieselben erkennbar, die auch sie erlebt und gesehen hatte, und doch war alles mit ausreichend unterschiedlicher Auffassungsgabe wiedergegeben und mit anderen Worten beschrieben worden, so dass es eindeutig war, dass er Merrit nicht nachgeahmt hatte oder sie ihre Beschreibung abgesprochen hatten.
    Er bemerkte sogar, dass einige der Geschworenen nickten und sich in ihren Mienen Objektivität und Zustimmung abzeichnete. Vielleicht hatten auch sie einmal eine Zugreise von London nach Liverpool unternommen und erkannten den Wahrheitsgehalt von Breelands Worten.
    Am Nachmittag führte Rathbone Breeland durch die Reise über den Atlantik und sprach über seinen kurzen Aufenthalt in Amerika.
    Deverill unterbrach ihn mit der Frage, ob all dies denn relevant sei.
    »Ich bezweifle nicht, Euer Ehren, dass Mr. Breeland die Waffen für die Armee der Union erwarb oder dass er unwiderruflich an seine Sache glaubt. Es ist nicht schwierig, zu verstehen, warum ein Mann in seinem oder einem anderen Land wünscht, die Sklaverei abschaffen zu können. Auch bezweifeln wir nicht, dass er in Manassas tapfer kämpfte, wie viele andere es auch taten.« Er senkte die Stimme. »Dass er bereit war, für den Sieg der Union jeden Preis zu bezahlen, ist uns auf tragische Weise klar, denn dass er Menschen dafür opferte, das ist der Kern unserer Anklage.«
    »Es ist nicht mein Ziel, das zu beweisen«, argumentierte Rathbone wohl wissend, dass er nicht die ganze Wahrheit sagte und Deveril! dies sehr genau wusste. »Ich will nur zeigen, dass er Miss Alberton stets ehrenhaft behandelte, und zwar in aller Offenheit, obwohl Mr. Monk und Mr. Trace in Washington waren. Er tat dies, weil er sich keines Verbrechens schuldig gemacht hatte und daher kein Grund zur Furcht bestand.«
    Deverill lächelte. »Ich entschuldige mich. Sie waren so weit vom Thema abgekommen, dass ich Ihr Ziel nicht erkannte. Bitte fahren Sie fort.«
    Rathbone war nahe daran zu scheitern, und sie wussten es beide. Aber er konnte jetzt nicht zurück. Er ließ Breeland über seine Konfrontation mit Monk und Trace auf dem Schlachtfeld berichten und über seine Zustimmung, mit ihnen nach England zurückzukehren.
    »Sie leisteten also keinen Widerstand?«
    »Nein. Die eigentliche Schlacht in Amerika können viele Männer schlagen. Aber nur ich kann hier für meine Tätigkeiten geradestehen und für die moralische Seite unseres Anliegens kämpfen, indem ich Sie hier in England von der Gerechtigkeit unserer Sache und der Ehrenhaftigkeit unseres Verhaltens überzeuge. Ich erwarb in aller Offenheit Waffen und bezahlte einen fairen Preis dafür. Der einzige Mensch, den ich täuschte, war Philo Trace, und das ist das Schicksal des Krieges. Er hatte von mir nichts anderes erwartet, ebenso wie ich von ihm. Wir

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