In den Faengen der Nacht
er ihr in der Dunkelheit half. Susan nickte und lehnte sich gegen die Küchentheke. Sie lauschte, wie Ravyn sich heimlich die Treppen hinaufbewegte … wie eine Katze.
Tja. Es war ein ungewöhnliches Leben, das sie lebte.
Und als sie sich in dem dunklen Haus umblickte, wo die Möbel mit den Schatten verschwammen, da setzte sich der Kummer tief in ihrer Brust fest. Das letzte Mal war sie zu Angies Geburtstag vor einigen Wochen hier gewesen. Jimmy hatte Angie geneckt, sie sei wie Merlin und würde rückwärts altern.
Du wirst mit jedem Jahr schöner.
Angie war zum dritten Mal fünfunddreißig Jahre alt geworden. Sie war locker mit den Witzen umgegangen und erinnerte Susan daran, dass sie vom Alter her nicht weit hinter ihr lag.
Was würde sie nur dafür geben, wenn sie in der Lage wäre, in der Zeit zurückzuspringen und diesen Abend noch einmal zu erleben …
»Ach, Angie«, seufzte sie. Der Verlust ihrer Freunde schmerzte sie schrecklich. Wie konnten sie einfach fort sein? Es war eine sinnlose Tragödie.
»Denk nicht dran.« Und doch war es unmöglich, das nicht zu tun. Sie sollte nicht ohne ihre Freunde alt werden müssen. Sie waren ihre Familie, und ohne sie fühlte sie sich völlig allein und verlassen.
Hilflos.
Trotz ihres Entschlusses spürte sie, wie ihr die Tränen in die Augen traten. Sie wischte sie ab und hasste sich selbst für ihre Schwäche. Sie hatten hier etwas zu erledigen, und sie saß da und weinte wie ein kleines Kind.
»Susan?«
Sie fuhr zusammen, als sie die tiefe Stimme nahe an ihrem Ohr hörte. »Ravyn! Erschreck mich nicht so.« Sie spürte, wie sich sein muskulöser Arm um sie legte und sie nah an seinen harten Körper zog. Sein Geruch beruhigte sie, auch wenn er sie gleichzeitig in der Nase kitzelte.
»Alles in Ordnung.«
Aber sie wusste, dass es nicht stimmte. Es würde niemals in Ordnung sein, dass sie fort waren. Und doch war es freundlich von ihm, dass er versuchte, ihr Trost zu spenden.
Denn wenn irgendjemand Schmerz kannte, dann war es der Mann, der sie im Arm hielt. Auch er hatte alles verloren. Sie war dankbar, dass er da war, und lehnte sich gegen seine Brust, liebkoste seinen Arm, der gegen ihre Brüste stieß. Sie war still, kämpfte die Tränen zurück und holte zitternd Luft.
Dann räusperte sie sich, drückte noch einmal kurz seinen Arm und trat von ihm weg. »Hast du es gefunden?«
»Ja, es war genau da, wo du beschrieben hast. Jetzt lass uns machen, dass wir hier rauskommen, bevor uns jemand bemerkt.«
Er schob die Kiste unter seinem Arm zurecht, ergriff ihre Hand und führte sie zurück nach draußen auf die Veranda. Leise überquerten sie den Hof und wandten sich zur Straße, wo sie den Wagen geparkt hatten. Bei jedem Schritt erwartete sie, dass die Polizei oder die Daimons entdecken würden, wo sie sich befanden.
Als sie den Porsche erreichten, war sie mit den Nerven völlig am Ende.
Sie stieg als Erste ein und schnallte sich an, dann stellte Ravyn ihr die Kiste auf den Schoß. Sie runzelte die Stirn, als er die Tür zumachte und um das Auto herumging. Bis sie sah, was in der Kiste obenauf lag …
Trauer und Freude mischten sich, und sie hatte plötzlich einen Kloß im Hals. Es war ein gerahmtes Bild von ihr, Angie und Jimmy aus dem letzten Sommer, wo sie gemeinsam beim Hochseefischen gewesen waren. Sie und Angie deuteten auf den riesigen Schwertfisch, den Jimmy gefangen hatte, und er stand da wie ein Held mit jubelnd erhobenen Armen.
Sie drückte das Bild an sich, sah hinüber zu Ravyn und war überwältigt von seiner Umsicht. »Danke.«
Er neigte nur den Kopf, ließ den Motor an und fuhr los in Richtung Serengeti.
Susan legte das Foto in den Karton zurück und versuchte, sich zusammenzunehmen, als der Zorn über die Ungerechtigkeit dieser beiden Todesfälle in ihr aufstieg. Sie wollte Rache. Du musst ruhig bleiben, Sue. Aber es war schwierig. Sie hatte emotionale Nervenbündel immer gehasst, aber heute Nacht fühlte sie sich ganz genauso. »Tut mir leid, Ravyn.«
»Was denn?«
»Dass du mit der neurotischen Susan geschlagen bist. Normalerweise bin ich besser drauf als jetzt.«
Zu ihrer Überraschung beugte er sich herüber und nahm ihre Hand in seine. »Baby, bitte entschuldige dich nicht bei mir. Ich habe großen Respekt vor der Stärke, die du heute bewiesen hast. Ich kenne nicht viele Menschen, die sich so gut gehalten hätten wie du.«
Diese Worte ließen ihr Herz hämmern. »Danke.«
Er drückte ihre Hand, dann ließ er sie los, um zu
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