In den Fesseln der Liebe: Roman (German Edition)
auszusehen und die guten Wünsche der Ladys lächelnd entgegenzunehmen. Wenn man Helena und Horatia glauben konnte, war das alles, was von ihr erwartet wurde.
Da sie also nicht viel zu tun hatte, sah sich Flick um und fragte sich, ob Demon wohl auftauchen würde, was sie allerdings bezweifelte. In der Tat hatte sie den Eindruck gewonnen, dass er sie, so bald sie verheiratet waren, zurück zu seinem Gestüt nach Newmarket bringen würde, um in Zukunft dort mit ihr zu leben.
Der Plan hatte ihre vollkommene Zustimmung.
Sie lächelte und blickte zu dem Fahrweg, als ein hochbeiniger Phaeton auf sie zugefahren kam. Die Pferde interessierten sie, sie betrachtete die Schwarzen voller Anerkennung, dann schaute sie sich den Wagen an: brandneu, schwarz, mit Gold verziert – nicht übertrieben, sondern äußerst elegant.
Sie fragte sich, wem diese Kutsche wohl gehören mochte, und sah sich den Gentleman genauer an, der die Zügel hielt, doch sie kannte ihn nicht. Er war älter als Demon, braunes Haar kräuselte sich lockig um ein Gesicht, das erstaunlich gut aussah in seiner kalten Schönheit. Die Gesichtszüge waren klassisch – eine hohe Stirn und eine gerade Nase, schmale Wangen und eine sehr weiße Haut. Die Augen unter den schweren Lidern blickten kalt, der schmale Mund lächelte nicht. Insgesamt strahlte er eine überwältigende Arroganz aus, als würde er sogar auf all die adligen Menschen auf der Avenue verächtlich herabblicken.
Flick zog insgeheim die Augenbrauen hoch, als die Equipage an ihr vorüberfuhr. Sie wollte gerade wegsehen, als ihr Blick auf den Stallknecht in Livree fiel, der hinten auf dem Wagen stand. Bletchley!
Flick wandte sich zu Horatia. »Wer ist der Gentleman, der da gerade an uns vorübergefahren ist?«
Horatia sah ihm nach. »Sir Percival Stratton.« Sie winkte ab. »Entschieden nicht aus den Kreisen, in denen du dich bewegst.« Sie wandte sich wieder Lady Hastings zu.
Flick lächelte die Lady an, doch hinter ihrem gelassenen Äußeren rasten ihre Gedanken. Sir Percival Stratton – sie erinnerte sich an den Namen. Es dauerte einen Augenblick, bis ihr wieder einfiel, wo sie ihn gehört hatte – es war eine Einladung, die an Vane Cynster geschickt worden war und die man in das Haus seiner Eltern weitergeleitet hatte, weil Vane und Patience noch immer in Kent waren.
Sir Percival würde an diesem Abend einen Maskenball veranstalten.
Flick konnte ihre Ungeduld kaum noch zügeln. In dem Augenblick, in dem sie und ihre beiden zukünftigen Verwandten das Haus der Cynsters wieder betreten hatten, entschuldigte sie sich und lief schnell die Treppe hinauf, um vor Horatia und Helena das Wohnzimmer zu erreichen. Sie schloss die Tür hinter sich, lief zum Kamin und suchte auf dem Kaminsims bei den zahlreichen Karten die Einladung. Sie hatte Horatia geholfen, die Einladungen zu beantworten, und als sie die Karten heute Morgen sortiert hatte, hatte sie die von Sir Percival auf dem Stapel entdeckt, der für Vane und Patience bestimmt war. Sie steckte die Karte unter ihren Schal und sank in einen Sessel, gerade als sich die Tür öffnete und Helena und Horatia das Zimmer betraten. Flick lächelte. »Ich dachte, dass ich vielleicht doch lieber eine Tasse Tee mit euch trinken würde.«
Das tat sie auch, und dann entschuldigte sie sich unter dem Vorwand, sich ein wenig ausruhen zu wollen. Helena würde schon bald gehen, dann würde sich auch Horatia zurückziehen, um sich auszuruhen. Ein Abend voller Veranstaltungen lag vor ihnen – zuerst ein Abendessen, dann zwei Bälle.
Das gab ihr ein paar Stunden Zeit, in denen sie überlegen konnte, was zu tun war. Auf dem Fenstersitz in ihrem Schlafzimmer sitzend, betrachtete sie die schwere weiße Karte mit den kühnen Schriftzügen. Die Einladung war an Mr. Cynster geschickt worden, nicht an Mr. und Mrs. Cynster. Sir Percival wusste vielleicht noch nicht, dass Vane verheiratet war. Der Maskenball sollte um acht Uhr beginnen. Leider würde er in Stratton Hall in Twickenham stattfinden.
Twickenham lag noch hinter Richmond, und das bedeutete, dass es Stunden dauern würde, um dorthin zu kommen.
Flick schob entschlossen das Kinn vor, ging hinüber zum Klingelzug und schickte einen Lakaien los, der Demon suchen sollte.
Der Lakai kam zurück, doch nicht mit Demon, sondern mit Gillies, der zu Flick im hinteren Wohnzimmer trat.
»Wo ist Demon?«, fragte sie sofort, als sich die Tür hinter dem Lakaien geschlossen hatte.
Gillies zuckte mit den Schultern. »Er
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