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In den Haenden des Eroberers

In den Haenden des Eroberers

Titel: In den Haenden des Eroberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terri Brisbin
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leuchteten, während sie den Gipfel der Wollust erklomm. Er wollte sie wieder lächeln sehen.
    Giles schob seine Fantasien beiseite und konzentrierte sich auf ihre Worte. „Das kann genauso gut Brice erledigen“, sagte er.
    Der düstere Blick, den der Freund ihm zuwarf, zeigte ihm, dass seine Antwort wieder einmal die falsche gewesen war. Aber Lady Fayth war wertvoller als alle Vorräte in Burg und Dorf zusammen, und dass sie die sicheren Burgmauern verließ, war schlicht ein zu hohes Risiko. „Ich möchte Euch nicht den Gefahren jenseits dieser Mauern aussetzen, Mylady“, erklärte er. „Ich wünsche, dass Ihr bis zu meiner Rückkehr auf der Burg bleibt.“
    Überrascht sah Fayth ihn an. „Ihr geht fort, Mylord?“
    „ Oui , ja. Mein König hat mir schließlich Ländereien anvertraut, und ich muss die Grenze abreiten, um zu ermessen, wie groß das Gebiet ist. Die Karte, über die ich verfüge, taugt nicht viel und sagt nichts aus darüber, in welchem Zustand das Land ist oder wie es genutzt wird.“
    „Das könnte ich Euch sagen, Mylord. Ich kenne das Land, seit ich klein bin.“ Fayth wusste selbst nicht, ob sie ihm mit dem Vorschlag helfen oder einfach verhindern wollte, dass er fortritt.
    „Der König hat mir nicht nur das Land Eures Vaters übereignet, Mylady. Mein Besitz umfasst insgesamt achtzig Hufen.“
    Fayth stockte der Atem. Achtzig Hufen Land entsprachen dem Acker- und Weidegrund von gut und gerne achtzig Bauersfamilien. Es war mehr als doppelt so viel wie ihr Vater besessen hatte. „Aber das Land nördlich und östlich von Taerford gehört Lord Leofwyne“, wandte sie kopfschüttelnd ein.
    „Er ist in der Schlacht von Hastings gefallen, Mylady. Sein Land ist an den Herzog übergegangen.“ Giles legte große Behutsamkeit in die Worte, aber die Wirkung war dennoch wie ein Faustschlag für Fayth. Sie erbleichte.
    „Wie viele noch?“, fragte sie scharf. „Wie viele Engländer hat Herzog William umgebracht?“ Zu sehr war sie bislang mit ihrer eigenen Schlacht beschäftigt gewesen, mit dem Kampf gegen die Leidenschaft, die Giles in ihr entfachte, sodass sie sich diese Frage bislang nicht gestellt hatte. Doch nun, da sie wusste, was der Bretone als Entlohnung für seine Soldatendienste erhalten hatte, wollte sie Gewissheit.
    Giles verzog das Gesicht, bevor er antwortete, und deutete damit an, dass die Zahl hoch war. Dann wurde sein Gesicht ausdruckslos, seine Augen verdüsterten sich, sein Mund wurde schmal.
    „Knapp viertausend, Mylady“, sagte er. „Darunter sämtliche Söhne Harold Godwinsons, soweit sich das sagen lässt. Harolds Housecarls , seine Leibwachen, sind ebenfalls gefallen, und ebenso die Earls of Mercia, Sussex, Wessex, Kent und East Anglia. Und viele mehr, deren Namen ich nicht kenne.“
    Keine Spur von Schadenfreude lag in seiner Stimme. Im Gegenteil, Fayth meinte Mitgefühl herauszuhören, und das überraschte sie. „Und ihr Land und die Menschen?“
    „Gehören nun Herzog William“, sagte Giles, unterließ es aber, dessen Rechtsanspruch zu kommentieren.
    Fayth vermochte nicht zu fassen, dass eine einzige Schlacht ein solches Ausmaß an Verheerung anrichten konnte, doch sie wusste, dass dies England für immer verändert hatte. Ihr Magen krampfte sich zusammen, als ihr aufging, wie viele Onkel, Vettern und andere Verwandte sie nie wiedersehen würde. Und deren Frauen? Wie würden sie ohne ihre Männer zurechtkommen? Sicherlich verfügten nicht alle angelsächsischen Lords über Töchter, die sich als Legitimation für die Ansprüche des normannischen Herzogs missbrauchen ließen und durch die die Eroberer auf englischem Boden Fuß fassen konnten.
    Von dem, was sie von Edmund erfahren hatte, bestand durchaus Hoffnung, dass einige der englischen Lords überlebt hatten und sich im Norden sammelten, um die Normannen aus dem Land zu jagen. Er hatte berichtet, dass der englische Kronrat, Witan genannt, Edgar Ætheling als König eingesetzt hatte und dass im ganzen Land der Zuspruch für den jungen Edgar wuchs.
    Es bestürzte Fayth, dass sie sicher im Innern der Burgmauern gesessen und sich der Fleischeslust hingegeben hatte, ohne sich das Schicksal des angelsächsischen Volkes, ihres Volkes, bewusst gemacht zu haben. Und es beschämte sie, dass sie nicht den Mut aufbrachte, sich dem Eindringling entgegenzustellen, Gemahl oder nicht Gemahl. Das Gefühl der Scham gab Fayth so viel Kraft und Entschlossenheit, dass sie endlich die Frage stellte, die sie seit Tagen quälte – die

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