In den Haenden des Eroberers
heran wagte Edmund sich nicht. In der nun leeren Ansiedlung wäre es aufgefallen, wenn sich dort jemand bewegt hätte. Er winkte und gab das Signal zum Aufbruch, dann führte er seinen Rebellentrupp am Fluss entlang zum Lager zurück.
Edmund hatte gehofft, etwas über Fayth zu erfahren, denn seit Tagen schon hatten ihn keine Neuigkeiten mehr über ihr Befinden erreicht. Er wusste, dass sie beim Angriff verwundet und bis vor fünf Tagen als Gefangene in ihren Gemächern festgehalten worden war, um dann von diesem Normannen vor den Altar gezerrt und gegen ihren Willen mit ihm vermählt zu werden. Kaum auszudenken, welche Abartigkeiten dieser Kerl Lord Bertrams unschuldiger Tochter aufzwingen mochte, dieser normannische Ritter, der Fayth und Taerford einfach so für sich beanspruchte.
Der Ritter, der Lord Bertram bei Hastings getötet hatte.
Er hatte mit den Anführern der anderen Rebellentruppen Rücksprache gehalten und auch eine Botschaft von König Edgar Ætheling erhalten, und er hatte sich einen Plan zurechtgelegt, um Lady Fayth zu retten – und sie zu der seinen zu machen. Durch sie würde er den Anspruch auf das Land zurückgewinnen, das von Rechts wegen ihm zustand. Dies hatte Lord Bertram ihm zugesichert, wenn er Fayth im Gegenzug vor den einfallenden Normannen beschützte.
Ob er sie nun selbst zur Frau nehmen oder sie mit einem seiner treuen Anhänger verheiratete, würde er dann entscheiden. Zunächst einmal würde er sich ihres fremdländischen Gemahls entledigen müssen, was, wie er annahm, der einfachste Teil seines Plans war.
Sie waren erst wenige Meilen geritten, als sie ein Bote mit der Nachricht erreichte, dass alle Dorfbewohner wohlbehalten zurückgekehrt seien. Das machte Edmund neugierig. Er ließ seine Männer kehrtmachen, zurück zum Dorf Taerford.
9. KAPITEL
J eder Nerv in Giles war zum Zerreißen gespannt, während er beobachtete, wie die Menschenmenge vor ihm wuchs. Ein kurzer Blick auf Lady Fayth wirkte nicht gerade beruhigend, denn beim Anblick all der Menschen war sie noch blasser geworden. Vermutlich glaubte sie, er wolle alle töten lassen, aber noch würde er sie nicht in seine Pläne einweihen. Alle sollten gleichzeitig vernehmen, was er zu sagen hatte.
Nichts in seinem Leben – nichts von dem, was er in Monseigneur Gautiers Obhut oder auf dem Schlachtfeld gelernt hatte – hatte ihn auf diesen Moment vorbereitet, aber er zog Kraft aus dem Gedanken, dass er etwas für diese Menschen hier tun konnte, so wie sie im Gegenzug seinen Wohlstand sicherstellten. Es war auch in Herzog Williams Sinne, das Band zu den Engländern zu stärken, denn dieser, das wusste Giles, würde seinen Anspruch auf England niemals fallen lassen. Sich dieses Rückhalts bewusst und mit seinen eigenen Plänen und dem Wunsch nach Erfolg in der Hand, würde Giles seinem Anspruch auf Taerford nun einmal mehr Nachdruck verleihen.
Roger rief die Menschen zur Ruhe, und in der Halle wurde es still.
„Durch den Sieg über euren König und euren Lord hat Herzog William dieses Land für sich gewonnen“, setzte Giles an. „Gemäß Kriegsrecht und mit dem Segen des Papstes ist England nun sein, und die Güter derer, die an Harolds Seite gekämpft haben, sind ebenfalls an ihn gefallen.“
Lautes Gemurmel unterbrach ihn, und Giles wartete, bis es abgeklungen war.
„Im Kampf hat Bertram of Taerford für seinen Lehnsherrn sein Leben gelassen, und durch seinen Tod ist dieses Anwesen an mich übergegangen. Mein Lehnsherr hat als Zeichen meiner Treue nur eines verlangt – dass ich die Tochter des alten Lords eheliche. Dies habe ich vor euch als Zeugen getan.“ Giles sah, wie sich alle Blicke Fayth zuwandten.
„Dieses Land gehört nun mir, und ich halte es im Namen meines Herzogs, der den Thron Englands besteigen wird“, sagte er laut und fügte mit einem Blick auf Fayth leiser hinzu: „Und sie gehört mir.“
Ihre Blicke trafen sich, und Giles hielt den ihren fest. Etwas Loderndes brachte die Luft zwischen ihnen kurz zum Knistern, und Giles’ Körper zog sich schmerzhaft zusammen vor Sehnsucht nach dem Moment, in dem er ihren Ehebund endgültig besiegeln würde. Bald schon würde Lady Fayth wissen, wie sehr er Herr über sie und ihren Körper war, doch wollte er sie und alle Anwesenden wissen lassen, dass sie bereits jetzt ihm gehörte, und zwar unabhängig davon, ob die Ehe vollzogen worden war oder nicht.
„Sie gehört mir“, wiederholte er nachdrücklich. Giles entging nicht, dass Fayth erbebte und
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