In den Haenden des Eroberers
dadurch nicht nur auf ihren, sondern auch auf seinen Namen eingeschworen hatte.
Jubelnd gaben die Männer ihr Einverständnis und riefen laut den Namen ihrer Herrin. Fayth lächelte – vor Stolz und weil sie sich durch die Treuebekundung geehrt fühlte. Lord Giles fuhr fort, wie sie es erwartet hatte, rief jeden der gerade Eingeschworenen einzeln zu sich und ließ sich den Namen nennen und die Hand reichen. Als alle an der Reihe gewesen waren, ergriff Giles wieder das Wort, und die Leute verstummten.
„Wir werden es nicht leicht haben inmitten des Aufruhrs, der im ganzen Land herrscht. Aber dennoch müssen wir weitermachen, so gut es geht, wenn wir überleben wollen. Es wird Auseinandersetzungen zwischen Normannen und Angelsachsen geben, der eine oder andere Zwist wird beizulegen und so manche Schwierigkeit zu überwinden sein, aber wir können es schaffen.“
Zunächst regte sich niemand, und Fayth sah, dass Giles enttäuscht war. Wie sie selbst hatte er geglaubt, sich das Wohlwollen der Menschen errungen zu haben, und daher war die Stille, die seinen Worten folgte, entmutigend. Dann aber rief einer – ob Normanne oder Engländer, war nicht auszumachen – Giles’ Namen, und der Rest der Menge griff den Ruf auf. Giles nahm den Jubel entgegen und schickte schließlich alle zurück an die Arbeit.
Auch Fayth wäre gegangen, aber Giles hielt noch immer ihre Hand. Sie sah zu, wie Roger und einige andere Ritter die Leibeigenen aus der Halle zum Tor geleiteten. Auch die Arbeiter, die mit der Befestigung der Palisade betraut waren, kehrten zu ihrem Handwerk zurück. Und Fayth drängte es ebenfalls, sich wieder nützlich zu machen.
„Mylord“, wandte sie sich leise an Giles, der mit Brice sprach. „Auch ich sollte mich wieder meinen Pflichten widmen.“
Doch Giles schüttelte den Kopf, ließ seinen Freund mit einem kurzen Blick stehen und führte Fayth zurück zum Stuhl am unteren Ende der Tafel. Er zog sich ebenfalls einen Stuhl heran und setzte sich.
„Fühlt Ihr Euch besser, Mylady?“, fragte er.
„Ich … Nein.“ Fayth hielt inne. Wie sollte sie in Worte fassen, was ihr auf dem Herzen lag? Dass sie das Gefühl hatte, ihren Vater zu verraten, wenn sie das Zusammensein mit Giles genoss – ob er nun rechtmäßig Anspruch auf sie hatte oder nicht. Und die Wonnen, die er ihr offenbart hatte, machten ihre Gewissensbisse nur noch heftiger.
„Ich fürchte, ich habe Euch Kummer bereitet“, setzte Giles an. „Als ich Euch vergangene Nacht zeigte, dass das Zusammensein zwischen Mann und Frau durchaus auch schöne Seiten haben kann, wollte ich damit Eure Angst zerstreuen. Doch offenbar habe ich nur das Gegenteil erreicht. Heute nun wollte ich Euch vor Augen führen, dass diese Menschen, meine und Eure, eine gemeinsame Zukunft haben können.“
Statt Fayth zu beruhigen, brachen diese Sätze eine Flut an Empfindungen frei, und unbedachte Worte drohten ihr zu entschlüpfen. Ihre Hände zitterten. Um Fassung bemüht, ballte Fayth sie im Schoß zu Fäusten.
„Meine Angst zerstreuen, Mylord? Das war also Eure Absicht?“, zischte sie, erhob sich und sah ihn an. „Ihr habt so gut wie zugegeben, Mitschuld am Tod meines Vaters zu tragen, und Ihr glaubt nach wie vor, dass ich meine Unschuld verloren hätte. Glaubt Ihr allen Ernstes, ich würde mich Euch aus freiem Willen hingeben, wo ich doch weiß, dass ich mich im Handumdrehen im Kerker wiederfände, wenn sich nicht bewahrheiten würde, dass ich unschuldig bin? Oh, aber ich habe Euch ja gewähren lassen letzte Nacht, nicht wahr?“
Fayth atmete scharf ein. Nun, da der Damm gebrochen war, konnte sie die Worte nicht mehr zurückhalten.
„Ja, ich schlafe mit Euch im selben Bett und muss mir Eure Annäherungen gefallen lassen, und, ja, ich genieße sie sogar. Aber Ihr, Ihr haltet es nicht einmal für nötig, mir Milde zuzusichern für den Fall, dass ich tatsächlich ein Kind unter dem Herzen tragen sollte. Was würdet Ihr tun? Würdet Ihr es in ein Kloster geben oder jemandem aus dem Dorf, sodass es aus dem Weg ist und Ihr ungestört Euer Vergnügen an mir haben könnt, um eigene Söhne zu zeugen?“ Verblüffung zeigte sich auf Giles’ Gesicht angesichts dieser Worte. „Fürchtet Ihr Euch davor, den Bastard eines anderen Mannes großzuziehen – oder wollt Ihr nur nicht den Bastard eines Engländers unter Eurem Dach haben?“
Fayth erkannte zu spät, dass sie eine unsichtbare Grenze überschritten hatte. In Giles’ Augen loderte es auf, und seine Miene wurde
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