In den Haenden des Eroberers
– in all dem habe ich das Handeln meines Vaters und meiner Mutter wiedererkannt.“ Fayth erhob sich und hielt Giles die Ringe hin. „Ich möchte, dass Ihr sie als Zeichen meiner Treue nehmt, die ich Euch hier und heute schwöre.“
Sie hatte ihn offenbar aus der Fassung gebracht, denn er setzte einige Male an, bevor er einen Satz hervorbrachte. „Auf keinen Fall, Mylady. Ich habe kein Verlangen nach den Ringen Eurer Eltern.“ Sie verfolgte, wie Giles den Schmuck nahm, ihn in die Schatulle zurücklegte und ihr diese dann gab. Fayth nahm sie und legte sie zurück in die Truhe.
„Euer aufrichtiges Bemühen, Mylady, ist mir lieber als alle großen Gesten“, erklärte Giles. „Zwar möchte ich nicht Eure Absichten in Zweifel ziehen, aber dennoch glaube ich, dass Ihr aus dem Affekt heraus handelt und Euer Eid daher wenig Ähnlichkeit mit denen hat, die mir heute in der Halle geschworen wurden.“
„So, den Eid der Versammelten heute Morgen akzeptiert ihr also“, warf Fayth ein. „Aber meinen Eid nicht?“
„Von Euch wünsche ich mir etwas ganz anderes. Mylady, mehr als nur Euer Bemühen und Eure Worte“, bekannte Giles. „Ich will Euch, und zwar ganz – ich will Euer Herz, Euren Körper und Eure Seele.“
Fayth erbebte, überwältigt von seinen Worten und ihrer Bedeutung. „Aber Ihr wollt mich doch gar nicht. Ihr sagtet doch, Ihr wolltet nicht mit mir …“ Das Ende des Satzes kam ihr nicht über die Lippen.
„Die Ehe vollziehen?“, ergänzte Giles.
Fayth machte eine hilflose Geste, denn sie traute ihren eigenen Worten nicht mehr.
Giles trat näher, nahm ihre Hand, zog Fayth zu sich heran und hob sein Kettenhemd. Er führte ihre Hand an seinen Körper, und unter ihrer Berührung erwachten seine Lenden. Fayth spürte seine schwellende Männlichkeit.
„Ihr irrt Euch, Mylady, ich will Euch.“ Giles gab ihre Hand frei, und Fayth zog sie rasch zurück. Von dem handfesten Beweis für seine Worte wurde ihr schwindelig. „Wenn ich Euch nur Glauben schenken könnte, ich würde Euch auf der Stelle Eurer Kleider berauben und nicht innehalten, bis wir beide völlig erschöpft dalägen.“
Noch gestern Abend hätte Fayth nicht verstanden, was er meinte. Nun aber, nach den Freuden der vergangenen Nacht, hatte sie eine ungefähre Vorstellung. Dort, wo Giles sie berührt hatte, schmolz sie schier zu heißem, feuchtem Verlangen. Sie wartete darauf, dass er noch etwas sagte – oder sie berührte. Doch Giles ließ den Saum des Kettenhemds los und atmete tief durch.
„Aber Euch zu wollen ist eine Sache, die Wahrheit zu wissen dagegen eine andere“, fuhr er fort. „Und bis ich mir nicht sicher sein kann, warte ich. Doch Ihr sollt wissen, dass ich seit heute geneigt bin, Euch zu glauben, Mylady. Ich will Euch ja glauben, aber ich darf es nicht.“
Hätte er gestern so mit ihr gesprochen, wäre Fayth rasend vor Wut gewesen. Doch nach Giles’ Geständnis heute in der Kapelle verstand sie, warum ihm so viel daran lag, Gewissheit zu haben. Was nicht hieß, dass seine Zweifel sie nicht kränkten. In England wurden Bastarde nicht übergangen, und viele von ihnen erbten in gleichem Maße wie ihre ehelichen Halbgeschwister. Aber Fayth wusste, dass dies im normannischen und bretonischen Alltag anders war. Und obwohl Giles’ Herzog selbst ein Bastard war, galten uneheliche Kinder beim normannischen Adel so gut wie nichts.
„Nun gut“, sagte Fayth, darum bemüht, Verständnis zu zeigen, obwohl ihr dies schwerfiel. „Habt Ihr nach mir gesucht, als Ihr hereinkamt, Mylord?“
„Ja, in der Tat“, erwiderte Giles mit einem Lächeln, das seine Augen tiefblau strahlen ließ und seine Züge verjüngte. Sein Gesicht wirkte gar nicht mehr Furcht einflößend, wenn kein Zorn es entstellte.
„Ich habe beschlossen, erst morgen aufzubrechen, um die Grenzen meines Landes zu erkunden. Daher dachte ich, dass Ihr und Brice mir vielleicht beim Mittagsmahl Gesellschaft leisten möchtet. Dabei könnten wir über die Vorräte sprechen, die noch im Dorf lagern und die wir nach meiner Rückkehr auf die Burg schaffen sollten.“
„Gerne, Mylord. Und vielleicht vertraut Ihr mir ja eines Tages an, warum Brice so tief bei Euch in der Schuld steht, dass er mir so bereitwillig folgt wie ein Hund“, bemerkte Fayth aufgeräumt.
Giles reichte ihr die Hand, und Fayth legte ihre in die seine. Er führte sie aus dem Gemach, das einst ihres gewesen war, und sie dachte bei sich, dass es noch sehr viele Dinge geben musste, die er ihr nicht
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