In den Haenden des Eroberers
fort, „wird nicht einen Gedanken an Euer Volk verschwenden, Fayth. Es wird ein zweiter Lord Huard sein, und er wird die Menschen schlimmer behandeln als seine Hunde.“ Giles schüttelte Fayth sacht und zog sie zu sich heran. „Wenn ich versage, dann verliert auch Ihr alles. Eure Familie wird untergehen, denn Herzog William wird sich nicht die Mühe machen, einen neuen Gemahl für Euch zu finden. Ihr seid entbehrlich, Fayth. Und durch mein Versagen werden auch Brice und Soren keine Chance erhalten, sich ein besseres Leben aufzubauen.“ Er gab Fayth frei und trat zurück. „Alles, was wir drei im Leben erdulden mussten, all unsere Mühen, unsere Ausbildung, all die Schlachten und der Verlust all jener, die wir geliebt haben – all das wird nichtig sein, wenn ich hier versage.“ Giles fuhr sich mit den Händen übers Gesicht, und Fayth erkannte in dieser Geste dieselbe schlaflose Erschöpfung, die auch ihr zu schaffen machte.
Dann plötzlich sah Giles auf, als sei ihm ein Gedanke gekommen. „Liebt Ihr Edmund doch so sehr, dass Ihr ihn um jeden Preis retten wollt?“, fragte er.
„Nein!“, rief Fayth. „Ich liebe ihn nicht so, wie Ihr vielleicht glaubt, Giles. Ich habe Euch bereits gesagt, dass mein Herz nicht ihm gehört.“
„Ihr habt mir vieles gesagt, Mylady, und allmählich zweifele ich jedes Wort an, das Euch über die Lippen gekommen ist.“ Mit seinem Blick durchbohrte er sie förmlich. „Seid so gut, Fayth, und sagt mir, wo Edmund ist. Helft mir dabei, für uns alle das Beste aus der Lage zu machen.“
Fayth wandte den Blick ab, weil sie ihm nicht in die Augen sehen konnte, während sie seine Bitte erneut zurückweisen musste. „Wenn ich Edmund verrate, dann wird das auch nicht wiedergutmachen, was ich Euch angetan habe, Giles“, wandte sie ein.
„Ihr habt gesagt, Ihr würdet mir vertrauen, Fayth“, fuhr Giles fort. „Als wir in jener Nacht neulich beisammen lagen, habt Ihr mir Euer Vertrauen geschenkt, und ich habe Euch geglaubt. Vertraut auch jetzt darauf, dass ich das Richtige tun werde. Sagt mir, wo Edmund ist.“
Ihr Herz trieb sie in die eine, ihr Verstand und ihr Ehrgefühl in die andere Richtung. Derart hin- und hergerissen konnte Fayth nur schweigen. Sein Mund wurde ein schmaler, harter Strich, und der Gemahl, den sie kennengelernt hatte, trat einmal mehr hinter den Ritterbastard aus längst vergangenen Tagen zurück.
„Seid verflucht, Fayth of Taerford“, raunte Giles ihr zu, als er an ihr vorbei und aus der Kapelle stürmte.
18. KAPITEL
I m Laufe des Tages durfte Fayth ihre Gemächer verlassen, allerdings nur, weil der Bischof Einsicht in die Bestandslisten des Anwesens zu nehmen wünschte und niemand sonst sie ihm hätte erläutern können. Da Fayth weder seinen Charakter kannte noch wusste, welche Ziele er verfolgte, beschränkte sie sich zunächst darauf, seine Fragen zu Feldern, Getreide, Holzschlag, Fluss, Mühle und den Bauern von Taerford zu beantworten.
Giles durchquerte einige Male die Halle, während sie dem Bischof Rede und Antwort stand, blieb aber nicht stehen und blickte nicht einmal in ihre Richtung. Als es dunkel wurde und das abendliche Mahl bevorstand, bat sie darum, sich in ihre Kammer zurückziehen zu dürfen; denn neben ihrem schlecht gelaunten Gemahl zu sitzen in dem Wissen, dass sie der Grund für seine Laune war, erschien ihr unerträglich. Fayth wusste, dass nur ein Wort von ihr seinen Groll vertreiben könnte, aber dieses eine Wort würde ihren Freund seit Kindheitstagen das Leben kosten – und sie ihre Seele.
Fayth legte sich früher als gewöhnlich schlafen. Das gemeinsame Bett erschien ihr groß und leer. Selbst im Abendgebet fand sie weder Trost noch Hoffnung, und so brach sie es bald ab. Stattdessen kroch sie unter die Bettdecken, rollte sich auf die Seite, wo Giles für gewöhnlich lag, umklammerte das Kissen und schlief ein.
Sie wusste nicht, was sie geweckt hatte, aber als sie die Augen aufschlug, stand auf dem Tischchen neben dem Bett eine Kerze und warf unruhige Schatten in den Raum. Sie richtete sich auf, um zu sehen, was sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Sein Atem war das Erste, das sie von Giles wahrnahm, dann erst sah sie seine in flackernde Schemen getauchte Gestalt. Er stand da und betrachtete sie.
Das hatte Giles schon zuvor getan – als Fayth nach dem Angriff auf Taerford verletzt gewesen war, war er nachts oft zu ihr gekommen, um nach ihr zu sehen. Emma hatte Fayth davon erzählt, als es ihr wieder besser ging. Dieser
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