In den Häusern der Barbaren
von den komplizierten Rezepten für die Herstellung von biologischem Dünger und den Tipps zur Pflege empfindlicher Pflanzenarten. Die Autoren belehrten sie, dass sie die Luftfeuchtigkeit über siebzig Prozent halten und verschiedenste elektrische Sensoren installieren müsse. Ein Tropengarten, wurde ihr klar, war wie ein Kind mit »speziellen Anforderungen«: Man konnte ihn zum Erblühen bringen, wenn man ihn zum Zentrum seines persönlichen Universums machte; aber sie hatte schon drei Kinder, vielen Dank auch.
Als sie weiter um die Bücherstapel herumschlenderte, fiel ihr ein Band mit dem Titel »Die Wunder des Wüstengartens« in die Hände. Die Kakteen und Sukkulenten weckten ihr Interesse, mehr noch das Kapitel »Südkalifornien: Was die Sonora bietet«, das zahlreiche Fotos der Agaven, Aloe und Goldkugelkakteen in den Huntington Gardens von San Marino enthielt. Eine andere Abbildung zeigte eine Karte der Sonora-Wüste, die sich bis zu einem kalifornischen Gebirgszug erstreckte: An klaren Tagen konnte man diese Bergkette, die Palomars, von der Mautstraße aus sehen, die hinter dem Haus der Torres-Thompsons die Hügel durchschnitt. Wir wohnen praktisch in den Ausläufern der Sonora- und Mojave-Wüste. Es war so viel sinnvoller, ein Ökosystem anzulegen, das in diesem Teil des Landes heimisch war, als eines, das aus dem Amazonasgebiet oder Südostasien stammte. Wüstengärten brauchten von Natur aus kaum Wasser. Das bisschen Feuchtigkeit, das gelegentlich von einer Meeresbrise herangeweht oder mit dem Nebel hügelauf in ihre Sackgasse hineingetragen wurde, würde völlig ausreichen.
Sie kamen zur Gärtnerei, und Maureen ging mit Samantha auf dem Arm durch die schmalen Gänge zwischen den Pflanzentischen. Araceli und die Jungen zockelten hinterher.
»Ja, bei Tropenpflanzen haben Sie viel Pflegeaufwand, keine Frage«, bestätigte die Gärtnerin, nachdem Maureen den Niedergang ihres Gartens beschrieben hatte. »Da sollten Sie sich vielleicht mal unsere Sukkulenten anschauen.« Die Leiterin der Gärtnerei war eine sonnengebleichte Frau um die dreißig in Jeans und mit einem breitkrempigen Strohhut auf dem Kopf. Sie führte Maureen und ihr Gefolge durch Topfreihen mit Immergrün und Rosen nach hinten zu einer Abteilung, wo die Sonne auf eine Horde kleiner Yuccapalmen und andere Sukkulenten brannte, daneben einige Kakteen, die so groß waren wie Samantha. »Drüben in unserer Außenstelle in Riverside haben wir einen spektakulären Saguaro, anderthalb Meter hoch. Eine wirklich majestätische Pflanze, könnte das Herzstück Ihres ganzen Gartens werden. Bei den Sukkulenten ist die richtige Dränage das Wichtigste. Wenn man die Auspflanzung erst mal hinter sich hat, läuft der Rest praktisch wartungsfrei … Für ein kleines Honorar würden wir die Arbeit selbstverständlich übernehmen.« Wenn man diesen Pflanzen zum ersten Mal gegenüberstand, dachte Maureen, spürte man eine geradezu bedrohliche Ausstrahlung: die Rüstung ihrer Rippen, die stachlige Behaarung. Doch ihr Bau war elegant und robust, vor allem bei den kleinen Saguaros mit ihren verschränkten Bögen. Die vorherrschende Farbe war ein Lindgrün, und wenn man sich Zeit nahm, genauer hinzuschauen, entdeckte man subtile Variationen. Maureen betrachtete eine Pflanze, die aussah wie eine Wüstenseegurke, und bemerkte orangerote Farbflecke an den Enden der stachligen Arme. Sie sogen die Mittagssonne ebenso begierig auf wie die Bananenstauden das Wasser. »Sie werden bei der Wasserrechnung deutlich etwas sparen, keine Frage«, las die Gärtnerin Maureens Gedanken. »Und weniger Arbeit haben Sie sowieso, weil die Pflanzen sich praktisch vollständig selbst versorgen.«
»Brandon, cuidado «, sagte Araceli.
Maureen drehte sich um und sah ihren Ältesten, der den Finger schüttelte und mit den Lippen das Wort Autsch formte, dann aber lachte. »Hat nicht wehgetan«, sagte er. Sicher, Maureen würde eine kleine Barriere errichten müssen, damit die Jungen und vor allem Samantha nicht in den Wüstengarten hineinliefen – wenn sie denn beschloss, ihrem Instinkt zu folgen und die verdorrenden Tropenpflanzen einfach durch einen Kakteengarten zu ersetzen. Die dicke, sonnenharte Haut dieser Gewächse würde für immer die Gefahr der Demütigung durch den Big Man bannen, wenn der wieder einmal in Stimmung kam, seine Verse über wüste Gärten und »verworfnes Unkraut« zu rezitieren.
Araceli trat neben ihre Arbeitgeberin und versuchte deren Miene zu beurteilen. Sie sah,
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