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In den Häusern der Barbaren

In den Häusern der Barbaren

Titel: In den Häusern der Barbaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Héctor Tobar
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berechtigt, sie alles tun zu lassen, worum sie baten, sie erwarteten, dass sie sich an ihre Gewohnheiten und Eigenarten anpasste, dass sie ihr Baby auf dem Arm hielt, ihre Söhne im Park beaufsichtigte und wahrscheinlich noch viele andere Dinge tat, die sie sich bisher gar nicht vorstellen konnte.
    »Manchmal muss man einfach seine Sachen packen und weiter zum nächsten Job«, sagte María Isabel. »So war es bei mir, als la señora Bloom starb …«
    »Du wieder mit deiner viejita «, sagte Carmelita. Modesta und Juana verdrehten die Augen.
    »Ich habe Araceli die Geschichte gerade erzählt, als ihr ankamt. Und ich war noch nicht fertig.«
    »Der Tag der Toten ist doch erst im November«, sagte Carmelita trocken. Juana und Modesta zogen sich schon zurück, in Richtung der ihnen anvertrauten Kinder. »Wieso wartest du nicht auf die Nacht mit deinen Schauergeschichten?«
    »Die ist überhaupt nicht schaurig. Das ist eine Geschichte über einen Menschen. Über zwei Menschen. Mich und la señora Bloom.«
    »Araceli will die Geschichte aber nicht hören.«
    »Nein, nein, kein Problem«, wehrte Araceli ab. Das Gerede dieser Frau hatte ihr bereits eine unerwartete Wahrheit eröffnet, und wenn man sie weiterplappern ließ, enthüllte sie vielleicht noch weitere.
    »Wie gesagt, la señora Bloom lebte allein und hatte nur mich als Gesellschaft. Keines ihrer Kinder wohnte auch nur in der Nähe. Die eine Tochter, die immerhin jede Woche anrief und sich erkundigte, lebte in New York. Eines Tages also gab la señora Bloom schließlich auf und ließ los. Ich hatte gerade mit ihr geredet, so wie ich jetzt mit dir rede, und ihr von meinen undankbaren Kindern in Nicaragua erzählt. Dann habe ich zum Bett geschaut und gesehen, dass ihre Augen offen standen. Ich habe gewartet, dass sie wieder zufielen, aber das ist nicht passiert. Also habe ich mich ungefähr zwanzigmal bekreuzigt und den Rettungswagen gerufen. Es kamen zwei sehr nette junge Männer und sagten: ›Sie ist tot‹, und ich sagte: ›Das weiß ich‹, und dann sagten sie: ›Da können wir nichts weiter tun.‹ Sie meinten, ich müsse auf den Amtsarzt warten. Und dann haben sie mich mit ihr allein gelassen. Da sitze ich also allein mit einer Leiche im Haus! Ich rufe die Tochter in New York an, aber keiner geht ran. Bloß der Anrufbeantworter. Den ganzen Tag versuche ich es weiter und denke immer, ich kann doch nicht aufs Band sprechen: Ihre Mutter ist tot. Schließlich sagte ich aufs Band: ›Bitte rufen Sie bei Ihrer Mutter an.‹ Aber das hat sie nicht getan. Ich war die ganze Zeit allein mit der Leiche, fünfzehn Stunden lang, bis der braune Lieferwagen kam und meine viejita mitgenommen hat.«
    María Isabel hielt inne und bemerkte, dass Araceli aufs Meer hinausschaute, doch sie fuhr unbeirrt fort: »Für mich hat das Haus nach Tod gerochen: Also habe ich die ganze Nacht geputzt, bis mir die Putzmittel ausgegangen sind. Schließlich hat der Amtsarzt angerufen: Sie wollten wissen, was sie mit der Leiche machen sollten. ›Weiß ich nicht‹, sage ich. ›Ich kann die Familie nicht erreichen.‹ Da sagen die mir also: ›Wenn sich nicht innerhalb von achtundvierzig Stunden jemand meldet, werden wir sie einäschern.‹ Así de frío. Da habe ich sie natürlich angeschrien: ›Habt ihr keine Mutter? Würdet ihr eure eigene Mutter verbrennen?‹«
    »Increíble« , sagte Araceli.
    »Als sich dann endlich die Tochter meldete, war meine viejita bloß noch eine Kiste voller Asche. Als ich die Kiste bekommen hatte, da sind sie plötzlich alle im Haus aufgelaufen. Die Tochter, der Schwiegersohn, die andere Tochter, der lang verschollene Bruder, den ich noch nie zu Gesicht bekommen hatte. Todos. Und dann fangen sie an, mich zu löchern, als ob das alles meine Schuld gewesen wäre. Einer wollte sogar meine Sachen durchsuchen, als ich ausgezogen bin, aber als ich angefangen habe zu weinen, da haben sie mich gehen lassen.«
    »Ich habe noch nie eine alte Dame gepflegt«, sagte Araceli abwesend. »Und bis jetzt habe ich mich auch noch nie um die Kinder gekümmert.«
    Araceli stand auf, sagte unbeteiligt »Con permiso« zu María Isabel und ging zum Spielgerät, wo Keenan jetzt mit dem Mädchen über die Brücke rannte, das María Isabel mitgebracht hatte. Am anderen Ende der Konstruktion saß Brandon auf einer Stufe und las ein Buch. Wo hat er denn das Buch her? Hat er immer eines dabei, so wie andere Jungen Spielzeuglaster oder Schmusedecken?
    »Was liest du denn da?«, fragte

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