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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Sommer! Wenn Carl jedoch etwas für seinen Sohn tun könnte, musste Craig seinerseits Michael doch ebenfalls helfen können. Und als Craig sich in seinem Stuhl zurücklehnte und aus dem Fenster schaute, fiel ihm tatsächlich etwas ein. Die Touristenfahrten im Moor: Phil Stubbs. Warum war er eigentlich nicht früher darauf gekommen? Erst in der vergangenen Woche hatte Stubbs ihm gegenüber von der Notwendigkeit einer neuen Versicherungspolice gesprochen, weil er seine Flotte um ein weiteres Boot vergrößern musste - dafür würde er doch einen Helfer brauchen! Craig nahm den Hörer ab und wählte die Nummer. Zehn Minuten später war alles arrangiert.
    Craig verließ das Büro und suchte Michael. Er fand ihn in seinem Zimmer, mit Kopfhörern auf dem Bett liegend und in einer Zeitschrift blätternd.
    »Ich hab’ eventuell einen Job für dich gefunden«, sagte Craig, als Michael die Zeitschrift weggelegt und die Kopfhörer abgenommen hatte.
    Michael runzelte die Stirn. »Wo? In Orlando? Dort habe ich schon überall vorgesprochen.«
    »Hast du’s mal mit Phil Stubbs versucht?«
    Michael hob die Augen zur Decke. »Zweimal!«
    »Dann versuch’s noch einmal! Ich habe gerade mit ihm telefoniert. Er möchte dich sprechen.«
    »Wie das?« Michael klang mißtrauisch. »Er hat mir erklärt, er hätte bereits genug Leute.«
    Craig machte eine wegwerfende Handbewegung. »Er schafft sich noch ein Boot an.«
    »Du hast ihn bestimmt unter Druck gesetzt!«
    Craig war verstimmt. »Und wenn? Brauchst du etwa keinen Job?«
    »Ich sollte selbst einen finden können!« erklärte Michael und wurde rot. »Wie muss ich mir denn vorkommen bei dem Gedanken, dass ich den Job nur kriege, weil du ihn dazu überredet hast?«
    Craig wurde wütend. »Und wie wirst du dir vorkommen, wenn du das Motorrad nicht benutzen kannst, das du Mama und mir abgeschwatzt hast? Du kennst unsere Abmachung - für Versicherung und Unterhalt zahlst du selbst, sonst bist du das Fahrzeug wieder los. Ich an deiner Stelle wäre längst unterwegs zu Phil Stubbs, statt mich auf dem Bett zu flezen und mit meinem Vater zu streiten.«
    Das reichte. Michael sprang vom Bett und legte die Kopfhörer in die Nachttischschublade. »Ich hab’ doch nicht sagen wollen, dass ich nicht ginge...« doch der Vater schnitt ihm das Wort ab.
    »Du hast ganz recht«, fuhr er ihn an. »Du wirst gehen und den Job annehmen, den Phil Stubbs dir offeriert, und die Arbeit dort gewissenhaft erledigen. Verdammt, bei deiner Haltung ist es ja keine Wunder, dass dich niemand anstellen will!« Und Craig war aus dem Zimmer, bevor Michael antworten konnte.
    Michael zog die zerschlissenen Jeans aus und holte ein paar saubere Seidenhosen aus dem Schrank; er nahm ein Hemd von dem Stapel, den seine Mutter auf sein Bitten nach dem Mail-Order-Katalog bestellt hatte - ein sogenanntes Fahrtenhemd mit Schulterklappen, vier Taschen vorn und zwei Taschen an den Ärmeln. Er hatte es bisher nur einmal getragen und weggelegt, nachdem er in der Schule gehänselt worden war, er sei zu knochig, um wie ein Filmstar herumzulaufen. Für Bootfahren im Moor, schien es genau das Richtige.
    Er ging ins Bad, wusch sich das Gesicht und bürstete das wilde, blonde Haar, das nie in Facon bleiben wollte. Als ihm eine Locke immer wieder neu in die Stirn fiel, gab er auf. Er wollte sich schon vom Spiegel abwenden, als ihm eine Bewegung auffiel.
    Er erstarrte. Er wollte es nicht wahrhaben und wusste doch, dass es da war.
    Als sein Blick wie festgefroren am Glas hing, nahm hinter seiner Schulter ein Bild langsam Form an.
    Ein Gesicht.
    Das Gesicht eines alten Mannes mit eingesunkenen, rotumränderten Augen.
    Instinktiv schloss Michael die Augen. Als er sie wieder öffnete, war das Gesicht immer noch da.
    Und jetzt konnte er auch die Hände des alten Mannes sehen. Sie streckten sich nach ihm aus.
    Michael stockte der Atem. Sein Herz schlug wie wild. Da flog plötzlich die Tür auf, und seine sechsjährige Schwester Jenny musterte ihn; sie stemmte die Arme in die Hüften.
    »Mama sagt, du darfst nicht länger als zehn Minuten im Bad bleiben«, sagte sie.
    Michaels Blick wanderte vom Spiegel zur Schwester. Er wagte nicht gleich zu sprechen; die Stimme hätte die innere Angst verraten können. »Wenn du nicht warten kannst, musst du das Bad unten benutzen«, gab er zurück.
    »Ich will aber dieses Bad!« schimpfte Jenny. »Es gehört dir nicht allein! Ich habe genausoviel Recht wie du...«
    »In Ordnung!« sagte Michael. »Dort ist das Klo.

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