In den Klauen des Bösen
wird alles wieder gut.«
Phillips Stirnrunzeln nahm zu. »Ich wünschte, Sie hätten recht.«
Da wurde Carl unsicher. »Sie meinen, ich hätte Ted nicht sagen sollen, Kelly mitzubringen?«
Der Arzt zuckte mit den Schultern. »Es ist nicht an mir, Ted zu raten, was er tun oder lassen soll. Ich meine nur, dass in dieser Stadt für Jugendliche nicht eben viel los ist.«
»Vielleicht gab’s für sie in Atlanta zuviel Abwechslung«, brummte Carl. »Bei uns nehmen sich Kinder jedenfalls nicht das Leben.«
Phillips seufzte. »Hier leben aber auch nicht mehr viele Kinder, oder?« wandte er ein. »Die Stadt ist ein Zentrum für Pensionäre geworden.«
»Ja, aber man kann doch den Jungen nicht vorwerfen, dass sie weggezogen sind. Was sollten sie denn hier machen? Mit der Stadt ging es nur bergab.« Er schaute auf die Uhr. »Aber das ist ja nun vorbei.« Er grinste. »Hätten Sie geglaubt, dass ich einmal nach der Uhr leben würde? Vor zehn Jahren war ich glücklich, wenn es überhaupt Arbeit gab. Heute komme ich kaum mehr nach. Und wenn wir schon beim Thema sind«, meinte er, »morgen wäre meine reguläre Injektion an der Reihe. Könnten Sie mir die nicht gleich verpassen?«
»Warum eigentlich nicht?« meinte Phillips nach anfänglichem Zögern, ging dann zu seinem Wandschrank und holte eine kleine Phiole heraus, um eine zweite Spritze zu füllen. Eine Sekunde später stach er Carl die Nadel am Arm unter die Haut und drückte. »Das war’s«, meinte er, als er die Nadel wieder herauszog und in den Papierkorb warf. »Das sollte Sie für eine Zeitlang auf Kurs halten.«
Als Carl die Klinik verließ, verebbte der Schmerz in der Hüfte bereits. Nach der Vitaminspritze, die er schon jahrelang bekam, fühlte er sich stets zehn Jahre jünger.
Von dem, was er sich für den heutigen Tag vorgenommen hatte, ließ er sich aber auch durch ein Gefühl ewigen Lebens nicht abhalten. Er fuhr zurück in die Ponce Avenue, zu dem Haus, das er vor drei Jahren für Craig Sheffield errichtet hatte. Von diesem Nachmittag an sollte sein Sohn gleichberechtigter Partner der Anderson Construction Company sein.
Da könnte er ja auch gleich den Namen der Firma ändern lassen. Carl Anderson & Sohn. Das gefiel ihm. Nein, er hatte eine noch viel bessere Idee.
Anderson & Anderson.
So war’s richtig - Vater und Sohn auch im Firmennamen als gleichwertige Partner.
Es würde doch noch ein guter Tag werden. Er fühlte sich schon wieder in Hochform, denn sein Sohn kehrte heim.
Beim Gedanken an Kelly schlug seine Stimmung allerdings wieder um. Aber auch das würde sich einrenken lassen, dachte er. Sie musste nur aus Atlanta weg, damit würden auch ihre Probleme verschwinden. Ihm fiel sogar ein, was er für sie tun könnte. Sie brauchte einen Freund. Einen netten Jungen. Wie den Sohn von Craig Sheffield.
Doch, hier käme für sie wieder alles ins Lot, und mit dem Sommer wäre bestimmt auch Mary froh, nach Villejeune zurückgekehrt zu sein.
Eine halbe Stunde nach Carl Andersens Abschied saß Craig Sheffield über den Papieren zur Namensänderung der Anderson Construction Company an seinem Schreibtisch. Damit machte Carl seinem Sohn auch ein beachtliches materielles Geschenk. Carl war nämlich in den letzten Jahren zu einem vermögenden Mann geworden, mit einem Nettowert von über zwei Millionen Dollar, die sich mit dem Fortgang des jüngsten Siedlungsvorhabens noch wesentlich vermehren würden, und im Hinblick auf die positive Entwicklung Villejeunes war kein Ende in Sicht. Doch während der Arbeit musste Craig Sheffield unentwegt an die Fragen denken, mit denen Carl sich nach seinem Sohn erkundigt hatte. Das waren keine Fragen aus purer Höflichkeit gewesen; der schlaue, alte Fuchs hatte dabei etwas im Sinn. Aber was könnte das sein? fragte sich Craig. Wollte er Michael etwa einen Ferienjob anbieten? Das schien unmöglich - bei Stellenvergaben bevorzugte Carl prinzipiell Familienväter, und obwohl sich die Dinge gebessert hatten, gab es immer noch reichlich Arbeitslose. Außerdem hatte Michael sich bei Anderson bereits um Ferienarbeit beworben und aus eben den Gründen eine Absage erhalten, wie Craig nun wieder einfiel.
Michael hatte nirgends Arbeit finden können, überall die gleiche Antwort erhalten: »Ich habe im Moment gerade genug zu tun, um über die Runden zu kommen. Vielleicht im nächsten Jahr, der Aufschwung in Villejeune hält bestimmt an...«
Wie schön für Villejeune, dachte Craig, aber Michael brauchte etwas für diesen
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