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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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zärtlich den Arm um die Schulter. »Honey, mit dir ist alles in Ordnung. Du bist eine Heldin... Du hast all diese Menschen aus dem Moor gerettet...«
    Sie ließ ihn nicht aussprechen. »Das war gar nicht ich, Daddy«, sagte sie. »Ich kann mich nicht einmal genau erinnern. Es war, als ob mir eine innere Stimme sagte, was ich zu tun hätte.«
    Ted legte den Arm fester um seine Tochter. Er wollte ihr versichern, dass alles in Ordnung war, dass, was auch immer im einzelnen an diesem Morgen im Moor geschehen sein mochte, sie das Boot zurückgebracht hatte, und dass er stolz auf sie war - doch bevor er es sagen konnte, spürte er ihre plötzliche Verkrampfung.
    »Schau!« sagte sie. »Daddy, schau! Da kommt Michael! Und er hat das Baby!«
    Michael trat mit dem Baby auf dem Arm in den seichten Kanal, der die Insel von dem Hauptland und dem touristischen Betrieb trennte.
    »Warte!« rief ihm jemand von der anderen Seite zu. »Wir kommen mit dem Boot rüber!«
    Michael blieb stehen und gab mit einem Wink zu verstehen, dass er den Ruf gehört hatte. Und während des Wartens auf das Boot überlegte er, was er bloß sagen könnte. Dass es Fragen geben würde, war ihm klar - in dem Boot saß der Polizeichef.
    Man würde wissen wollen, wo Carl Anderson sich befand und wie er ihm das Baby hatte wegnehmen können.
    Das konnte er beantworten.
    Wie könnte er ihnen jedoch Carl Andersens Tod und seine eigene anschließende Veränderung erklären?
    Überhaupt nicht.
    Seit dem Moment, als die erste Welle von Gefühl ihn durchströmt hatte, drehte sich ihm der Kopf. Ihm kam die ganze Welt anders vor. Und er wusste auch warum.
    Mit dem Tod Carl Andersens hatte er irgendwie seine Seele wiedergefunden.
    Er wusste, was er nun zu tun hatte.
    Er reichte der Mutter in dem herankommenden Boot ihr Baby und ließ sich danach von Tim Kitteridge aus dem Wasser helfen. Aber er sagte kein Wort.
    Und er gab auch keinen Ton von sich, als von allen Seiten Fragen gestellt wurden - von der Mutter des Kindes, danach vom Polizeichef. Erst als das Boot sicher im Dock lag, erzählte er, was vorgefallen war.
    »Ich bin ihm gefolgt, und am Ende habe ich ihn eingeholt. Er bekam einen Herzanfall oder so ähnlich. Er hat nicht versucht, mich oder das Baby zu verletzen. Auch sonst nichts. Er ist einfach nur gelaufen, solange er konnte, und dann zusammengebrochen.«
    »Zusammengebrochen?« fragte Kitteridge.
    Michael nickte. »Unter einem Baum. Einer hohen Fichte - dem höchsten Baum weit und breit. Er wollte sich im Gebüsch vor mir verstecken, ich habe ihn aber gesehen, und er hat mich ebenfalls bemerkt.« Michaels Stimme bekam einen hohlen Klang. »Dann starb er. Er ist einfach gestorben.«
    Kitteridge machte ein immer nachdenklicheres Gesicht. »Und du hast ihn dort liegen lassen?«
    Michael nickte zerstreut, als hätte er Mühe, sich an die Fakten zu erinnern. »Ich musste das Baby herbringen«, sagte er. »Ich musste doch das Baby der Mutter zurückbringen.«
    Kitteridge war sicher, dass Michael damit nicht die ganze Geschichte erzählt hatte, beschloß jedoch, weitere Fragen bis später aufzuheben. Der Junge war blaß; seine Augen wirkten glasig. »In Ordnung«, sagte Kitteridge. »Ruh dich ein wenig aus. Vielleicht kannst du uns dann hinbringen. Wärst du dazu in der Lage?«
    Michael bewegte zustimmend den Kopf. Der Polizeichef richtete seine Aufmerksamkeit auf Marty Templar, der soeben mit vier weiteren Männern eingetroffen war, und während die beiden sich unterhielten, lief Michael zu Kelly, die am Dock nervös aufs Moor hinausschaute. »Geht’s dir gut?«
    Kelly schüttelte den Kopf. »Mr. Kitteridge bat mich, seine Leute zu der Stelle zu führen, wo Großvater das Baby gestohlen hat. Aber ich hielt das nicht für möglich.« Sie sah Michael voll in die Augen. »Ich weiß ja überhaupt nicht, wie ich zurückgekommen bin.«
    Michael fasste ihre Hand. »Das macht überhaupt nichts. Ich soll sie zu der Stelle bringen, wo ich deinen Großvater verlassen habe. Das werde ich aber nicht tun.« Kelly runzelte die Stirn, doch Michael fuhr mit seinem Bericht fort, und da fiel ihr die Veränderung zum erstenmal auf. Seine Augen leuchteten vor Empörung. »Ich weiß, was mit uns los ist, Kelly«, sagte er zum Schluss so leise, dass selbst sie ihn kaum mehr hören konnte. »Ich weiß, was mit uns allen nicht in Ordnung ist. Und ich weiß auch, wie es wieder in Ordnung kommt.«
    Als Tim Kitteridge zehn Minuten später nach ihm suchte, war er verschwunden.
    Und Kelly

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