In den Klauen des Bösen
Blick auf die Wanduhr. »Jessas - wir hätten vor einer halben Stunde zu Hause sein müssen.« Er zog das Portemonnaie aus der Tasche, legte Geld auf den Tisch und schlüpfte aus der Nische.
»Was soll das?« frotzelte Kelly. »Es ist nicht mal zehn Uhr. Wir sind doch keine kleinen Kinder mehr.«
»Mein Vater hat schon eine Mordswut auf mich, weil ich nie pünktlich von der Arbeit heimkomme.«
Sie waren kaum gegangen, als Arlette die Rollos herunterließ und abschloß, und hatten Michaels Motorrad noch nicht erreicht, als ein Wagen hielt und jemand nach ihnen rief.
»He! Sheffield! Wer ist deine Freundin?«
Michael drehte sich um und sah das spöttische Grinsen von Buddy Hawkins hinter dem Steuer seines fünf Jahre alten Trans Am und neben ihm Melanie Whalen, die bis vor ein paar Tagen die feste Freundin von Buddys Vetter Jeff gewesen war.
»Kelly Anderson«, erwiderte Michael unsicher, als hinter Buddys Trans Am ein Pick Up mit vier weiteren Jugendlichen stehenblieb. Sie gehörten zu dem Mob, der am County Park sein Unwesen trieb; Michael war plötzlich nervös. Was hatten die Kids hier verloren? Er stellte Kelly zögernd Melanie und Buddy vor. »Wo ist Jeff?« fragte er Melanie, aber die zuckte nur desinteressiert mit den Achseln.
»Wir sind seit letzter Woche auseinander. Ich geh’ jetzt mit Buddy aus.« Sie grinste durchs Fenster und hob eine Bierdose. »Willst’n Bier?«
Michael schüttelte den Kopf.
»Und was is’ mit dir?« fragte Melanie Kelly. »Wir hab’n reichlich.«
Kelly, die Michaels Nervosität spürte, schüttelte ebenfalls den Kopf, worauf Melanie verächtlich die Lippen kräuselte. »Was is’n mit dir los?« fragte sie. »Bist du auch so’n Engel wie Michael?«
Kelly, die Michaels Hand ergriffen hatte, merkte, wie er sich verkrampfte, als die Jugendlichen aus dem Pick Up zum Trans Am herüberkamen und zu lachen anfingen. Kelly überlegte blitzschnell - vielleicht würden die Kids Ruhe geben, wenn sie sich mit dem andern Mädchen gutstellte. »Ich mag Bier«, sagte sie. »Und Michael auch.« Sie ging zum Trans Am herüber, nahm die zwei Dosen Bier, die ihr Melanie anbot, und reichte eine an Michael weiter.
»Ich... sollte besser nicht trinken«, murmelte Michael.
»Nun komm schon!« stieß Kelly kaum hörbar hervor. »Sonst halten die uns noch für Feiglinge! Und außerdem«, fügte sie hinzu, obwohl es gar nicht der Wahrheit entsprach, »trink ich gern Bier.« Sie hob die Dose an die Lippen, trank, schluckte, musste aber sofort prusten und spuckte den Rest des Biers aus - teilweise auf Jacke und Hose.
»Trinkste schon lange?« fragte Melanie giftig, und drehte sich zu ihren Freunden um. »He! Wisst ihr, wer das ist? Sie ist das verrückte Mädchen, das sich umbringen wollte!«
Kelly erstarrte.
Ihre Geschichte war also bekannt geworden und wahrscheinlich inzwischen Stadtgespräch.
Dann hielt ein weiterer Wagen. Michael und Kelly waren im Nu umringt von einer ganzen Bande von Teenagern, die Kelly musterten. »Komm, Michael«, sagte sie so leise, dass nur er es hören konnte. »Wir gehen.«
Doch Michael sah Melanie wutentbrannt an. »Warum redest du so ein dummes Zeug, Melanie?« wollte er wissen.
Im Schein der Straßenbeleuchtung glitzernden Melanies Augen höhnisch. »Stimmt doch, oder? Sie hat sich doch umzubringen versucht, oder?«
»Und wenn schon?« fuhr Michael sie an. »Du treibst es mit allen Jungs und willst doch auch nicht, dass man groß drüber spricht, oder?«
Melanie lief dunkelrot an. »Du Arschloch!« schrie sie. »Buddy, darf der so mit mir reden?!«
Die Tür des Trans Am flog auf, Buddy sprang heraus und stellte sich mit drohend geballten Fäusten vor Michael in Positur. »Verdufte, Sheffield!« knurrte er. »Und nimm deine verrückte Freundin mit!«
Obwohl Buddy mindestens zehn Zentimeter größer und dreißig Pfund schwerer war, rührte Michael sich nicht vom Fleck. »Wir befinden uns hier nicht auf deinem Privatweg, Buddy. Wir haben das gleiche Recht hierzusein wie ihr.«
»Aber du hast kein Recht, mein Mädchen zu beleidigen!«
»Wer hat denn angefangen?« gab Michael zurück, den die Wut packte. »Wenn du keine bessere findest als Melanie...«
Er brachte den Satz nicht zu Ende, weil Buddys Faust ihm einen Schlag in die Magengrube versetzte. Michael spürte, wie ihm die Luft ausging, und krümmte sich vor Schmerz, aber dann richtete er sich plötzlich auf und erwischte Buddy am Kinn, so dass dieser rückwärts taumelte, gegen sein Auto stürzte und
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