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In den Klauen des Bösen

In den Klauen des Bösen

Titel: In den Klauen des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Saul
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Stunden ging er mindestens zum zehntenmal zum Eingang seiner Baracke am Rande des Moors.
    Er litt unter Halluzinationen.
    Es mussten Halluzinationen sein. Er sagte sich immer und immer wieder, dass die Geräusche nicht der Realität entstammten. Und doch erhob er sich jedesmal aus seinem abgenutzten Liegesessel, wenn er den Eindruck hatte, dass etwas auf seine Hütte zukam. Es war jedesmal dasselbe.
    Er trat auf die Veranda. Finsternis umfing ihn. Es war eine furchterregende Finsternis, die ihn verschlingen zu wollen schien.
    Es musste wegen des Lichts in der Hütte sein, dass ihm die Finsternis ringsum so undurchdringlich vorkam. Deshalb schaltete er alle Lampen aus; nur den Schwarz-Weiß-Fernseher ließ er weiterlaufen.
    Nachdem seine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, suchte er die Schatten noch einmal ab. Irgendwo dort draußen im hohen Schilfgras oder hinter einem Gebüsch von Kohlpalmen hatten sie sich versteckt, um ihn zu beobachten - die Kinder mit den ausdruckslosen Augen.
    Quatsch! sagte er sich jedesmal von neuem.
    Da war überhaupt niemand.
    Und so kehrte er jedesmal wieder zum Fernseher zurück, ohne dann aber dem Bildschirm Beachtung zu schenken, weil er mit den eigenen Vorstellungen beschäftigt war.
    Diesmal war er sich absolut sicher, das weiche Eintauchen eines Ruders ins Wasser vernommen zu haben.
    Er schaltete das Licht erneut aus und wartete im Dunkel.
    Zu seiner Rechten hörte er ein Rascheln. Er erstarrte.
    Dann sah er die Augen.
    Helle, glühende Augen, die ihn fixierten.
    Und daneben ein zweites Paar Augen.
    Dann noch eins. Und noch eins.
    Ihm begann laut das Herz zu klopfen, als er den Halbkreis der spähenden Augen sah.
    Kamen sie näher?
    Er vermochte es nicht zu erkennen.
    Er hob beim Rückwärtsgehen auf der Veranda die Füße kaum von den splitternden Planken. Mit der rechten Hand tastete er nach der Tür.
    Als er das Holz des Türrahmens spürte, richtete er sich auf.
    Und schon war er drinnen, machte die Tür hinter sich zu, schob den Riegel vor, horchte wieder.
    Hören konnte er nichts, doch er spürte sie näherkommen und sein Haus umzingeln.
    Er bekam kaum mehr Luft. Er ging zum Fernseher und schaltete ihn ab. Der Raum versank in völligem Dunkel. Nur wo Fenster in die Wände eingelassen waren, zeichneten sich ganz leicht hellere Flächen ab. Er schlich auf ein Fenster zu und schaute mit rasendem Puls ins Sumpfland hinaus.
    Die Augen waren noch immer auf ihn gerichtet.
    Ein Geräusch.
    Ein leises, kratzendes Geräusch, als ob jemand auf die Veranda gekrochen wäre.
    Es lief ihm eiskalt über den Rücken.
    Jonas!
    Judd hatte ihn eigentlich schon seit Tagen erwartet, seit dem Augenblick, als der Junge ihn böse fixiert und gedroht hatte, ihm das Leben aus dem Leib zu reißen.
    In dieser Nacht würde er ihm ins Auge sehen müssen.
    Er konnte den Jungen auf der Veranda fühlen. Er hörte ein Kratzen an der Tür.
    Seine Waffe!
    Er brauchte seine Waffe!
    Er überlegte fieberhaft, wo sie sein könnte.
    Auf dem Tisch neben dem Bett! Dort musste sie sich befinden - er erinnerte sich, sie nach der Heimkehr am Nachmittag dort abgelegt zu haben.
    Er kroch lautlos durchs Dunkel, bis seine Finger den Revolver umfassten. Er entsicherte ihn. Er tastete die Kammern der Trommel ab.
    In jeder Kammer befand sich eine Kugel.
    Und wieder hörte er das schwache Kratzen, als wollte jemand von der Veranda in die Hütte.
    Judd schlich zur Tür und preßte das Ohr ans Holz. Zunächst vernahm er nichts, dann ein leises Drücken, als ob jemand Schloss und Riegel zu öffnen versuchte.
    Mit dem entsicherten Revolver in der Rechten tastete Judd nach dem Riegel, zog ihn lautlos zurück, trat einen Schritt nach hinten, um nach einer Weile blitzschnell den Griff zu drücken und die Tür aufzureißen.
    Vor ihm erhob sich eine Gestalt. Judd hob die Waffe und schoß. Ein Todesschrei zerriß die Stille. Die dunkle Gestalt fiel auf der Veranda in sich zusammen und blieb regungslos liegen.
    Judd griff an die Wand hinter sich und machte Licht. Auf den Kiefernbrettern der Veranda lag mit blutgetränktem Fell und einer klaffenden Wunde in der Brust ein Waschbär.
    Judd schaute ihn einen Moment lang ungläubig an. Dann stieß er einen Fluch aus, trat das tote Tier mit dem Fuß ins Wasser, wo es träge trieb, bis das Wasser aufschäumte und ein Alligator herausschoß, sich das tote Tier schnappte, mit dem Schwanz schlug und wieder im Dunkel verschwand.
    »Ein Waschbär!« murmelte Judd vor sich hin, als er wieder

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