In den Klauen des Tigers
sein. Denn Kneipen der unteren
Kategorie (Klasse) führen keine Reklamestreichhölzer.“
Klößchen, der mit Blickrichtung zum
Stall stand, sagte: „Sie kommen.“
Tarzan vergeudete keinen Blick, sondern
stieg auf sein Rennrad und setzte sich an die Spitze der Dreiergruppe.
Inzwischen war es heiß geworden. Die
amtlichen Wetterfrösche prophezeiten (Vorhersagen) für Pfingsten Hitze
und Sonnenschein. Blechkarawanen würden sich in Bewegung setzen: aus der
Großstadt hinaus in die grüne Natur. Und im Großen Wald — so groß der auch war
— kribbelte und wimmelte es dann sicherlich wie in einem Ameisenhaufen:
Camping, Picknick, Jogging und Wanderlust.
Ob sich wohl die Mädchen in ihrem
Zeltlager gestört fühlen, überlegte Tarzan, wenn die Menschenmassen anrücken?
Und die Pauker bei ihrer Waldfete (Fest)?
Auch auf dem Rückweg zur Stadt wurden
sie von dem Polizeiwagen überholt. Blüchl hatte den Kopf weggedreht, als
existierten die Jungs nicht.
Zur „Grotte“ fuhr der bestimmt nicht.
Tarzan grinste. Wie man sah: Schlechtes Benehmen hatte Folgen. Blüchl tappte im
Dunkeln, was Tomasino betraf.
Die Jungs kannten die Spitzeder-Straße,
einen Asphalt-Lindwurm im Vergnügungsviertel der Stadt, bei Tag ziemlich tot,
aber nach Einbruch der Dunkelheit prallvoll mit Leben. Das lag an den
zahlreichen Etablissements (Vergnügungsstätten), von denen Nachtbummler
sich anlocken ließen wie Motten vom Licht. Es gab Weinlokale, Bars, Diskotheken
und exotische (fremdländische) Lokale. Mancherorts konnte man angeblich
Rauschgift kaufen. Oder Diebesbeute. Und bei Nacht wimmelte die Gegend von
zwielichtigen Typen. Das hier zuständige Polizeirevier hatte die meisten
Einsätze.
Die TKKG-Freunde erreichten die Straße
und begannen nach der „Grotte“ zu suchen.
4. Kathie, die Schlafwandlerin
Keins der Mädchen war vor Mitternacht
eingeschlafen, zu aufregend die erste Nacht im tiefen Wald. Sie hatten lange
getuschelt in ihren Dreier-Zelten — von denen vier aufgebaut waren. So kam es,
daß am Morgen alle verschliefen. Sogar Lotte Weimar und Isabell Renke, die
beiden Trainerinnen des Schwimmclubs, ließen sich nicht vom Sonnenlicht wecken.
Golden und grell fiel es durch die Baumwipfel auf das Zeltlager der Mädchen.
Lotte und Isabell waren junge Frauen.
Die eine arbeitete als Sportlehrerin an einer Grundschule, die andere als
Sozialfürsorgerin bei der Stadt. Ihr Zweier-Zelt wies die meisten Flickstellen
auf. Es war schon lange in Betrieb. Jetzt wurde der Reißverschluß des Eingangs
geöffnet. Lotte, bekleidet mit einem sandfarbenen Trainingsanzug, kroch ins
Freie, blinzelte, rieb sich die Augen — im Knien — und holte tief Luft.
„Aufstehen, meine Damen! Es ist heller
Tag.“
Sie mußte ihre Aufforderung
wiederholen, ehe in den anderen Zelten sich was regte.
Gaby wohnte — wie sie es großartig
nannte — mit zwei Schwimmclubfreundinnen zusammen: mit Inge Esting und Kathie
Lorenz. Inge war zart und braunhaarig, hatte dunkle Kulleraugen und — wie auch
Gaby — ihren Hund mitgebracht. Er hörte auf den eindrucksvollen Namen Man Eater (Menschenfresser ) und ließ sich bequem in der Handtasche transportieren
oder vorn in der Bluse tragen. Man Eater war ein rehfarbiger Rehpinscher, ein
freches Kerlchen in Westentaschenformat, und kaum ein Jahr alt.
Oskar — Gabys schwarzweißer Cocker
Spaniel — liebte ihn wie einen Sohn. Auch jetzt leckte er ihm zur morgendlichen
Begrüßung über die Schnauze, und Man Eater wedelte freudig mit seinem — nur
andeutungsweise vorhandenen — Stummelschwanz.
Beide Hunde wuselten aus dem Zelt,
waren gleich die Muntersten von allen und tollten — nachdem sie an mehreren
Sträuchern das Bein gehoben hatten — im Lager umher.
Die Mädchen sahen zu und lachten.
Gaby schüttelte ihr goldblondes Haar.
Mit zwei Fingern bog sie ihre langen, dunklen Wimpern nach oben. Ihr Pony war —
ausnahmsweise mal — kurzgeschnitten, zweckmäßig also, wenn man sich in freier
Wildbahn fernab der Zivilisation tagelang aufhalten will. Freilich — so ganz
auf Zivilisation verzichteten die jungen Damen nicht. In aparten Rucksäcken
hatten sie alles mitgebracht, was zum leiblichen Wohl und zur Schönheitspflege
gehört.
In der Nähe murmelte ein quellklarer
Bach. Während die zwölf Mädchen sich dort wuschen, bereiteten die Trainerinnen
auf einem Spirituskocher heißen Tee für alle. Beim Bach wurde gekichert,
geschrubbt, gespritzt und gebibbert — denn das Wasser war kalt. Kathie
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