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In den Klauen des Tigers

In den Klauen des Tigers

Titel: In den Klauen des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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bekanntlich zu jeder Tageszeit.
    Die „Grotte“ roch nach Tabakrauch und
Bier. Der Mann hinter der Theke wandte den Kopf.
    Er hatte ein bulliges Gesicht mit
kleinen Augen. Sicherlich konnte er mit einem Blick abschätzen, wieviel Geld
ein Gast in der Brieftasche hatte — und wieviel er hierlassen würde. Das war
sein einziges Interesse. Die Einschätzung der Jungs fiel miserabel aus. Die
würden — wenn’s hoch kam — eine ,drei-Cola-Zeche’ machen.
    Nur ein knappes Nicken erwiderte ihren
Gruß. Aber das konnte Tarzan nicht abschrecken. Ganz selbstverständlich schwang
er sich auf einen Barhocker. Karl fühlte sich ermutigt und tat es ihm nach.
Klößchen hatte etwas Mühe, auf den hohen Hocker zu klettern. Als er endlich
saß, wäre er beinahe umgekippt, hielt sich aber am Thekenrand fest und wurde
zusätzlich von Tarzan gestützt.
    „Ja?“ fragte der Wirt.
    „Für mich eine Cola“, sagte Tarzan, „bitte.“
    Karl nahm das gleiche. Klößchen wollte
was essen, aber ihm wurde beschieden, die Küche sei noch geschlossen, weshalb
er dann auch eine Cola nahm.

    Der Wirt servierte lustlos und griff
wieder zum Lappen, um weiter zu polieren.
    Die Toiletten sind hinten, dachte Tarzan.
Auf dem Wege dorthin kann ich in sämtliche Nischen sehen. Bin gespannt, ob er
da ist.
    Schon wollte er mit einem „Komme gleich
wieder“ vom Sitz steigen, als die Stimme sich vernehmen ließ: heiser, etwas
lallend, unverwechselbar. Sie kam aus einer der hinteren Nischen.
    „Heh, Bossert! Noch ‘nen Doppelten!“
    „Kommt sofort!“ antwortete der Wirt.
    Karl machte eine überraschte Bewegung.
Klößchen stieß fast sein Glas um.
    „Das iiist er“, flüsterte er — laut
genug, daß Bossert nichts überhören konnte.
    Er schenkte gerade Schnaps ein, hielt
inne und sah her.
    Gleichmütig erwiderte Tarzan den Blick.
    Bosserts Aufmerksamkeit erlosch. Er
füllte das Glas, trat am anderen Ende hinter der Theke hervor und brachte Tomasino
den Schnaps.
    „Er sitzt in der drittletzten Nische.“
Tarzan sprach so leise, daß nur seine Freunde ihn verstehen konnten. „Einer von
uns muß Kommissar Glockner anrufen. Karl, bitte! mach du das! Wir passen hier
auf, daß Tomasino nicht abhaut. Aber mach ihn nicht unnötig scheu. Vielleicht
erkennt er dich, wenn du an der Nische vorbei zum Telefon gehst. Besser, du
nimmst die Fernsprechzelle am Ende der Straße.“
    „Gut!“ Karl trank aus, schlenkerte
seine langen Glieder vom Hocker und verließ die „Grotte“.
    Bossert, der jetzt wieder polierte,
deutete auf Karls leeren Platz.
    „Bezahlt ihr für den?“
    „Er kommt wieder“, antwortete Tarzan.
    In Tomasinos Nische wurde ein Stuhl
gerückt.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete
Tarzan, wie der Dompteur sich hervorschob. Er trug eine ausgebeulte Cordjacke
und sah so ungepflegt aus wie gestern. Unsicheren Schritts kam er heran, wobei
er eine dicke Brieftasche aufklappte. Im trüben Licht schien er die Jungs nicht
zu bemerken, oder sein Alkoholpegel vernebelte den Blick.
    „Zahlen, Bossert!“
    „Das macht, Carlo, ja... genau 44!“
    Tomasino brummelte was. Vielleicht
schien ihm die Rechnung zu hoch. Ein 50-Mark-Schein flatterte über die Theke.
    „Stimmt so!“
    Bossert nickte, als wären sechs Mark
Trinkgeld hier selbstverständlich, und gab dem Betrunkenen die Hand.
    Als Tomasino herankam, vertrat Tarzan
ihm den Weg.
    „Herr Tomasino!“ sagte er scharf. „Sie
können jetzt nicht weg. Die Polizei will mit Ihnen reden und wird jeden Moment
hier sein.“
    Die schwarzen Augen des Dompteurs
verengten sich. Erkennen flammte auf wie ein Funke. Ein tückischer Ausdruck
trat in das verwüstete Gesicht.
    „Ach“, sagte er leise. „Der Bengel! Der
Schläger! Der... Daß ich mit dir abrechne, Freundchen, habe ich mir geschworen.“
    Seine Hand griff in die Tasche.
    „Willi, geh hinter mich!“ sagte Tarzan,
und das ließ Klößchen, der sich zwischen ihm und Tomasino befand, sich nicht
zweimal sagen.
    Ein Schnappmesser lag in Tomasinos
Faust. Mit einem metallischen Geräusch fuhr die Klinge aus dem Griff.

    „Das kann nicht Ihr Ernst sein.“ Tarzan
packte einen der Hocker. „Lassen Sie das Messer fallen und nehmen Sie Vernunft
an! Sonst machen Sie sich unglücklich!“
    Im Gesicht des Dompteurs sammelte sich
Blut. Es lief rot an. Violett, fast schwarz hoben sich Tränensäcke und Augenhöhlen
davon ab. Er sah gräßlich aus, der Kerl.
    „Wenn Sie mich angreifen, schlage ich
Sie nieder“, drohte Tarzan, wußte aber, daß hier Worte

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