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In den Klauen des Tigers

In den Klauen des Tigers

Titel: In den Klauen des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Singenden
Felsen.“
    Es wurde so still, daß das Tropfen des
Bierhahns wie ein Wasserfall zu rauschen schien.
    Freigelassen? Bei den Singenden Felsen?
Tarzans Bauchmuskeln verkrampften sich schmerzhaft. Ein kalter Schauer rieselte
ihm über die Flaut. Unmöglich! Das wäre... eine Wahnsinnstat! Eine Katastrophe!
Ein unglaubliches Verbrechen! Bei den Singenden Felsen ist doch das
Mädchenlager! Und der Wald voller Menschen — ganz abgesehen vom Wild! Das kann
Tomasino nicht... Oder? Ist der noch normal? Dieses Wrack? Sein Verhalten
gestern sagt alles. Nein, der lügt nicht. Der blufft nicht. Der will nicht nur
erschrecken. Es stimmt!
    Er sah Gabys Vater an. Glockners
Gesicht war kreideweiß. Seine Stimme klang, als käme sie aus einem blechernen
Automaten.
    „Wiederholen Sie das!“
    Tomasino lächelte tückisch. Er
flüsterte: „Der Tiger ist frei. Bei den Singenden Felsen im Großen Wald habe
ich ihn ausgesetzt. Letzte Nacht!“
    „Herr Kommissar!“ Der Polizist fiel Glockner
in den Arm.
    Gabys Vater trat zurück, strich sich
über die Stirn und presste die Zähne zusammen.
    „Sofort zum Präsidium, Müller! Wir
müssen... O Gott!“
    Er packte Tomasino und riß ihn mit sich
zur Tür.
    Tarzan sah noch, wie Bossert Mund und
Augen aufsperrte — dann folgte er den drei Männern.
    Wachtmeister Müller öffnete eine der
Hintertüren und zwang den sich wehrenden Dompteur auf den Rücksitz des
Polizeiwagens.
    „Wenn Sie nicht vernünftig sind“, fuhr
er den Kerl an, „lege ich Ihnen Handschellen um.“
    Tomasino fügte sich. Glockner saß
bereits am Lenkrad. Müller stieg hinten ein.
    „Darf ich mit?“ fragte Tarzan. „Bitte!“
    Glockner nickte.
    „Nehmt mein Rad und kommt nach“, rief
Tarzan seinen Freunden zu. Denn für sie und die drei Tretmühlen war im
Polizeiwagen kein Platz. Dann glitt er auf den Beifahrersitz, und Glockner fuhr
an.
    Sofort schaltete er Sirene und
Blaulicht ein. Das fegte die Straßen vor ihnen frei. Die anderen Autos rückten
zur Seite und hielten.
    Von der Seite beobachtete er Glockner.
Der Kommissar sah aus, als hätte er die schlimmste Nachricht seines Lebens
erhalten. Der Mund zuckte. In den Augen stand Entsetzen.
    Tarzan klappte die Sonnenblende herab
und sah in den kleinen Spiegel.
    Himmel, ich seh ja genauso aus! Das
ist, weil wir jetzt beide wahnsinnige Angst haben — Angst um Gaby.
    Und dann schwor er sich in diesem
Augenblick: Wenn ihr etwas zustößt — wenn der Tiger sie anfällt, bringe ich
Tomasino um. Egal, was mit mir wird.
    „Wie groß ist das Tier?“ sagte Glockner.
    Tarzan spürte, daß die Frage ihm galt.
    „Leider sehr groß. Und in bester
Verfassung. Er sieht gefährlich aus. Gestern wurde er reichlich gefüttert und
müßte eigentlich noch satt sein.“
    Glockner nickte. Der betrunkene
Tomasino hatte die Augen geschlossen und schien zu schlafen. Sein Kopf sank auf
die Brust. Der Kiefer hing herab.
    Sie erreichten das Präsidium. Müller
kümmerte sich um den Dompteur. Glockner jagte in langen Sätzen die Stufen hoch.
Tarzan wich ihm nicht von der Seite. Er wußte, was kommen würde — kommen mußte,
wenn hier alles Dienstliche erledigt war. Und da wollte er dabei sein — um
jeden Preis.
    „Warte in meinem Büro!“ sagte Glockner.
„Ich verständige den Chef.“
    Damit meinte er den
Polizei-Präsidenten. Wegen eines Fahrraddiebstahls oder ähnlicher Delikte (Straftat) durfte man den nicht behelligen. Aber was jetzt anlag, war an Gewicht kaum zu
überbieten: eine Gefahr für die Allgemeinheit — unberechenbar, unabsehbar, nicht
abzuwenden mit herkömmlichen Mitteln.
    Kaum hatte Tarzan sich in Glockners
Büro in eine Ecke gesetzt, kamen die ersten Kollegen des Kommissars herein.
    Er kannte die meisten und mußte
wiederholen, was er wußte. Bestürzung breitete sich über alle Gesichter.
    „Gaby ist in dem Zeltlager“, sagte
einer der Beamten. „Himmel, ich möchte jetzt nicht in Emils Haut... ich glaube,
ich würde durchdrehen, könnte keine vernünftige Entscheidung treffen und...“ Er
verstummte.
    Glockner, der mit Vornamen Emil hieß, stürmte
herein, warf die Tür zu und trat hinter seinen Schreibtisch.
    „Wie weit seid ihr informiert?“
    „Ich habe Ihren Kollegen alles
berichtet“, sagte Tarzan.
    „Gut! Es erübrigt sich, auszuführen,
wie katastrophal die Situation ist, daß wir ein Unglück kaum verhindern können.
Aber wir werden alles tun. Bei den Singenden Felsen ist das Zeltlager mit zwölf
Mädchen und zwei Aufsicht führenden

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