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In den Klauen des Tigers

In den Klauen des Tigers

Titel: In den Klauen des Tigers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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den Hals und sah
noch den Heckrotor.
    „Der sucht und sucht...“, murmelte Glockner.
    Tarzan presste die Fäuste aneinander.
Gaby darf nichts passieren, dachte er. Und den andern auch nicht. Himmel, der
Wald ist doch voller Wild. Soll der Tiger sich ein Reh, einen Hirsch, ein
Wildschwein holen! Gebe der Himmel, daß er nicht auf die Gruppe trifft. Aber
sicherlich singen die Mädchen. Das würde ihn — egal, ob sie gut oder schlecht
singen — verscheuchen. Oder sie kichern und albern. Welchen Tiger interessiert
das? Es besteht eine Chance, daß alles gutgeht. Ja, bestimmt!
    „Beim Lager werde ich versuchen, die
Spur aufzunehmen“, sagte Glockner.
    „Wir werden es versuchen, Herr Glockner.“
    „Du bleibst im Wagen!“
    „Klar! Ich schlafe inzwischen ein
bißchen.“
    „Sei vernünftig, Tarzan. Ich kann nicht
auf uns beide aufpassen. Gegen den Tiger ist meine Pistole eine lächerliche
Waffe. Du bleibst beim Lager, riegelst dich im Wagen ein und wartest auf die
Mädchen.“
    „Die sind entweder schon zurück, oder
sie kommen nicht vor heute abend.“
    „Trotzdem gehe ich allein.“
    „Herr Glockner, bitte! Ich bin Ihnen
bestimmt kein Klotz am Bein. Nicht umsonst nennt man mich Tarzan. Ich kann
hervorragend klettern. Bevor der Tiger eine Pranke hebt, sitze ich ganz oben im
Baum. Außerdem — Napur und ich, wir kennen uns. Vielleicht mag er mich.
Schließlich habe ich ihm das Spanferkel gebracht.“
    Glockner lächelte knapp. „Daraus ist
noch keine Freundschaft entstanden, Tarzan. Tiger denken da anders.“
    „Dann bleibt immer noch meine
affenartige Kletterkunst.“
    „Du bist sehr mutig. Das weiß ich seit
langem. Aber bedenke bitte, was auf mich zukäme, wenn dir was zustieße.
Außerdem habe ich dich gern wie einen eigenen Sohn.“
    Tarzan schwieg. Er sah nach vorn, wo
die Singenden Felsen sich wie steinerne Riesen aus dem Wald hoben, und dachte:
Und ich mag Sie wie einen Vater, Herr Glockner.
    Aber das sprach er nicht aus.
Stattdessen sagte er: „Trotzdem möchte ich unbedingt mitkommen. Vier Augen
sehen mehr als zwei. Ich bin gut im Fährtenlesen.“
    Der Kommissar seufzte. Es klang, als
willige er ein.
    Sie fuhren an den Singenden Felsen
vorbei und erreichten das Ende der Forststraße. Glockner hielt auf dem
Wendeplatz. Spuren im Sand zeigten, daß hier der Hubschrauber gelandet war.
    Tarzan deutete auf die Waldlichtung
rechter Hand.
    „Dort! Die Zelte!“
    Schmetterlinge gaukelten über die
Wiese. Von den Mädchen war nichts zu sehen.
    Bevor sie ausstiegen, überprüfte Glockner
seine Waffe.
    „Viel zu kleines Kaliber für einen
Tiger.“
    Er schob sie ein paarmal im
Lederhalfter hin und her und stellte fest, daß sie ziemlich locker saß — zu
locker.
    „Ich muß aufpassen, daß sie nicht
rausrutscht.“
    Den Wagen schlossen sie nicht ab.
Vielleicht bot er irgendwem Zuflucht vor dem Tiger, wenn Mensch und Tier hier
aufeinander trafen.
    Tarzan lief zu den Zelten und sah sich
um. Was der Pilot festgestellt hatte, traf zu.
    „Jetzt können wir raten, wohin sie sich
gewandt haben“, sagte Glockner.
    Hinter dem Wendeplatz verlief ein schmaler
Pfad von Nord nach Süd. War die Gruppe ihm gefolgt? Oder war sie auf der
Forststraße zurückgewandert bis zu einer der zahlreichen Abzweigungen? Auch der
Pfad bot zwei Möglichkeiten — in nördliche und in südliche Richtung.
    Auf einem verwitterten Hinweisschild
stand NATURSCHUTZPARK. Ein Pfeil wies nach Norden.
    „Das wäre ein lohnendes Ziel“, meinte Glockner.
„Ich könnte mir denken, sie sind dorthin gewandert. Aber wir wissen nicht,
wieviel Vorsprung sie haben.“
    Tarzan schlug vor, sich zu trennen. Er
wollte in die andere Richtung. Aber damit kam er bei dem Kommissar nicht an. Er
verbot es rundheraus.
    In scharfem Tempo marschierten sie los.
Nach kurzer Strecke entdeckte Tarzan ein verlorenes Papiertaschentuch. Es sah
so neu aus, daß es erst kurze Zeit auf dem Pfad liegen konnte, und duftete
schwach nach Kölnisch Wasser.
    Die Entdeckung beflügelte sie. Sie
schöpften Hoffnung und fielen in Trab.
    In diesem Moment hörten sie den Tiger.
    Er war kilometerweit entfernt — in
Richtung Stadt. Aber sein zorniges Gebrüll schien den Wald mühelos zu
durchdringen. Napur brüllte voller Wut, heiser, geifernd, aus tiefer Brust.
    Es war, als hätte sich dieser deutsche
Wald im Herzen Europas in tropische Wildnis verwandelt. Alle anderen Tiere
erschraken. Der Gesang der Vögel verstummte. Rot- und Rehwild flüchtete
angstvoll. Selbst eine Rotte

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