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In den Ruinen von Paris

In den Ruinen von Paris

Titel: In den Ruinen von Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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aussah. Er war ein humanoides Wesen, aber er war eindeutig kein Mensch. Und nicht zum ersten Mal war sie plötzlich fast sicher, daß der einzige Grund, aus dem sie sich nie diese Frage gestellt hatte, der war, daß Gurk nicht wollte, daß sie es tat. Plötzlich erwachte Gurk. Er bewegte sich nicht, sondern hob nur die Lider, aber in seinem Blick lag keine Müdigkeit, sondern nur der Ausdruck einer sonderbar tiefen, fast väterlichen Zuneigung. »Wer bist du?« fragte sie. Statt zu antworten, lächelte Gurk flüchtig, setzte sich in seinem Stuhl auf und blickte an sich herab. Ein betroffener Ausdruck huschte über sein Gesicht. Er bückte sich, hob den Mantel auf, der neben ihm auf dem Boden lag und deckte sich damit bis zum Hals zu. Er sah plötzlich aus wie ein Kind, das sich mit dem Kleidungsstück eines Erwachsenen zugedeckt hatte, weil ihm kalt war. »Ich hoffe, ich habe dich nicht geweckt«, erklärte Gurk. Charity schüttelte den Kopf. »Was tust du hier?« fragte sie. »Ich habe darauf gewartet, daß du aufwachst«, antwortete Gurk. »Ich hatte das Gefühl, wir beide müssen miteinander reden. Allein.« Charity fragte sich, ob es wirklich Zufall war, daß Gurk ihr wieder einmal zuvorgekommen war. Seit ihrer Flucht aus dem Shai-Taan hatte sie keine Zeit und keine Gelegenheit gehabt, mit ihm zu sprechen. Aber ein Gespräch war wichtig, denn von seinem Ausgang hing möglicherweise alles ab, was sie in Zukunft tun würden. Voller plötzlichem Schrecken wurde ihr bewußt, daß das Wissen dieses mißgestalteten Zwerges über die Zukunft dieses ganzen Planeten entscheiden konnte. »Ja«, sagte sie. »Ich glaube, es gibt da ein paar Dinge, die wir klären müssen.« »Stone hat mit dir gesprochen«, sagte Gurk bekümmert. »Ich dachte mir, daß dieses alte Waschweib die Klappe nicht halten kann.« Charity lächelte flüchtig. Gurk hatte bisher mit Erfolg den Narren gespielt, aber er war in Wahrheit alles andere als ein Narr. »Also?« fragte Charity. »Wer fängt an? Du oder ich?« Gurk seufzte. »Ich habe leider keine Zigaretten, die ich dir anbieten könnte.« Charity blickte ihn fragend an. »Du könntest mir die Asche aufs Haupt streuen, und ich könnte dazu laut mea culpa schreien und mir auf die Brust schlagen«, sagte Gurk erklärend. Gegen ihren Willen mußte Charity lachen. »Du gibst nie auf, den Clown zu spielen, was?« »Vielleicht bin ich es«, erwiderte Gurk ernst. »Ich glaube eher, daß du gefährlich bist, kleiner Mann.« Gurk grinste weiter, aber in seinen Augen glomm ein mißtrauisches Funkeln. »Gefährlich?« fragte er. Charity nickte. »Gefährlich dumm oder gefährlich heimtückisch - ich bin noch nicht ganz sicher.« »Heimtückisch vielleicht«, antwortete Gurk beleidigt. »Aber dumm bin ich nun wirklich nicht.« »Du hast in aller Ruhe zugesehen, wie Skudder und ich mit vereinten Kräften angefangen haben, das Grab für diesen ganzen Planeten zu schaufeln«, sagte Charity. »Jetzt überschätzt du dich, Cherry«, antwortete Gurk lächelnd. »So tief könnt ihr gar nicht graben.« »Hör auf, den Idioten zu spielen«, bat Charity müde, »du weißt genau, was ich meine. Stone hat mir erzählt, was mit deinem Heimatplaneten Passiert ist.« Sie behielt den Zwerg bei diesen Worten genau im Auge. Sie hatte damit gerechnet, daß er erschrak oder in Zorn geriet, aber Gurk grinste unerschüttert weiter. »Hat er die Wahrheit gesagt?« fragte sie. »Wer?« fragte Gurk. »Stone«, antwortete Charity geduldig, obwohl ihr Gurks Blick verriet, daß er sehr genau wußte, was sie von ihm wollte. »Kurz, bevor sie kamen, entdeckten unsere Sternwarten das Licht einer neuen Supernova, Gurk. Wir tauften sie auf den Namen PRO-ALPHA-7. Ich nehme an, du hattest einen anderen Namen dafür.« »So?« »Stone behauptet, es wäre die Sonne deiner Heimat gewesen.« »Er ist zweifellos ein helles Köpfchen.« »Sie ist nicht von sich aus explodiert«, fuhr Charity fort. »Stone behauptet, die Moroni hätten sie gesprengt, als es ihnen nicht gelang, euch zu besiegen. Ist das die Wahrheit?« »Klar«, antwortete Gurk. »Es gab einen ziemlichen Knall, kann ich dir sagen.« Charity blieb ernst - und sie spürte auch, daß Gurk nicht so gefaßt war, wie er sich gab. »Und es macht dir gar nichts aus?« Gurk zuckte mit den Achseln. »Es ist ziemlich lange her«, antwortete er. »Nach eurer Zeitrechnung ... « Er überlegte einen Moment, »... so ungefähr siebzigtausend Jahre, nicht

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