In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
wusste das, weil Celia ihm als Vision erschienen war. Es berührte ihn immer, wenn ihn einer seiner Engel besuchte. Sie waren zu ihm ins Krankenhaus gekommen, als er mit dem Tod gerungen hatte, und sie hatten ihm im Gefängnis Trost gespendet. Seelen, die er befreit hatte, die für immer jung und schön bleiben würden. Ihre Geister waren um ihn geschwebt, bekümmert, ihn leiden zu sehen. Belinda war zu ihm gekommen, genau wie Paola und Brigitte und all die anderen, aber als Celia ihm erschienen war, war das etwas Besonderes. Celia war die Erste gewesen.
Er kostete wieder von dem Wein, und sein Herzschlag beschleunigte sich, als er an jene Nacht zurückdachte, die sein Leben von Grund auf verändert hatte. Er hatte Celias liebreizenden Körper genommen, und als er in ihr gekommen war, hatte sich der Impuls gleich einem Flaschengeist manifestiert und in ihm das übermächtige Bedürfnis entfacht, die Daumen auf den hämmernden Puls in ihrem Hals zu legen und zuzudrücken.
Sie hatte sich unter ihm gewunden, ihr Gesicht hatte sich verfärbt, ihre Augen waren, erfüllt von wachsendem Begreifen, aus den Höhlen getreten. Celia konnte nicht sprechen, sie konnte nur keuchen, dennoch hatte er ihr leidenschaftliches Einverständnis gespürt. Sie waren zu einem einzigen Bewusstsein verschmolzen. Sie war sein Engel, und sie bot ihm sein Leben dar.
Die dunklen Götter hatten in jener Nacht Anspruch auf ihn erhoben. Und er hatte verstanden, welchen Tribut die Götter forderten, bevor sie ihm Macht und Göttlichkeit verliehen. Sie hatten ihn als den Ihren gezeichnet, und er würde sich würdig erweisen.
Celia war noch Jungfrau gewesen. Das hatte er hinterher herausgefunden, als er sich wusch. Wie ergreifend! Es war ein Fluch, derart sensibel zu sein. Dazu verdammt, wieder und wieder nach der Perfektion von Celias Opfer zu suchen und sie doch nie ganz zu finden.
Die Terrassentür wurde geöffnet. Er fühlte das rot glühende Flirren von Georgs Energie, ohne sich umdrehen zu müssen. »Trink ein Glas Wein, Georg. Genieße die Vorzüge der Freiheit! Du willst dich einfach nicht entspannen. Das bringt uns in Gefahr.«
»Ich möchte keinen Wein.«
Novak sah ihn an. Die wulstige pinkfarbene Narbe, die Georgs Wange verunzierte, hob sich grell gegen seine Gefängnisblässe ab. Sein schönes blondes Haar war stoppelkurz rasiert, und seine Augen glommen wie Kohlenstücke. »Hast du schlechte Laune, Georg? Ich hasse schlechte Laune.«
»Warum darf ich sie nicht einfach umbringen?«, zischte er. »Ich werde sowieso für den Rest meines Lebens auf der Flucht sein. Es ist mir egal, ob …«
»Ich will etwas Besseres als das für dich, mein Freund. Du darfst nicht riskieren, noch einmal erwischt zu werden.«
»Ich habe längst entsprechende Vorsichtsmaßnahmen getroffen«, erwiderte Georg. »Ich werde eher sterben, bevor ich wieder in den Knast wandere.«
»Natürlich hast du das. Ich danke dir für deine Hingabe. Trotzdem wirst du, sobald du dich beruhigt hast, erkennen, dass mein Plan besser ist.«
Georgs Gesicht war eine schmerzverzerrte Fratze. »Ich ertrage es nicht. Ich sterbe.« Er stieß die Worte in dem unverständlichen ungarischen Dialekt aus, der ihnen beiden gemein war.
Novak stand von seinem Stuhl auf und stellte sein Weinglas ab. Er legte die vernarbten Stummel seiner entstellten Hand an Georgs zerstörtes Gesicht. Seine Schönheitschirurgen würden ihr Bestes geben, trotzdem war die jugendliche Perfektion des jungen Mannes für immer verloren. Eine weitere offene Rechnung.
»Weißt du, warum ein Schmetterling kämpfen muss, um sich zu entpuppen?«, fragte er und verfiel nun selbst in den Dialekt.
Georg drehte das Gesicht weg. »Ich bin nicht in Stimmung für eine deiner Fabeln.«
»Sei still.« Novak bohrte die Nägel seines linken Daumens und Mittelfingers in Georgs Wange. »Dieser Akt des Kämpfens zwingt die Flüssigkeiten aus dem Körper des Schmetterlings und vervollständigt die Entwicklung seiner Flügel. Ein Schmetterling, der vorzeitig freikommt, würde unbeholfen und angeschwollen herumtorkeln und bald darauf sterben. Ohne je geflogen zu sein.«
Mit einem lautlosen, qualvollen Zischen zog Georg die Lippen zurück, sodass seine fehlenden Zähne sichtbar wurden. »Was genau willst du mir damit sagen?«
»Ich denke, das weißt du.« Er ließ von ihm ab. Blut quoll aus den roten Halbmonden, die seine Fingernägel hinterlassen hatten. »Zu kämpfen ist unabdingbar. Um so erhabener wird die Bestrafung
Weitere Kostenlose Bücher