In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
selbst habe, indem ich mich als Claude ausgab, im Internet mittlerweile einige Berühmtheit erlangt. Jeder weiß von Claudes Großzügigkeit, seiner fanatischen Sammelleidenschaft. Er wird allseits geliebt und verehrt.«
»Brillant«, murmelte sie.
»Claudes Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Er ist ich. Und ich werde sein Leben für ihn leben. Und zwar weitaus besser, als er es selbst je gekonnt hätte.«
Sie blieb so lange stumm, dass er sich zu ihr umwandte und sie ansah. In ihren Augen lag ein gehetzter Ausdruck.
»Was?«, fragte er barsch. »Was ist los?«
Sie schluckte mehrere Male, bevor sie antwortete – ein sicheres Indiz dafür, dass sie riskieren würde, das Kind beim Namen zu nennen. »Du erzählst mir so viele Details, dass ich befürchte, du könntest planen …« Ihre Stimme erstarb.
»Dich umzubringen?« Ihre Aufrichtigkeit rührte ihn. »Jeder braucht einen Menschen, mit dem er offen sprechen kann, nicht wahr?«
»Natürlich«, erwiderte sie automatisch. »Aber – ist das wirklich klug? Diese neue Identität aufs Spiel zu setzen, nur um Connor McCloud dafür zu betrafen, dass er …«
»Wage es nie wieder, meine Weisheit infrage zu stellen!« Er stand auf und begann sich anzuziehen. Tamara griff nach ihrer Bluse. »Nein«, sagte er. »Bleib so. Ich sehe dich gern nackt.«
Die Bluse fiel geräuschlos aus ihrer zitternden Hand.
Er schaute zu dem Computer. »Was hast du gemacht um diese Uhrzeit?«
»Ich habe McClouds Wagen überprüft«, erklärte sie. »Ich bekam einen Anruf von Marc. Die McCloud-Brüder sind heute wie Racheengel über Billy Vega hergefallen. Sie haben sich Cindy Riggs geschnappt und Vega als blutendes Bündel zurückgelassen.«
Er blinzelte. »Ah. Das ändert die Dinge.«
»Ja. Darüber hinaus scheint McCloud deine Pläne mit Barbara Riggs zu unterlaufen. Sie hat sich wieder im Griff. Und zwar so fest, dass sie sämtliche Fenster von Vegas Auto mit McClouds Krücke eingeschlagen hat.«
Er fing an zu lachen. »Das kann nicht dein Ernst sein.«
»Ich schwöre. Er ist gerade im Haus der Riggs. Unsere Videokameras vor Ort haben ihn aufgezeichnet, als er sich die Treppe hochschlich, um mit Erin zu spielen.«
Er starrte aus dem Fenster, während er sein Hemd zuknöpfte, und ließ seine Pläne neue Richtungen einschlagen. Barbara und Cindy Riggs’ Schicksale waren ohnehin besiegelt, ein paar Tage mehr oder weniger spielten da keine Rolle. Aber diese Neuigkeit über Billy Vegas’ Demütigung brachte ihn auf eine amüsante Idee, die die ganze Sache extrem beschleunigen könnte. »Bestell Georg her, Tamara«, verlangte er.
Sie suchte auf dem verwüsteten Schreibtisch nach ihrem Handfunkgerät und drückte die Sprechtaste. »Georg? Der Boss möchte, dass du in mein Büro kommst.« Sie unterbrach die Verbindung und griff nach ihrem Rock.
»Nein«, sagte er seidenweich. »Bleib, wie du bist.«
Ihr Dauerlächeln erstarb. Das tat es in letzter Zeit immer häufiger.
Als Georg das Büro betrat, schnappte sie nach Luft. Sie war so fassungslos, dass sie darüber ihre Nacktheit vergaß. Georg hatte sich Kopfhaar und Augenbrauen abrasiert und die Wimpern rausgezupft. Blaue Venen schlängelten sich über seinen kahlen Schädel, und seine blauen Augen glänzten fiebrig in tiefen, blutunterlaufenen Höhlen. Er sah aus wie ein Ghul, wie eine abscheuliche Kreatur, die aus der Kanalisation gekrochen war.
Der Mann, der nicht länger Novak war, nickte anerkennend. »Wie ich sehe, hast du meine Anweisungen befolgt. Hast du ein Körperpeeling gemacht?«
»Dreimal täglich«, erwiderte Georg. »Genau wie du gesagt hast. Ich bin bereit.«
Novak umarmte Georg und küsste ihn auf beide Wangen. »Ausgezeichnet. Du bist ein mordgieriger, loyaler Jagdhund, und heute Nacht wirst du frisches Blut bekommen.«
Nachdem er ihm erklärt hatte, was später an diesem Abend von ihm erwartet wurde, drehte Georg sich zu Tamara um. Er bleckte seine vernarbten Lippen, sodass seine demolierten Zähne sichtbar wurden, und musterte sie von oben bis unten.
»Wenn ich zurück bin, werde ich Sex wollen«, verkündete er.
Der Mann, der nicht länger Novak war, zuckte mit den Achseln. »Kein Problem«, entgegnete er. »Du wirst ihm seinen Wunsch selbstverständlich gern erfüllen, nicht wahr, Tamara?«
Sie zögerte, und zwar länger als gewohnt. »Selbstverständlich«, echote sie mit matter Stimme.
Kaum dass Georg gegangen war, näherte er sich ihr wieder. Tamaras Lächeln war eine Herausforderung. Sie
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