In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
veränderte sich, und eiskalte Luft strich um ihren Körper, als sich ihr Arbeitgeber zu ihr auf die Treppe gesellte. Er zog seine verstümmelte Hand aus der Hosentasche und legte sie an ihr Gesicht. Er hatte die Prothese abgenommen, wie er es immer tat, wenn sie allein waren und er sie berühren wollte. Sein Daumen und sein einer intakter Mittelfinger umschlossen ihren Hals. Er schob den hohen chinesischen Kragen des Seidenkleids beiseite, das sie gewählt hatte, um die Blutergüsse an ihrem Hals zu verbergen. Mit der Fingerspitze fand er ihren Puls und fühlte, wie er sich beschleunigte. Gefahr war schon immer ihr wirksamstes Aphrodisiakum gewesen, doch diese rasante Beschleunigung hatte nichts mehr mit sexueller Erregung zu tun. Dieser Punkt war längst überschritten. Verloren in den Tiefen der toxischen, ausgedörrten Ödnis purer Angst.
»Alles ist arrangiert, nehme ich an.« Es war keine Frage. Wäre die Antwort ein Nein gewesen, hätte sie ihr Leben schon jetzt verwirkt.
Tamara nickte. »Der Peilsender an McClouds Wagen zeigt, dass er an einer Tankstelle in der Nähe von Erins Apartmenthaus parkt. Er wartet dort auf sie.«
»Und sie trägt noch immer das Kleid. Herausgeputzt für das finale Drama. Eine hübsche kleine Dreingabe. Diese Episode dürfte noch ein wenig pikanter werden, als ich es mir erhofft hatte. Möchtest du dir die Vorstellung mit mir ansehen?«
Sie hörte den unbedingten Befehl in seinen höflich formulierten Worten. »Natürlich«, murmelte sie. »Wie könnte ich da widerstehen?«
Ja, wie nur? Die Stimmen in dem abgeschotteten Teil ihrer Seele heulten in verbitterter Belustigung auf. Sie hatte sich die gleiche Frage schon die ganze Woche gestellt.
»Komm«, sagte er. Er nahm die Hand von ihrem Hals und bedeutete ihr, ihm den Gang entlang zum Videoraum voranzugehen.
Er kehrte ihr niemals den Rücken zu, niemals. Es war wirklich verblüffend. Er musste spüren, dass sie ihn töten wollte, trotzdem hatte er ihr seine brisantesten Geheimnisse anvertraut. Sie wunderte sich, dass er sie nicht längst umgebracht hatte. Vielleicht sparte er sie für eine besondere Gelegenheit auf.
Sie betraten den Videoraum mit seinem riesigen Wandmonitor. Novak setzte sich davor auf die Couch, wo er mit einigen Mausklicks Erin Riggs’ dunkles, stilles Apartment auf dem Bildschirm auftauchen ließ. »Es ist beinahe eine Verschwendung«, sinnierte er.
»Was ist eine Verschwendung?« Tamara war geübt darin, ihm die entsprechenden Bälle zuzuspielen, um ihn bei Laune zu halten. Er hörte sich gern reden.
»Sie ist außergewöhnlich. So wahrhaft unschuldig. Es überrascht mich, dass dieser wertlose Abschaum Edward Riggs eine solch ungewöhnliche Tochter zustande gebracht hat. Dazu ist sie noch schöner, als ich dachte, allerdings vermute ich, dass das zum Teil deiner Genialität zu verdanken ist, meine Liebe.«
»Ich versuche, mich nützlich zu machen«, erwiderte sie.
»Tust du das?«, murmelte er. »Komm zu mir, Tamara. Mach dich nützlich.«
Sie setzte sich neben ihn. »Erin ist sehr intelligent. Sie wittert eine Falle.«
»Aber sie kann die Quelle ihrer Angst nicht orten. Sie traut ihren Instinkten nicht. Sie lässt sich von ihren eigenen Verhaltensmustern in die Irre leiten. Sie beharrt auf der Annahme, dass in dieser Welt Regeln gelten, die sie verstehen kann, und aus diesem Grund wird sie morgen zurückkommen, und zwar exakt zur vereinbarten Zeit, denn das verlangen ihr Pflichtbewusstsein und ihre Professionalität. Könnte sie aus ihrem geistigen Gefängnis ausbrechen, würde sie ihren Namen ändern und Hals über Kopf fliehen.«
»Nur dass ihr das nichts nützen würde«, bemerkte Tamara, um ihm zu schmeicheln.
Er lächelte, als er ihr Gesicht mit seinem verstümmelten Zeigefinger berührte. Seine Zähne wirkten unglaublich scharf.
»Ich bin in Versuchung, sie tatsächlich nach Paris mitzunehmen«, erklärte er. Seine Hand wanderte tiefer, berührte ihren Hals, ihre Brüste. »Ich würde gern Sex mit ihr haben. Ich glaube, es würde mich stimulieren, all diese reine, sinnliche Unschuld auszulöschen.«
Er nahm ihre Hand und legte sie auf die Ausbuchtung in seiner Hose. Tamara zwang sich zu lächeln. Jetzt konnte sie sich auf etwas gefasst machen. Erin hatte seine sadistischsten Instinkte geweckt. Sie versuchte hastig, ihn abzulenken.
»Sie hätte dich nie freiwillig begleitet«, gab sie zu bedenken. »Sie ist jetzt mit McCloud zusammen. Du hättest sie ködern müssen, bevor ihre Affäre
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