In Den Schatten Lauert Der Tod -1-
Sie würde bald schon Gefallen daran finden, und er würde ihr reichlich Gelegenheit zum Üben geben. Erster Punkt auf dem Lehrplan: Fellatio. Bradley hielt es für einen sagenhaft komischen Witz, dass sie das hohe Alter von einundzwanzig erreichen konnte, ohne je einem Kerl einen geblasen zu haben.
»Die Zeit ist reif, Baby, sie ist definitiv reif«, hatte er sie wissen lassen. »Lass uns eine Pizza bestellen. Sobald ich mich erholt habe, darfst du zu deiner Jungfernfahrt aufbrechen. Glaub mir, ich bin ein fantastischer Lehrer.«
Plötzlich überkam sie nachklingende Traurigkeit, und sie hatte sich entschuldigt und war heimgegangen, bevor er sich erholen konnte. Nach der vielen Propaganda sollte das alles gewesen sein?
Objektiv wusste sie, nicht nur wegen Bradleys stolzen Beteuerungen, sondern auch aus den Liebes- und Erotikromanen, die sie gelesen hatte, dass er technisch betrachtet kein schlechter Liebhaber war. Er hatte alles versucht, was ihm einfiel, um sie zum Orgasmus zu bringen. Er hatte ihren Brüsten ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt, allerdings hatte sie bei seinen Berührungen nur kitzelnde Irritation empfunden, wenngleich sie Verzückung geheuchelt hatte. Er hatte sie zwischen den Beinen stimuliert, konnte jedoch seine Ungeduld über ihre lahme Reaktion nicht verhehlen.
Eines Nachts dann hatte er sich auf den Rücken gerollt und ihr mitgeteilt, dass sie wirklich ein hoffnungsloser Fall sei, wenn nicht mal er sie zum Höhepunkt bringen könne. »Sorry, Baby. Sieh den Tatsachen ins Auge. Die Wahrheit wird dich befreien. Du bist zu verkrampft. Vielleicht würde Ecstasy dich lockerer machen. Lust, es zu versuchen?«
Sie hatte abgelehnt. Er war nach Harvard gegangen und hatte sich nie wieder bei ihr gemeldet, worüber sie erleichtert gewesen war. Und ihre Mutter enttäuscht.
Sicher zu wissen, dass sie eine sexuelle Niete war, hatte es ihr schwer gemacht, einen weiteren Versuch zu wagen. Ihr graute bei dem Gedanken, noch einmal dieses leere, beschämende Gefühl des Versagens empfinden zu müssen. Es war leichter, sich auf ihre Forschungsarbeit zu konzentrieren. Denn hier besaß sie die Sicherheit, dass sie tatsächlich gut war.
Sie hatte sich fast schon erfolgreich eingeredet gehabt, gut allein klarzukommen, als sie von der tödlichen Falle erfuhr, in die Connor getappt war. Er und Jesse waren einem Hinweis auf Novak gefolgt. Connor war gerade an Bord eines Schiffes gegangen, als es in die Luft geflogen war und ihn in die eisigen Gewässer der Meerenge geschleudert hatte. Er hatte Verbrennungen erlitten, sein Bein war zertrümmert worden. Bis endlich Hilfe eintraf und er herausgefischt werden konnte, war er schon ins Koma gefallen. Und Jesse tot.
Damals hatte sie mit einem einzigen harten, grausamen Schlag die Wahrheit erkannt: Sie liebte Connor McCloud. Es hatte sie keine Überwindung gekostet, ins Krankenhaus zu gehen und ihm vorzulesen. Der schwere Teil war gewesen, ihn dort jeden Tag so still und reglos zurückzulassen.
Als er das Bewusstsein endlich wiedererlangt hatte, war sie vor Freude außer sich gewesen, trotzdem hatte sie weiterhin gezögert, ihm ihre Gefühle zu gestehen. Es kam ihr unfair vor, einem Mann, der vor Schock und Trauer völlig neben sich stand und der dazu noch grauenvolle körperliche Schmerzen erdulden musste, ihre unreifen Sehnsüchte zu beichten. Wochen waren ins Land gegangen. Ihr Entschluss war ins Wanken geraten. Aus Wochen wurden Monate, und dann war Crystal Mountain über sie hereingebrochen. Novak, Luksch, ihr Vater, Connor und ein gnadenloser Tornado der Rache und des Verrats hatten ihr Leben in einen Trümmerhaufen verwandelt.
Seither hatte sie unermüdlich darum gekämpft, das alles hinter sich zu lassen. Nie hätte sie damit gerechnet, eine Chance wie diese zu bekommen und letztendlich doch noch herauszufinden, ob ihre erotischen Fantasien, die sie für Connor hegte, irgendeine reale Grundlage hatten. Niemand würde je davon erfahren, solange sie nicht darüber redete, und das würde sie nicht tun. Sie würde dieses Geheimnis, das so kostbar und qualvoll zugleich war, tief in ihrem Herzen verwahren. Dieses eine Mal würde die emsige, vernünftige, praktisch veranlagte Erin Riggs alle Vernunft über Bord werfen, um etwas Wildes und Verrücktes zu tun.
Wieder warf sie einen heimlichen Blick auf sein Profil. Er ertappte sie dabei, und sie guckte errötend weg. Allein schon Connors Küsse erregten sie mehr als alles, was Bradley je versucht hatte.
Ihr Leben
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