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In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition)

Titel: In den Spiegeln (Teil 1, 2 & 3) - Die dunkle Stadt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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eingewickelt in ein Tuch. Sie besaß eine kleine rechteckige Öffnung, die mit Glas ausgelegt war und eine große, runde Taste. Drückte man auf diese Taste, leuchtete das viereckige kleine Glas auf und das Gerät begann leise ein Geräusch zu erzeugen, das regelmäßig verstummte und wiederkam. Heute würde man wohl von einem Piepsen oder einem Signal sprechen. Der Graf Tsarogy erklärte mir, ihm selbst sei nicht klar, was dieses geheimnisvolle Gerät bewirke und er hätte sich auch nie getraut, es gewaltsam aufzubrechen, da er befürchtete, es damit zu beschädigen. Er mochte ein seltsamer Kauz sein, doch er erkannte ein wahres Geheimnis, wenn er es in der Hand hielt. Auf dem leuchtenden Glas waren Zeichen zu sehen, die weder er, noch ich entschlüsseln konnten. Der Graf erzählte mir, er hätte festgestellt, daß sich die Natur des Geräusches in zweierlei Hinsicht verändert. Zum einen klingt das Geräusch an einigen Orten dieser Welt leiser und an anderen lauter. In Paris sei es recht leise und in London und Spanien fast unhörbar, während es in Venedig, München und in Berlin recht laut sei. Das andere merkwürdige war, daß das Geräusch nicht zu jedem Zeitpunkt gleich schnell klang. Seine Schlußfolgerung, die er mit langjährigen Meßexperimenten zu belegen glaubte, war, daß die Beschleunigung des Signals etwas mit der Zeit zu tun hatte und auf einen Zeitpunkt hinwies. Mit anderen Worten: an einem bestimmten Ort, zu einem bestimmten vorgesehenen Zeitpunkt, würde das Geräusch am lautesten und am schnellsten sein. Der Graf vermutete, es würde sich dann zu einem anhaltenden Ton verbinden, oder in einem sehr schnellen Stakkato vibrieren.

    Björn Randow: Weshalb würde er Ihnen etwas so wertvolles schenken?

    Athos: Nun, ich dachte zuerst - aus Dankbarkeit. Der Gegenstand war seltsam, aber es war kein Edelstein und es war kein Gold. Wie können Sie etwas als wertvoll einschätzen, wenn Sie nicht verstehen, was Sie in der Hand halten? Erst später begriff ich, daß der Graf sich seines Lebens nicht sicher war und dieses Objekt lieber in meine Hände legte, als es seine Häscher finden zu lassen. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich so verhielt, aber es ist die einzige Erklärung, die Sinn ergab.

    Björn Randow: Was dachten Sie, daß es ist?

    Athos: Ich konnte mir darauf keinen Reim machen. Noch nie zuvor hatte ich einen solchen Gegenstand gesehen und ein derartiges Material in meinen Händen gefühlt. Und auch wenn der Knopf nicht gedrückt wurde und ich lediglich mein Ohr gegen die schwarze Hülle presste, hörte ich gelegentlich ein leises, fast unhörbares Summen, während meine Wange die leichte Wärme spürte... Nun, ich mochte Abenteuergeschichten. Als der Graf dann eines Tages verschwunden war, ohne ein Wort des Abschieds und ich einen Marschbefehl in eine Kaserne in Schlesien bekam, wußte ich, daß meine Armeezeit zu Ende war...

    Björn Randow: Aber was geschah mit dem Graf?

    Athos: Erst viele Jahrzehnte später begriff ich, daß der Mann, der sich Graf Tsarogy nannte, einer der größten Hochstapler unserer Geschichte war. In Bayern und in Preußen tauchte er später noch öfter auf, unter den Namen Prinz Rakoczy II. von Transylvanien oder Graf Weldon, während er in Frankreich und Italien unter dem Namen Graf de Saint-Germain und in England als Count Welldone bekannt wurde. Er reiste mit einem kleinen Koffer voller Edelsteine und Gold, da es bei seiner seltsamen Profession nützlich war, mobil zu bleiben und ließ kaum eine Gelegenheit aus, den Leuten zu erzählen, er hätte das Gold und die Brillanten künstlich nach alten alchemistischen Rezepturen hergestellt. Als ich ihn traf, hatte er den Zenit seiner Karriere als der erfolgreichste Con Artist (wie es doch die Amerikaner nennen) des 18. Jahrhunderts bereits überschritten. Er schien die meiste Zeit auf der Flucht zu sein und die Anzahl der Leute, denen er ganze Vermögen schuldete und die ihm in aller Diskretion auf den Zahn fühlen wollten, mochte immens sein.

    Björn Randow: [lacht] Sie meinen, Sie haben den Graf Saint-Germain getroffen?

    Athos: Das ist richtig. Der Eindruck, den er auf mich machte, entsprach nicht jenen Lobpreisungen, die man im Rokoko auf ihn verfasste...

    Björn Randow: Richard Chanfray erzählt da eine ähnliche Geschichte wie Sie...

    Athos: Nun, ich halte Richard Chanfray für einen Hochstapler.

    Björn Randow: Aber Sie behaupten ebenfalls, Saint-Germain getroffen zu haben.

    Athos: Ja, aber Saint-Germain war

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