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In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn

Titel: In den Spiegeln - Teil 2 - Evelyn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ales Pickar
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in die Gläser und füllte mit Orangensaft nach.
    In einer Ecke des Raums entdeckte ich das Schwert. Es lag in einer schwarzen Halterung aus lackiertem Holz auf einem kleinen Tisch, zusammen mit dem kürzeren Bruder, der ebenfalls in einer karminroten, verzierten Scheide steckte.
    Sie war inzwischen wieder ins Wohnzimmer gekommen und beobachtete mich.
    »Am längsten mache ich aber Kendo«, sagte sie. Ich entdeckte neben dem Schwert einen Korb auf dem Boden, in dem sich fünf oder sechs Holzschwerter befanden. »Ich habe mit vier Jahren angefangen. Ich war schon als Kind nicht schmächtig genug fürs Ballett.«
    Das hier war sicherlich einer dieser Augenblicke, an dem die Regeln des Dramas von mir verlangten, dass ich mich lächerlich machte, das Schwert in die Hand nahm, es aus seiner roten Scheide zog, um damit albern herumzufuchteln — bis sie es mir wieder abnahm und mich auf meinen Platz wies. Doch nach dieser Regel wollte ich nicht spielen. Meine Hände zitterten noch, so dass ich mir vermutlich nur die Halsschlagadern durchgeschnitten hätte. Ich konnte mir auch denken, wie besessen die Besitzerin eines derartigen Schwerts ist. Ich wollte das Ding unter keinen Umständen anfassen!
    Auf einem kleinen Arbeitstisch sah ich geschmackvolles Papier und einige kleine Behälter mit Tinte oder Tusche, sowie Pinsel. Das Papier verriet höchste Schönschreibkunst und einige Blätter waren sogar mit japanischen oder chinesischen Texten beschrieben. Tina war erstaunlich.
    Wir gingen in die Küche, die vollkommen funktional und schmucklos war, als lebte hier gar niemand. Wie diese Ausstellungsräume bei IKEA. Wären da nicht ein paar Teelöffel im Spülbecken und unzählige Krümel rund um den Toaster gelegen, hätte man meinen können, sie sei vollkommen unbenützt. Tina musste eine sehr penible und reinliche Frau sein. Nicht gerade kompatibel für mich. Ich dachte kurz an Evelyns ausgeprägten Sinn für eine gewisse punkige Unordnung.
    Wir setzten uns hin. Ich blickte durch die Küchentür und sah mich selbst im Spiegelbild der Wohnzimmerwand. Der Schock der vergangenen Minuten legte sich langsam. Ich spürte noch den Schmerz in meiner Brust, doch es war nur ein oberflächliches Pochen, nichts das von innen stach. Es mochte in einigen Stunden vergehen.
    Wir stießen an.
    »Auf deine Fähigkeiten«, sagte ich langsam. »Ich habe dir viel zu verdanken.«
    Ich versuchte vor ihr zu verstecken, dass meine Hände noch immer zitterten, und nahm rasch einen Schluck. Es war der dünnste Screwdriver , den ich je gekostet hatte. Doch ich schätzte, man wurde nicht so schnell wie sie, indem man sich mit Alkohol zuschüttete oder kiffte.
    Ich beobachtete sie neugierig. Sie hatte kräftige Brüste und starke Schultern. Ihr langes Haar war schwarz und streng zusammengebunden. Doch nicht am Nacken, wie die meisten Pferdeschwänze, sondern am Hinterkopf. Sie erschien mir wie eine hunnische Prinzessin. Wie Black Canary . Wie ein verdammt feuchter Traum. Ihre Gesichtszüge waren weich und feminin — nur ihre Augen strahlten eine seltsame Härte aus. Das genaue Gegenteil von Evelyn.
    »Ich kenne nicht einmal deinen Namen«, fiel mir ein.
    »Tina«, sagte sie, lächelte und reichte mir die Hand.
    »Ich bin Marek. Eigentlich Jan-Marek.«
    Ich gab mich nonchalant. Doch sie konnte sehen, dass ich immer noch durcheinander war. Sie sah durch mich hindurch.
    »Ein Riss in der Zeit...«
    »Wie?«
    »Mir kam es vor wie ein Riss in der Zeit«, erklärte sie. »Als ich in die erste Schlägerei hineingeriet, ging es mir genauso. Ich hatte einen gebrochenen Finger, drei angeknackste Rippen und zwei Zähne verloren. Ich zitterte wie ein gehetztes Tier. Und dabei hatte ich mich zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre auf diesen Augenblick vorbereitet.«
    »Es ist seltsam«, sagte ich. »Ein Teil von mir ist ok. Ganz normal. Hey, es ist passiert. Jetzt habe ich es hinter mir. Aber ein anderer Teil von mir ist noch immer da, in diesem Scheinwerferlicht, und kommt nicht weg.«
    Ich blickte verlegen auf meine Hände.
    »Wer waren die Typen?«
    »Ich weiß es nicht. Die wollten mich ausnehmen«, log ich. »Hast du den einen...?«
    Sie lächelte. »Nein. Aber seine Nase braucht einige Korrekturen.«
    »Er musste doch viel stärker sein als du.«
    »Er war garantiert viel stärker. Ich werde ihn anrufen, wenn ich mal wieder umziehe«, sagte sie und lachte.
    »Du warst schneller...«
    »Ich war schneller, aber schneller gegen stärker ist keine Garantie für den

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