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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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ließ. »Die Unterhaltung war außergewöhnlich positiv, aber ich muß mich meinen normalen Pflichten widmen. Nochmals viel Glück. Unsere verehrte Sphärenschwimmerin wird Ihnen auch weiterhin zur Seite stehen.«
    »Danke«, sagte Clay knapp und stand ebenfalls auf. Tasche schwebte näher. »Wir gehen sofort zur IMFG«, wandte sich Clay an Marita. »Ohne uns anzumelden. Wo hat das Institut seinen Sitz?« Unbezähmbarer Tatendurst lenkte seine Schritte eilends zum Ausgang von Jambavats artifizieller Tropfsteinhöhle. Marita und Tasche schlossen sich an.
    »In der Lokation Timarchia«, erteilte Marita Auskunft. »Dort haben sich alle Einrichtungen und Personen niedergelassen, die sich mit Finanzangelegenheiten befassen oder sich aus irgendwelchen Gründen dafür interessieren.« Sie lächelte. »Timarchia ist so, wie ich mir immer die Erde vorgestellt habe. Nichts als Hast und Gier.«
    »Na«, rief Clay, um sie zu ärgern, »dann werde ich jetzt vielleicht einmal etwas auf der Venus kennenlernen, das mir gefällt.«
    Die Blicke, die Marita ihm zuwarf, während sie im Verwaltungskomplex des Sozialbüros einen langen Korridor durchmaßen, schienen aus einem Blitzwerfer zu kommen.
     
    Die Sphärenschwimmerin bestand darauf, sich vor dem Besuch bei der IMFG abermals umzuziehen, und Clay hatte nichts dagegen; er nutzte die kurze Verzögerung, um Tasche ein Test- und Kontrollprogramm einzugeben. Das Resultat des Durchlaufs stellte ihn zufrieden: Tasche war frei von allen fremden Manipulationen und fremdverursachten Defekten.
    Eine mehrspurige Tempopiste verband die Mehrheit der Venus-Lokationen mit den peripher gelegenen Sektoren Ökonomik-Ultraplus und Timarchia. Die Lokation Ökonomik-Ultraplus umfaßte einen beträchtlichen Teil der venusischen Industrie und machte die Venusier in der Produktion von Bedarfsgütern und technischen Erzeugnissen weitgehend autonom, erlaubte sogar einen Jahr um Jahr anwachsenden Export zur Erde, zu den lunaren Kuppelstädten, den sonnennahen Satellitenhabitaten und den marsianischen Algenkolchosen.
    Diesmal benutzten sie für die Fahrt einen protzigen Luxusgleiter des Modells Mercedes Condor mit Autopilot, runder Salon-Fahrgastkapsel mit Panoramasicht, Servothek, dem Datenfunk angeschlossenem Computersystem und sensoraktiv reguliertem Abwehrfeld. Der Autopilot sandte ein permanentes Prioritätssignal aus, das die Bordcomputer anderer Fahrzeuge zum rechtzeitigen Freigeben der Piste veranlaßte. Clay mußte gestehen, daß er mit noch keinem gebräuchlichen individuellen Bodentransportmittel eine so schnelle, bequeme und zügige Beförderung erlebt hatte.
    Ökonomik-Ultraplus bereitete ihm die bis dahin größte Überraschung auf der Venus. »Ich dachte, hier sind die Fabriken?« meinte er äußerst erstaunt und starrte rundum. Zu beiden Seiten der Tempopiste gab es nichts als ausgedehnte Parkanlagen, von riesigen Fensterflächen durchzogene Terrassenbauten und üppige Biotope zu sehen. In größeren Abständen ragten umfangreiche, völlig von Kletterpflanzen bewucherte Säulen bis zur zirruswolkenähnlich beschichteten Decke der Lokation empor.
    Marita sah ihn an, als sei er nicht bei Verstand. »Die Produktionsstätten liegen selbstverständlich unter der Lokation. Die Bewohner von Ökonomik-Ultraplus sind zwar produktionssüchtige Effizienzfanatiker, aber natürlich wohnen und leben sie nicht in denselben Räumen, wo ihre Industrieroboter die Arbeit verrichten.«
    »Verstehe«, sagte Clay matt. Welch ein Kontrast zu den höllischen Knochenmühlen in der Tiefstadt von Metrocago, dachte er betroffen. Er hatte hier eine Miniaturausgabe der dortigen Verhältnisse erwartet: drangvolle Enge, Dreck über Dreck, schlechte Luft, Unsicherheit, Mord und Totschlag, ans Bestialische grenzende Verkommenheit. Nie war er dazu imstande gewesen, sich unter dem Oberbegriff Industrie etwas anderes vorzustellen. »Und wozu dienen diese Säulen?«
    »Das sind die Emissionsschächte. Alle industriellen Abfälle und Abgase werden, soweit sie nicht recycelbar sind, an die Oberfläche geleitet, ohne daß ein Mensch damit in Berührung kommt.«
    Beeindruckt nickte Clay. So etwas hatte er bereits vermutet.
    »Wünschen Sie ausführlichere Daten über die Lokation Ökonomik-Ultraplus, Comptroller?« fragte Tasche nach.
    »Nein«, antwortete Clay. Er spürte, wie ihm das Blut in die Wangen schoß, als Marita zärtlich seinen Oberschenkel tätschelte. »Äh ... jetzt bin ich aber wirklich im Dienst«, stellte er mit

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