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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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Grenzfall der endogenen Psychose und eine spezielle Schizophrenieform ist die Paranoia ...«
    Durch den Kristallkubus geisterten Holo-Projektionen vom Mienenspiel Geisteskranker; ein aufgedunsenes oder eingefallenes, unweigerlich entstelltes Gesicht reihte sich ans andere, ein Grimassieren löste das andere ab. Die unerbetene Schaustellung widerte Clay an. Psychoterror, dachte er. Sonst nichts.
    »Ich weiß nicht, was Sie mit alldem beweisen wollen, de Fumure«, sagte er leise.
    Der Generaldirektor widmete ihm nur einen flüchtigen Blick, ohne zu antworten, bevor er weiter den Projektionskubus anstarrte, als habe er noch nie so faszinierende Bilder gesehen.
    Plötzlich merkte Clay, daß Tasche ungewohnt laut summte. Das gewöhnlich eher unterschwellige Betriebsgeräusch des Koffers mußte in den letzten Minuten angeschwollen sein, ohne daß es ihm aufgefallen war. Im gleichen Moment meldete sich Tasche erneut über das Kontaktertransplantat.
    »Comptroller, die Biopositroniken verfügen über eine ungefähr zwanzigmal größere Transferkapazität als ich, und sie setzen sie voll ein. Die Folge ist, daß ich einen bestimmten Anteil transferierter Daten so schnell löschen muß, wie ich neue speichere. Ich habe diese Arbeitsweise moniert, aber die Biopositroniken reagieren nicht. Zweifellos ist darin ein Sabotageakt zu sehen, der zum Ziel hat, eine lückenlose und geordnete Speicherung der Daten zu verhindern oder gar meine Lahmlegung zu verursachen. Ich kann nicht mehr sehr lange an dem Transfer teilnehmen, ohne daß das Risiko meiner Überlastung mit Kurzschlußgefahr besteht. Soll ich den Transfer beenden?«
    Clay dachte nach. Die Aussicht, möglicherweise eine Zeitlang auf Tasche verzichten zu müssen, behagte ihm keineswegs, doch stand außer Frage, daß es sehr wichtig war, an Daten der IMFG zu kommen; bei den buchungstechnischen Manipulationen konnten durchaus – auch wenn sie Programmierer vorgenommen hatten, die Meister der Computerkriminalität waren – Kleinigkeiten außer acht gelassen worden sein, die ihm, dem erfahrenen Comptroller, wertvolle Hinweise lieferten.
    Kaum merklich schüttelte er den Kopf und verließ sich darauf, daß Tasches hochempfindliche Sensoren die Verneinung wahrnahmen.
    »... wird von einem Systemwahn gesprochen. Das allgemeine Denken, Handeln und Trachten des Paranoikers bleiben in vollem Umfang erhalten, wogegen er bezüglich der Vorstellungen, die aus seinem Wahnsystem resultieren, völlig kritiklos ist und die äußerste Uneinsichtigkeit zeigt. Die häufigsten Wahnsysteme sind Größen-, Verfolgungs-, Liebes- und Eifersuchtswahn. Das Auftreten und chronische Fortschreiten der Erkrankung ...«
    Ich muß diese Provokation durchstehen, dachte Clay. Der Kerl will mich zu Aggressionen verleiten, damit sein Killer-Golem einen Vorwand hat, mich zur »Verteidigung« abzumurksen. Aber nicht mit mir. Seine zusammengebissenen Zähne bildeten ein wie versteinertes Ganzes. Das alles hat in Wirklichkeit überhaupt nichts mit mir zu tun, dachte er. Ich brauche mich nicht provozieren zu lassen.
    Besorgt lauschte er dem irregulären Summen Tasches. War das Risiko noch länger tragbar? Mußten seine Erfolgsaussichten ohne Tasche nicht vollends schwinden? Nervös ruckte Clay an den Knöcheln seiner Finger.
    »Comptroller.« Selbst in der Übertragung durch das Kontaktertransplantat konnte Clay der Computerstimme Tasches gewisse Anomalien anmerken. Die Elektronik war eindeutig an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. »In meinen Schaltkreisen entstehen durch Transfer-Rückkopplungen bedingte, oszillierende Wanderwellen. Es ist jeden Moment mit ernsten Defekten zu rechnen. Darf ich den Transfer einseitig beenden?«
    Trotz Tasches deutlicher Warnung blieb Clay unschlüssig. Bei den Kugelblitzen Merkurs, was sollte ein Comptroller ohne Daten anfangen? Notfalls mußte Tasche eben umgehend repariert werden.
    »... eine Begutachtung der in Aktionssegmente zergliederten Verhaltensweise von Comptroller Claybourne Schuster Dalmistro anhand des durch die Psychopathologische Datothek des Venusischen Kriminalarchivs erarbeiteten Kriterienkatalogs ...«
    Tasches Gesumme nahm eine erratische Qualität an. Plötzlich gewann Clays Beunruhigung die Überhand. »Es reicht, Tasche«, sagte er mit gedämpfter Stimme.
    Das Summen sank schlagartig herab. Gleich darauf erlosch an der Computerwand der düsterrote Schimmer des Laserrubins. Erleichtert schlug Clay die Beine übereinander. Allem Anschein nach hatte de

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