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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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die er für sich ganz allein tun mußte.

9. Kapitel
     
     
    Vom Rande der ausgedehnten, siebzig bis achtzig Meter tiefen Baugrube aus beobachtete Clay die Fluoreszenz-Schriftzüge, die durch das riesige, kugelförmige Holo-Projektionsfeld wanderten, ein Info-Service Föderatus' für die Arbeiter, die in dem Loch die ununterbrochene Abraum- und Ausschachtungstätigkeit der Maschinen überwachten. Eine neue Lokation entstand.
    * terri-comptroller dalmistro geht aufs ganze * sdj anberaumt schwere vorwürfe gegen johannitus edmond de herbignac, oberhaupt der seligen sphäre der esper-energeten, und cuno de fumure, generaldirektor der imfg * steuerhinterziehung * betrug * ›indirekter mord‹ in bislang ungeklärter zahl von fällen * bildung einer okkult-kriminellenvereinigung * organisierte erbschleicherei * de herbignac angeblich am ausflippen * akim halberstadt, konzilsseliger der energeten-sphäre, erhebt bei justiz-org gegen dalmistro klage wegen hausfriedensbruchs, nötigung und körperverletzung * de fumure reicht bei justiz-org computer-psychalyse dalmistros ein angeblich sozialer risikofaktor eins *
    Claybourne lachte vor sich hin. »Anscheinend habe ich diese Lumpen doch noch aus der Ruhe gebracht«, rief er der Ribeau zu, die hinter ihm im Fahrzeug saß und dem Text keinen einzigen Blick widmete. Sie verhielt sich verschlossen wie eine Muschel und wortkarg wie ein Golem.
    * wie soeben das sozialbüro mitteilt, haben diese maßnahmen hinsichtlich der sdj keine aufschiebende wirkung * sozialkoordinator jambavat verneint interventionsrecht * justiz-org tritt zur beratung zusammen, um den terminus ›indirekter mord‹ zu definieren *** nachfolgend neue kurzmeldungen * apologetenkünstlerin tussi unterschmeissel (genannt ›venusspalte‹) lehnt preis der lokationen für größte künstlerische verirrung des standardjahres ab * über 4000 verhaftungen bei tiefstadt-demo in metroshington, terra * im asteroidengürtel wird die space-dschunke ›shuangyashan‹ vermißt, die seit ...
    Zufrieden wandte sich Clay ab und stieg zurück in den Wagen. Der Termin für die Sankt-Damokles-Justiz war in knapp einer Stunde. Es gab kein Zurück mehr, weder für ihn noch für seine beiden Kontrahenten. Yama Jambavat hatte zugesichert, für einen ordnungsgemäßen Ablauf zu sorgen.
    Im Wagen sah Clay, daß Marita die Nachrichten auf einem kleinen Monitorschirm am Armaturenbrett sehr wohl verfolgt hatte. Sie schaltete den Monitor ab, ehe sie das Fahrzeug – ein schlichtes Standardmodell, denn der Luxus-Gleiter war nur für den Besuch bei der IMFG in der Lokation Timarchia zur Verfügung gestellt worden – wieder anwarf. Vorsichtig steuerte sie ihn mit geringer Geschwindigkeit die noch unfertige Tempopiste entlang.
    »Wie ist dir eigentlich zumute?« fragte sie mit gepreßter Stimme, ohne Clay anzuschauen.
    Um ihre unübersehbar gereizte Stimmung nicht zu verschlimmern, bemühte er sich um Unbekümmertheit. Er war sich durchaus dessen bewußt, daß die Spannungen zwischen ihnen jetzt möglicherweise stärker waren als am Anfang ihrer Bekanntschaft. Aber er fühlte sich überfordert, sich jetzt auch noch damit auseinanderzusetzen.
    »Wie vor einem großen Ereignis«, erwiderte er, sich darüber im klaren, daß er mit dieser Antwort auswich. Doch er log nicht. Sein Daseinsgefühl hatte die Eigenschaft ausgesprochener Unwirklichkeit angenommen, die aus dem Wissen um den allesentscheidenden Charakter der bevorstehenden Konfrontation resultierte.
    »Dich einer derartigen Lebensgefahr auszusetzen, war überflüssig«, entgegnete Marita trotzig. »Wir hätten andere Mittel und Wege gefunden, um den Schurken das Handwerk zu legen.«
    »Man findet immer Gründe für alle möglichen bequemen Drückebergereien. Das nächste Attentat auf mein Leben hätte sowieso nicht mehr lange auf sich warten lassen. Mein Leben war schon oft in Gefahr, auch hier auf der Venus, wo's angeblich so friedlich zugeht.« Er musterte sie von der Seite, bestürzt von der starken Ausdruckslosigkeit ihres Profils. »Warum kannst du meine Entscheidung nicht akzeptieren, so wie Jambavat sie akzeptiert hat?«
    Es ist eine andere Frage, die ich ihr wirklich stellen müßte, dachte er, während sie schwieg. Sie lautet: Was willst du von mir? Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig. Es kann zwischen uns keine dauerhafte Verbindung geben. Doch ihm fehlte – vielleicht nur unter dem Druck der gegenwärtigen Situation – der Mut zu soviel Offenheit.
    »Ich akzeptiere

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