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In den Städten, in den Tempeln

In den Städten, in den Tempeln

Titel: In den Städten, in den Tempeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Horst & Brandhorst Pukallus
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bedeckte das Gesicht mit den Händen. »Mein persönliches Problem, Mr. Dalmistro«, hörte er Jambavat sagen, »bestand darin, daß ich mit leidenschaftlichem Zorn erfüllt war, sogar mit Haß, gerichtet gegen Elemente, die auf unserer dem Frieden geweihten Venus den betrügerischen Weg des Obskurantismus und Okkultismus gehen, um ihre unersättliche Gier zu stillen.«
    »Man muß Ihnen zugute halten, daß man's Ihnen nicht angemerkt hat«, versicherte Clay nahezu entkräftet.
    »Wie hätte ich im Zustand einer solchen inneren Schwäche zum Handeln schreiten können? Aber die letzten Stunden meiner Meditation haben meine Konflikte zu einem Kulminationspunkt geführt und mir zur Überwindung des erfolgsabhängigen Trachtens verholfen. Ich hege kein Verlangen mehr nach der Frucht meines Handelns, und daher werden meine Werke mich nicht beflecken. Jetzt kann ich handeln.«
    Clay schaute Marita an, sah sie beinahe glücklich lächeln und heftete seinen durch ein gelindes Schwindelgefühl getrübten Blick erneut auf den Sozialkoordinator. Sind diese Begebenheiten Wirklichkeit, überlegte er, oder durchlebe ich die neosurrealistischen Hirngespinste eines Traums? Bin ich womöglich tatsächlich paranoid? Bin ich vielleicht ein Schizo, der irgendwo auf der Erde in einem Hotel zum Schwachen Geist festsitzt und sich all diese abenteuerlichen Erlebnisse auf einem anderen Planeten nur zurechtfabuliert?
    »Habe ich Sie wirklich richtig verstanden, Mr. Jambavat?« versuchte er sich zu vergewissern. »Sie sind also nun bereit, etwas Konkretes zu unternehmen?«
    »Aber natürlich!« In Jambavats Augen stand heitere Erlauchtheit. »Verschaffen Sie mir das erforderliche Beweismaterial, und ich werde die gesamte Clique unverzüglich ausheben.«
    Noch immer vermochte Clay es kaum zu glauben. Er lehnte sich zurück und atmete tief durch. »Nun gut. Sie sollen es haben, Koordinator.« Er fällte einen Entschluß, obwohl er über die etwaigen Konsequenzen noch längst keine ausreichende Klarheit besaß. »Spricht irgend etwas dagegen, daß ich eine Aufforderung zur Anberaumung einer Sankt-Damokles-Justiz ergehen lasse?«
    »Clay!« Mit hartem Griff umfaßte Marita seinen Oberarm.
    Der Greis musterte ihn einen ausgedehnten Moment lang mit dem versteinerten Ernst eines Standbilds. »Schlagen Sie sich diese Idee aus dem Kopf, Mr. Dalmistro«, riet er mit mahnerischer Eindringlichkeit. »Es liegt mir fern, Ihnen Vorhaltungen machen zu wollen, aber meiner Ansicht nach fehlen Ihnen die Voraussetzungen für ...«
    »Es ist also möglich?« unterbrach Clay ihn halsstarrig.
    »Wie ich erwähnt habe, ist die Sankt-Damokles-Justiz seit Jahrzehnten nicht mehr praktiziert worden, aber es gibt kein Dekret über ihre Abschaffung ... Formell steht es noch heute jedermann frei, eine solche Herausforderung auszusprechen. Trotzdem muß ich Ihnen mit allem Nachdruck davon ...«
    »Es ist die einzige Chance.« Clay drosch eine Faust auf den Tisch.
    »Clay, du würdest in dein Unglück rennen, in den sicheren Tod«, warnte die Sphärenschwimmerin. »Die venusische Mentalität ist dir zu fremd. Dein Kontrahent könnte dich mit verbalen Tricks hereinlegen. Du bist ...«
    »Es muß sein«, beharrte Clay energisch.
    »Comptroller«, sagte Tasche, »wie verständlich Ihr Wunsch auch sein mag, den gegenwärtigen komplizierten Fall einer abschließenden Bearbeitung zuzuführen, dürfte darin meines Erachtens unter psychologischen Gesichtspunkten ein irrationales ...«
    Clay stand ruckartig auf. »Schluß mit dem Quatsch!« Er beugte sich über den Tisch und berührte den Sensor, mit dem Marita die Ergbarriere aktiviert hatte. Das Ergfeld erlosch, und Clay verließ mit drei raschen Schritten die Nische.
    »Comptroller«, rief Jambavat ihm ernsthaft erschrocken nach.
    »Clay!«
    »He, ihr zwei da!« Die beiden Freghel-Clowns verbeugten sich soeben zum Dank für den Beifall ihres Publikums. Das Klatschen und Johlen verstummte schlagartig, als man Clay hinter ihnen auftauchen sah. Das Paar stutzte und war vor Bestürzung wie erstarrt, als Clay jedem der beiden eine Hand auf die Schulter legte. »Hört zu, ihr Humbugshumoristen. Es gibt 'ne gewaltige Neuigkeit. Comptroller Claybourne Schuster Dalmistro fordert Cuno de Fumure, Generaldirektor der Interplanetaren Monetär- und Finanzstudiengemeinschaft und Johannitus Edmond der Herbignac, Hyperprotektor der Siebenten Seligkeit, zur Sankt-Damokles-Justiz heraus.« Er versetzte Pierrot und Harlekin einen schwachen Schubs.

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