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In den Waeldern des Nordens - V3

Titel: In den Waeldern des Nordens - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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über den Rand gleiten, setzte die Füße auf den ersten Felsvorsprung und wartete.
    Das Schluchzen kam langsam näher, aber endlich, nach manchem Stocken war es da, und er war sicher, daß es von keinem Manne des Sonnenlandes ausgehen konnte. Daher streckte er die Hand dem Laut entgegen, aber wo ein Kopf hätte sein sollen, fühlte er die Schulter eines Mannes, der sich auf die Ellenbogen stützte. Den Kopf fand er hinterher, nicht aufrecht, sondern herabhängend, so daß der Scheitel auf dem Boden des Ganges ruhte.
    »Bist du es, Tyee?« fragte der Kopf. »Denn ich bin es, Aab-Waak, hilflos und geknickt wie ein schlecht geworfener Speer. Mein Kopf liegt im Schmutze, und ich kann nicht ohne Hilfe hinunterklettern.«
    Tyee kroch hinein und lehnte ihn mit dem Rücken gegen die Wand, aber der Kopf hing auf die Brust herab und schluchzte und jammerte.
    »Ai-oo-o, ai-oo-o!« kam es. »Oloof hatte vergessen, daß Mesahchie auch das Geheimnis kannte, und sie hat es den Männern des Sonnenlandes verraten, sonst hätten sie nicht am andern Ende des Ganges gewartet. Und darum bin ich ein geknickter Mann und hilflos – ai-oo-o, ai-oo-o!«
    »Und starben sie, die verfluchten Männer des Sonnenlandes, am andern Ende des Ganges?« fragte Tyee.
    »Wie konnte ich wissen, daß sie warteten?« gurgelte Aab-Waak. »Denn meine Brüder waren vorausgegangen, viele von ihnen, und es war nichts von einem Kampf zu hören. Wie konnte ich wissen, warum es keinen Kampflärm gab? Und ehe ich es wußte, legten sich zwei Hände um meinen Hals, so daß ich nicht rufen und meine Brüder warnen konnte, die hinter mir kamen. Und dann legten sich noch zwei Hände um meinen Kopf und zwei um meine Füße. Auf diese Weise hielten die Männer des Sonnenlandes mich. Und während die Hände meinen Kopf festhielten, drehten die Hände um meine Füße meinen Körper herum, und der Hals wurde mir umgedreht, wie wir einer Wildente den Hals umdrehen. Aber es war nicht bestimmt, daß ich sterben sollte«, fuhr er mit einem schwachem Funken von Stolz fort. »Ich bin der einzige, der übrigblieb. Oloof und die andern liegen in einer Reihe auf dem Rücken, und ihre Gesichter sind hierhin und dorthin gedreht, und manche Gesichter sind dort, wo ihre Nacken sein sollten. Es ist kein schöner Anblick; denn als das Leben in mich zurückkehrte, sah ich sie alle beim Schein einer Fackel, die die Männer des Sonnenlandes zurückgelassen hatten, und ich war in eine Reihe mit den andern gelegt worden.«
    »So? So?« grübelte Tyee, zu verblüfft, um mehr sagen zu können.
    Es gab einen Ruck in ihm, und ihn schauderte, denn Bills Stimme ertönte aus dem Gange.
    »Es ist gut«, sagte sie, »ich suche den Mann, der mit gebrochenem Hals fortkriecht, und siehe, ich finde Tyee. Wirf deine Büchse von dir, Tyee, daß ich sie auf die Steine fallen hören kann.«
    Tyee gehorchte ohne Einwand, und Bill kroch ins Licht heraus. Tyee betrachtete ihn neugierig. Er war mager, mitgenommen und schmutzig, und seine Augen leuchteten wie glühende Kohlen in ihren tiefen Höhlen.
    »Ich bin hungrig, Tyee«, sagte er. »Sehr hungrig sogar!«
    »Und ich bin Schmutz zu deinen Füßen«, antwortete Tyee. »Dein Wort ist mir Gebot. Außerdem werde ich meinem Volke befehlen, dir keinen Widerstand zu leisten. Ich rate ihnen...«
    Aber Bill hatte sich umgedreht und rief in den Gang hinein: »He! Charley! Jim! Kommt her und bringt das Mädchen mit!«
    »Jetzt bekommen wir etwas zu essen«, sagte er, als seine Kameraden und Mesahchie sich ihm angeschlossen hatten. Tyee rieb sich entschuldigend die Hände. »Wir haben nur wenig, aber was wir haben, ist dein.«
    »Und dann wollen wir südwärts über den Schnee wandern«, fuhr Bill fort.
    »Möget ihr ohne Beschwer wandern, und möge der Weg euch leicht werden.« – »Es ist ein weiter Weg. Wir brauchen Hunde und Nahrung – viel!«
    »Du kannst unter unsern Hunden wählen und so viel Nahrung nehmen, wie sie ziehen können.«
    Bill ließ sich über den Felsrand gleiten und schickte sich an hinunterzusteigen. »Aber wir kommen wieder, Tyee. Wir kommen wieder, und unsere Tage werden lang sein hier im Lande.«
    Und so reisten sie in den ungebahnten Süden, Bill, seine Brüder und Mesahchie. Und als das nächste Jahr kam, lag »Search II« in der Mandellbucht vor Anker. Die wenigen vom Mandellvolke, die noch lebten, weil ihre Wunden sie gehindert hatten, in die Höhlen zu kriechen, begannen auf Befehl der Männer des Sonnenlandes zu arbeiten und in der Erde zu

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