In der Box: Wie CrossFit® das Training revolutionierte und mir einen völlig neuen Körper verlieh (German Edition)
früheren Räumlichkeiten dem wachsenden Kundenstrom nicht mehr genügt hatten. In den nächsten sechs Monaten verdoppelte sich die Mitgliederzahl. Viele traten dem Studio bei, kamen in Form und wurden daraufhin von ihren Freunden gefragt: »Wie hast du das geschafft?« Dann kamen auch sie vorbei und nahmen an einem Probetraining teil. Manchen war das Workout zu intensiv; sie tauchten nicht wieder auf. Für andere war es Liebe auf den ersten Blick und sie blieben dabei.
Ein Video, das auf einer Versammlung von Box-Inhabern in Big Sky, Montana, aufgenommen wurde zeigt Glassman bei einer Ansprache, in der er darauf hinweist, dass einige Studios einen enormen finanziellen Gewinn verbuchen konnten. »Es gibt Boxen, die im Jahr eine Million Dollar einnehmen«, sagte er. »Boxen, die über 100 000 Dollar im Monat umsetzen.«
CrossFit wächst trotz eines entscheidenden Negativ-Faktors: Es ist schlichtweg nicht jedermanns Sache. Ich habe oft miterlebt, dass Leute ein- oder zweimal zum Training kamen – aber dann nie wieder. Den einen gefiel die Gruppendynamik nicht, die anderen vermissten den meditativen Aspekt, den viele am Laufen, Radfahren oder Yoga schätzen. Andere wollten sich nicht in einem Studio aufhalten und lieber im Freien Sport treiben. All diese Gründe sind sehr gut nachvollziehbar. Das ändert aber nichts an der Tatsache, dass CrossFit eine begeisterte Anhängerschaft gefunden hat.
Mit diesem enormen Wachstum ist zwangsläufig auch ein Wandel verbunden. Schon zeichnen sich einige Veränderungen am Horizont ab. Wie wird sich beispielsweise der Einfluss kommerzieller Unternehmen auf CrossFit auswirken? Ändern sich die Zielgruppen durch den demografischen Wandel? Wird sich das System von lose miteinander verbundenen Filialen auf lange Sicht bewähren? Besteht die Gefahr, dass CrossFit mit der Zeit »verweichlicht«? Werden seine Grundsätze durch die gewaltigen Ausmaße untergraben, die dieses Phänomen mittlerweile angenommen hat?
Nach einer verregneten Woche stand ich am 28. April 2012, einem sonnigen Samstagvormittag, auf dem sandigen Asphalt des San Francisco CrossFit. Wenn ich mich nach Norden wandte, sah ich auf die Golden Gate Bridge, Marin Headlands und Crissy Field. In der entgegengesetzten Richtung erblickte ich eine Armada von Kränen und Bautrupps, die Doyle Drive auseinandernahmen, eine Hochstraße, die einst die Golden Gate Bridge mit dem Zentrum von San Francisco verbunden hatte. Der Lärm der Presslufthämmer und das Röhren der Dieselmotoren übertönte sogar noch die Rapmusik, die aus der Lautsprecheranlage des Studios dröhnte. Direkt neben einem der SFCF-Container auf dem Parkplatz absolvierte ich eine Reihe Burpees. Es war heiß und ich schwitzte, meine Hände waren schon wund von dem Asphalt. Bislang war der Frühling neblig und verregnet gewesen, doch an diesem Morgen lockte die Sonne besonders viele Mitglieder ins Freie.
Bevor ich mein Workout begann, beobachtete ich, wie die Bauarbeiter den Highway zerlegten. Der Coach, Angel Orozco, ein gebürtiger Einwohner von San Francisco, trug einen SFCF-Kapuzenpulli und eine Sonnenbrille. Er sah, wie ich in stummer Ehrfurcht das Geschehen verfolgte, und gesellte sich zu mir.
»Das«, sagte Angel mit einem breiten Grinsen und blickte dabei auf die Gruppe von Sportlern, die vor der Kulisse der Baustelle trainierten, »ist es, worum es bei CrossFit geht.«
Ich verstand sofort, was er meinte. Im Gegensatz zum Rest der Menschheit, der scheinbar nur darauf bedacht ist, durch den Kauf von Produkten oder Dienstleistungen sofortige Zufriedenheit, Unterhaltung und Wohlbefinden zu erlangen, war ich an einem Ort, der nur eines versprach: dass man bekam, was man investierte. Es gibt keine Geheimnisse. Jim Baker, ein CrossFitter der ersten Stunde, meint rundheraus, dass Glassman nichts Neues erfunden habe – sein Verdienst bestehe vielmehr darin, wirkungsvolle Übungen auf wirkungsvolle Weise zusammengestellt zu haben. Im Mittelpunkt stünden nach wie vor harte Arbeit, Schmerz und Opferbereitschaft, die allerdings durch ein hohes Maß an Gruppendynamik erträglicher gemacht würden.
Dieses Grundkonzept war in Glassmans ursprünglichem Studio in Santa Cruz entwickelt worden. Man brauchte keine Artikel in Fachzeitschriften zu lesen, um zu wissen, dass die Methode funktionierte. Die Sportler im Studio wurden schneller und stärker – und diese Fitnessaspekte waren empirisch messbar. Ihr Körperbau veränderte sich, bis sie aussahen wie
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