In der Brandung
saß am Tresen, neben einem Mädchen, das als Prostituierte arbeitete und Kunden zum Konsumieren animieren sollte. Sie gehörte zu den Leuten, mit denen ich mich angefreundet hatte, und wir tranken gerade etwas miteinander – es war ein flauer Abend für sie –, als ein Typ hereinkam, der aussah, als käme er aus einem Gangsterfilm.«
»Warum?«
»Dunkler Anzug, dunkles Hemd, dunkle Krawatte, ein goldenes Feuerzeug, das ein halbes Kilo wog, eine ein Kilo schwere goldene Uhr. Er sah aus wie eine Karikatur. Mit ihm kamen zwei Gorillas herein, seine Leibwächter. Auch sie Karikaturen. Der Typ meinte, er müsse mit mir reden. Das Mädchen – sie hieß Agnese, das weiß ich noch genau – kannte die Benimmregeln und verschwand, noch bevor er anfing zu reden. Der Typ und ich setzten uns also an einen Tisch im Separee – die Gorillas blieben draußen –, und er bestellte eine Flasche Champagner für dreihunderttausend Lire, um mich zu beeindrucken. Ein Hanswurst.«
»Was wollte er von Ihnen?«
»Er wollte wissen, woher ich so gut Spanisch konnte. Irgendjemand hatte mich mit einer Venezolanerin sprechen hören, die in dem Lokal arbeitete, und hatte es ihm erzählt. Ich machte eine vage Andeutung auf Südamerika und auf Geschäfte, die Spanischkenntnisse erforderten. Er sah mich aus seinen schlauen Augen an, als hätte ich genau das gesagt, was er von mir erwartet hatte. Er beglückwünschte sich selbst zu seiner Menschenkenntnis. ›Und was für Geschäfte machst du so in Südamerika?‹, fragte er mit dem Gesichtsausdruck von einem, der die Antwort schon kennt. ›Geschäfte, bei denen die wichtigste Regel lautet, dass man sich nicht einmischt‹, lächelte ich zurück und sah ihm dabei in die Augen.«
* * *
»Reg dich ab«, hatte der Typ gesagt. Er habe nicht respektlos sein wollen, sondern nur sehen, ob die Möglichkeit einer Zusammenarbeit bestand.
Es stellte sich heraus, dass er seinen Lebensunterhalt mit einem Prostituiertenring verdiente, daneben Geld verlieh und gelegentlich Kokain für die Kunden der Mädchen besorgte. Aber jetzt hatte er die Gelegenheit, in eine andere Liga aufzusteigen. Jemand hatte ihm vorgeschlagen, bei einem großen Kokaintransport mitzumachen. Er hatte gleich zugesagt und dann erst gemerkt, dass die Sache ein paar Nummern zu groß für ihn war, dass viel gefährlichere Leute beteiligt waren als die, die er gewohnt war, und er hatte Angst bekommen. Einen armen Teufel zusammenzuschlagen, der seine Raten nicht pünktlich bezahlte, das fiel in seinen Kompetenzbereich. Sich um die Mädchen zu kümmern, auf die sanfte Tour, wenn es ging, und auf die brutale, wenn es nötig war, das fiel auch in seinen Kompetenzbereich. Darin war er gut, ein Profi.
Aber bei den großen Nummern – und die, mit der er es jetzt zu tun hatte, war es tatsächlich, das wurde Roberto sehr schnell klar – wusste er nicht, wie man sich verhält. Und doch wollte er sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen.
Er hatte sich umgesehen, sich das Hirn zermartert, und am Ende war ihm dieser zielstrebige junge Mann eingefallen, den er beinahe jeden Abend irgendwo sah, der alle zu kennen schien und den Eindruck machte, als kenne er sich aus in gewissen Kreisen.
»Was genau willst du von mir?«, hatte Roberto ihn gefragt, um Zeit zu gewinnen. Er versuchte, ein bisschen mehr Tiefenschärfe einzustellen, und kam sich dabei vor wie jemand, der Seezungen fischen geht und plötzlich einen zwanzig Kilo schweren Tunfisch an der Angel hat. Und der diesen Tunfisch nun auch fangen will. Verdammt noch mal, natürlich will er ihn fangen, aber er befürchtet, dass die Angelschnur reißen könnte, wenn er zu fest daran zieht. Und deshalb bewegt er sich vorsichtig. Ganz vorsichtig. »Wenn ich dich recht verstehe – und meine Menschenkenntnis trügt mich so gut wie nie –, könntest du mir bei dieser Sache behilflich sein. Da braucht man Spanischkenntnisse, da muss man …«
»Behilflich? Du meinst, ich sollte dein Assistent werden?«, unterbrach Roberto ihn mit einem höhnischen Lächeln, in dem eine Spur Verachtung mitschwang. Langsam machte ihm die Rolle Spaß. Sein Gegenüber versuchte, den Faux-pas schnell wieder gutzumachen.
»Nein, entschuldige, ich meine, ich wollte nicht … ich wollte nur sagen, dass wir zusammenarbeiten könnten, als Partner.«
»Und woher soll ich wissen, dass du kein Bulle bist und das Ganze hier keine Farce, um mir eine Falle zu stellen?«
»Bulle? Ich? Frag doch herum, hier im Lokal oder irgendwo
Weitere Kostenlose Bücher