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In der Brandung

In der Brandung

Titel: In der Brandung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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sollte von Anfang an etwas klarstellen.«
    »Was denn?«
    »Ich glaube nicht, dass ich bereit bin für eine sexuelle Beziehung. Ich möchte Missverständnisse vermeiden und dich in keiner Weise kränken.«
    »Na ja, das war jetzt ziemlich direkt.«
    »Ich mag dich. Was ich dir jetzt sage, klingt vielleicht absurd, aber bei den wenigen Malen, die wir uns begegnet sind, ist so etwas wie Zuneigung bei mir entstanden. Aus genau diesem Grund möchte ich vermeiden, dass falsche Erwartungen entstehen. Mein Leben ist immer noch ein Chaos, ich versuche, die Trümmer der Vergangenheit hinter mir zu lassen, und bin für eine ganze Reihe von Dingen noch nicht bereit.«
    Sie holte noch eine Zigarette aus der Schachtel, die auf dem Tisch lag.
    »Ich rede wie in einem schlechten Film.«
    »Das gefällt mir, ich sehe fast nur schlechte Filme. Ich bin übrigens auch nicht bereit für eine ganze Reihe von Dingen. Dazu gehört auch Sex, wo du das Thema schon ansprichst. Ich hatte auch überhaupt nicht daran gedacht, dass diese Begegnung in eine sexuelle Beziehung münden könnte.«
    Wirklich nicht? Roberto wusste es tatsächlich nicht. Vielleicht war es so, vielleicht hing diese Antwort aber auch mit dem Bedürfnis zusammen, seine Verlegenheit zu überspielen; möglicherweise wollte er ihr auch eine harmlose kleine Lektion erteilen. Du bist nicht bereit für Sex (soll heißen: mit mir, da ich dir gerade gegenübersitze), also bin ich es auch nicht (soll heißen: mit dir, da du mir gerade gegenübersitzt).
    Sie blickte ein wenig überrascht. Spielte mit der Zigarette. Steckte sie an. Fragte ihn dann, warum er nicht auch eine rauchte. Roberto erwiderte, dass er gerade keine Lust hatte. Sie schien etwas sagen zu wollen, änderte aber dann ihre Meinung. Leicht knisternde Spannung. Nicht beunruhigend, aber doch deutlich wahrnehmbar.
    »Du weißt, dass ich in psychiatrischer Behandlung bin?«
    »Auch ich bin in psychiatrischer Behandlung.«
    »Und da ich eine brave Patientin bin, habe ich mich nach meiner Mitteilung, dass ich nicht bereit bin für eine sexuelle Beziehung, sehr geärgert, als du sagtest, dass für dich dasselbe gilt. Ich selbst darf nämlich einem Mann gegenüber keine sexuellen Absichten haben, aber mein Gegenüber darf das natürlich nicht, ist das klar?«
    Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an.
    »Du brauchst mich gar nicht so anzusehen«, lächelte sie, »so etwas darfst du nie zu einem Mädchen und schon gar nicht zu einer Schauspielerin sagen. Auch keiner Ex-Schauspielerin. Wir sind zarte Geschöpfe. Mit uns muss man behutsam umgehen.«
    Sie zögerte, aber das war eine Kunstpause. Roberto brauchte nichts zu sagen, er musste nur zuhören.
    »Wir haben alle irgendwie Angst vor dem Urteil der anderen, wir brauchen alle Bestätigung. Das ist normal. Das Problem stellt sich – für uns Schauspieler in besonderer Weise –, wenn dieses Bedürfnis nach Bestätigung zu einer Form von Abhängigkeit wird. Das nächste Stadium ist dann die Paranoia.«
    »Inwiefern?«
    »Du teilst dann die Welt auf in diejenigen, die dich bestätigen, dich lieben, dich bewundern, dich großartig finden, und alle anderen. Das sind die Bösen, die auf geheimnisvolle Weise auch noch untereinander verbündet sind.«
    Sie hielt jäh inne.
    »Okay, ich habe die Paranoia einer Schauspielerin, obwohl ich keine mehr bin. Ein wirklich trauriger Fall, würde ich sagen.«
    »Bist du deswegen zu unserem Doktor gegangen?«
    Sie sah ihn an, als verstehe sie ihn nicht. Als sei die Frage in einer fremden Sprache gestellt worden. Dann entspannte sie sich. Sie machte ein beinahe fröhliches Gesicht, wenn auch mit einem Hauch von Verstörtheit.
    »Ob ich wegen meiner Schauspieler-Paranoia zum Doktor gegangen bin? Nein, das wäre ein allzu hochgestochener Grund und keine ausreichende Rechtfertigung für das viele Geld, das ich dort bereits gelassen habe und immer noch lasse. Ich bin zu unserem Doktor gegangen, weil mein Leben vollkommen am Ende war. Ein harmloser Grund, nicht der Rede wert.«
    Roberto wollte schon sagen, dass sie also aus demselben Grund dort hingingen. Er tat es dann doch nicht, weil er nicht sicher war, ob er den richtigen Ton treffen würde. Sie stellte fest, dass es wirklich zu viel wäre, wenn sie jetzt noch eine dritte Zigarette rauchte, dass sie es besser sein lassen würde. Um sich gleich darauf noch eine anzustecken. Sie stieß den Rauch aus und trank ihr Glas aus.
    »Ein Teil von mir sagt, ich sollte jetzt aufhören, ein anderer hat

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