In der Falle - Leino, M: In der Falle
6000 Kilo Heroin wurden durch Estland, Lettland und Litauen transportiert. Die Großhändler im alten Europa haben schon alle Hände voll zu tun.« Der Armenier lächelte. »Erinnerst du dich, wie ich dir sagte, dass ich mich nur auf dich verlasse? Jetzt siehst du, wie richtig das war. Du hast nur nicht gewusst, was genau ich damit gemeint habe.«
»Ich versteh’s nicht«, sagte Koljakov. »Das muss alles ein Missverständnis sein.«
»Du möchtest das Spiel immer noch weiterspielen?«, seufzte Demirchyan. »Ach, Kolja! Ich frage mich nur, was hat dich die ganze Zeit angetrieben? Was war dein Motiv? Ich hab mir lange darüber den Kopf zerbrochen, aber siehst du: Das hab ich nicht verstanden.«
»Was?«
»Vladimir Koljakov alias Jevgeni Markov alias Mihail Ivanovitsch Belov.« Demirchyan sprach beinahe tonlos. »Troika, ein Mann, drei Identitäten. Mihail Belov, in der Zeit der Sowjetunion wie des neuen Russland Mitglied der Vierten Brigade der Spezialeinheiten des militärischen Nachrichtendienstes in Fellin, genauer gesagt von 1986 bis 1992. Aufgabe: Spionage- und Sabotagetätigkeiten in Osteuropa. Nach Auflösung der Brigade Agent des russischen Auslandsgeheimdienstes in Großbritannien. Aufgabe, abgesehen von der Auslandsspionage, Informationsaustausch mit den Nachrichtendiensten anderer Länder. Nach der Rückkehr aus London 1997 Wechsel zum Inlandsgeheimdienst FSB, Abteilung Organisierte Kriminalität, dort offiziell als Informationsanalytiker beschäftigt, in Wirklichkeit aber wird Mihail Belov für neue Aufgaben geschult, insbesondere soll er Mafiaorganisationen infiltrieren. Leider verstarb Belov im Jahr 2002 bei einem Autounfall. An seine Stelle trat Jevgeni Markov. Markovs Legende war so gut und wasserdicht, dass er damit selbst bei der notorisch misstrauischen Solntsevskaya bratva durchkam. Der nicht gerade zimperliche Markov machte schnell Karriere und sammelte gleichzeitig Informationen über die Organisation. Seine Mission hatte er schon 2005 erfüllt, Markov brauchte eine neue Identität und eine neue Organisation. – Den Rest kennen wir, nicht wahr, Mihail Ivanovitsch?«
»Wann bin ich aufgeflogen?«, fragte Belov, der absurderweise eine Zufriedenheit verspürte, dass das Maskenspiel endlich vorbei war. Er hatte seinen eigenen Namen wieder, und es tat gut, ihn zu hören, selbst aus Demirchyans Mund. Er hatte beinahe selbst vergessen, wer er war. Er machte das alles schon zu lange, viel zu lange.
»Das ist das Komischste an der ganzen Sache«, sagte Demirchyan gut gelaunt. »Die Dokumente, mit denen du die St. Petersburger Tambov getäuscht hast, die Legende des Vladimir Koljakov, das kannte ich alles schon. Die Dokumente waren identisch mit denen, die ich vom FSB bekommen hatte. Derselbe Mann versuchte, auf zwei Tore gleichzeitig zu spielen. Hast du wirklich geglaubt, du kommst damit durch?«
»Und warum vier Jahre?«, fragte Belov.
»Warum? Ich brauchte einen Mann, der verlässlich nur solche Informationen über mich an den FSB weitergab, von denen ich wollte, dass sie weitergegeben wurden. Du warst meine Versicherung, dass sie mir selbst dann nichts hätten anhaben können, wenn sie’s versucht hätten.« Demirchyan sah aus wie jemand, der sehr mit sich zufrieden ist. »Du hast deine Arbeit gut gemacht, und vor allem: Du hast mich inspiriert. Ich mag solche Spiele, genau wie du, Belov. Wir sind im Grunde Brüder im Geiste, findest du nicht?«
Belov war anderer Meinung, dennoch sagte er, als könnte er festgefahrene Gewohnheiten so schnell nicht ändern, nichts. Er bereute, dass er am Vorabend so viel getrunken hatte. Er hatte noch nie einen solchen Kater gehabt.
»Ich weiß, dass du nach der Operation Troika deine Identität als Koljakov aufgeben wolltest«, sagte Demirchyan. »Du willst raus aus dem Spiel, du sehnst dich nach einer Rückkehr in ein normales, alltägliches Leben als Belov. Wohin wolltest du noch mal versetzt werden? Richtig: An die russische Botschaft in der Schweiz, nach Bern. Das wäre insofern ein nettes Zusammentreffen gewesen, als sich ausgerechnet in Bern die Hauptfiliale der Dorffman-Bank befindet, bei der du unter deinem richtigen Namen schon seit 2005 ein Konto hast.«
»Wie?«
»Wenn ich mich richtig erinnere, hat ein gewisser Mihail Belov dort im Laufe der Jahre circa 1,8 Millionen Euro deponiert«, sagte Demirchyan. »500.000 bei der Kontoeröffnung, gleich nachdem er die Solntsevskaya verlassen hatte – eigentlich ein bisschen auffällig, findest du
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