In der Falle - Leino, M: In der Falle
Badewannenrand. »Es ist genau eine Kugel drin. Und denk daran, dass Ratko hinter dir steht.«
Demirchyan ging, und in dem kurzen Moment, in dem die Tür offen stand, ertönte Khachaturians Säbeltanz. Als die Tür wieder zu war, hörte man die Musik immer noch, nur sehr leise.
»Okay«, sagte Ratko.
Belov beugte sich unter Schmerzen nach vorn und nahm den Revolver in die Hand. Als er sich die Mündung gegen die Schläfe drückte, dachte er über die Frage nach, die Demirchyan ihm gestellt hatte.
»Ja«, sagte er und drückte ab.
Demirchyan saß mit einem Glas Ararat auf dem Sofa, als Ratko die in einem Müllsack steckende Leiche wie einen Teppich auf der Schulter vorübertrug. Wenig später hörte er draußen eine Autotür zuschlagen. Ratko war so etwas gewohnt. Demirchyan selbst hatte die Leiche nicht sehen wollen, ihm wurde schon beim Gedanken daran schlecht. Der Serbe kam zurück und ging in Richtung Badezimmer, um die Spuren zu beseitigen.
»Belovs Abgang war genauso ein schlechter Witz wie der Mann selbst.« Demirchyans Stimme ließ Ratko innehalten. »Weißt du, was sein Polonium war?«
»Was?«
»Fünf Tütchen Kalzium mit Vitamin D auf eine Flasche Wodka und ein Brechmittel im letzten Glas Whisky.« Demirchyan lachte schallend. »Am Morgen hab ich ihm dann noch ein starkes Herzmittel in seinem Tee aufgelöst, das war alles. Zusammen mit seinem Kater und seiner blühenden Phantasie hat das gereicht.«
»Ein tödlicher Kater.« Ratko lachte kurz und trocken.
»Und weißt du, was der größte Witz ist?«
»Was?«
»Der Idiot hat wirklich geglaubt, dass er so seine Ehre wiederherstellt«, sagte Demirchyan. » Njet. Er ist gestorben, wie er gelebt hat. Als Verräter.«
»Wie ist es gelaufen?«, fragte Luhta, als er den Aufenthaltsraum der Wärter betrat. Jaatinen saß mit einer Tasse Kaffee und einer Nachmittagszeitung vor sich am Tisch.
»Wie immer. Die Ganoven sind einen Tag älter und einen Tag näher an der Freiheit. Sonst die üblichen Tricksereien«, antwortete Jaatinen. »Die ewige alte Scheiße. – Mann, was für eine Geschichte!«
»Das mit der Schweinegrippe?«
»Liest du keine Zeitung? Oder guckst du keine Nachrichten? Der Bombenanschlag.« Jaatinen zeigte auf die Titelseite seiner Zeitung: BOMBE TÖTET MUTTER UND KIND. Unter der Schlagzeile sah man das Bild eines Hauses, dessen Fenster schwarz und ohne Scheiben waren.
»Nö«, antwortete Luhta und ging zu seinem Spind.
»Du bist früh gekommen. Ich hab noch eine Viertelstunde.«
»Auf dem Ring und der Tuusulantie ist es ausnahmsweise gut gelaufen«, antwortete Luhta.
In Wirklichkeit war er schon vor eins aus Hyvinkää weggefahren. Er war nach Mustikkamaa gefahren und hatte fast sechs Stunden im geparkten Auto gesessen. Er wollte nicht zu Hause sein, wenn Teemu und Ville aus der Schule kamen, und er hatte Annika nicht sehen wollen, wenn sie von der Arbeit kam. Er hatte eine Nachricht hinterlassen, dass er wegen eines kranken Kollegen früher zur Arbeit und eine anderthalbfache Schicht übernehmen müsse. Als er den Zettel mit der Nachricht gegen die Obstschale in der Küche lehnte, konnte er sein Auto auf dem Hof sehen. Darin lag eine zweite, andere Nachricht, seit gestern schon, im Handschuhfach.
»Immer dann, wenn man’s nicht braucht«, sagte Jaatinen und blätterte geräuschvoll seine Zeitung um.
Luhta setzte sich Jaatinen gegenüber. Er stützte den linken Ellbogen auf den von Krümeln und Kaffeeflecken übersäten Tisch und spürte, wie seine Wärterjacke unter der Achsel spannte. Es fühlte sich an, als müsste man sehen, was sie verbergen sollte, aber er hatte es vor Annikas Frisierkommode ausprobiert: Wenn er so saß, sah man nichts.
»Ach so, eine Sache noch«, sagte Jaatinen, den Blick fest auf die Zeitung geheftet.
»Was?«, fragte Luhta.
»Es kommen noch welche von der KRP. Sie haben angerufen: Wollen einen alten Kunden mitnehmen.«
Luhta schluckte. Er schob den Ellbogen vorsichtig in die Idealposition, in der die Ausbeulung in Höhe seiner Achselhöhle selbst dann nicht sichtbar war, wenn Jaatinen aus welchem Grund auch immer genau auf die Stelle schaute. »Um wie viel Uhr kommen sie?«
»In etwa einer Stunde«, antwortete Jaatinen und schlug die Zeitung zu.
»Welche Abteilung? Um wen geht’s?«
»Vier«, gähnte Jaatinen und streckte die Arme in die Luft. »Sundström.«
»Und wer von denen hat angerufen?«
»Ich weiß nicht mehr.«
»Du hast es doch hoffentlich aufgeschrieben?«
Jaatinen sah
Weitere Kostenlose Bücher