In der Falle - Leino, M: In der Falle
nicht? Dazu kommen kleinere Überweisungen im Laufe der Jahre, ziemlich regelmäßig. Stell dir nur vor, wie die Kollegen vom FSB das finden werden, wenn ich ihnen einen kleinen Tipp gebe. Man war sowieso schon unzufrieden mit dir. Nach meinen zuverlässigen Informationen denken sie schon eine ganze Weile darüber nach, was du letztendlich zustande gebracht hast.« Demirchyan ließ die Frage für einen Moment im Raum stehen, breitete dann aber die Arme aus und fuhr fort: »Und jetzt das Durcheinander mit den Daten, da können sie gar nicht mehr anders, als deine Aktivitäten einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Wenn man dann noch weiß, dass sie auf deinem Computer das richtige Datum und dazu sämtliche Durchgangsländer und viele andere interessante Dinge finden werden, sogar Belege für Überweisungen …«
»Was willst du?«, fragte Belov. Es sah schlecht aus für ihn, sehr schlecht. Demirchyan hatte ihn in eine Falle gelockt.
»Ich? Gar nichts.« Demirchyan sah beinahe überrascht aus, dass ihm sein Gegenüber eine solche Frage stellte. Dann runzelte er die Stirn, als machte er sich Sorgen. »Aber sag du: Möchtest du noch Tee? Du siehst aus, als ginge es dir nicht gut.«
»Nein, danke.«
»Du fühlst dich schlecht. Die Bauchschmerzen, nicht wahr?«
Belov antwortete nicht gleich. Dann hatte er verstanden.
»Du hast mich vergiftet?«
»Falsch. Du hast dich selbst vergiftet. Hättest du nur Ararat getrunken wie ich, aber nein, es musste Wodka und schottischer Whisky sein.«
Belov versuchte, auf die Beine zu kommen, aber vergebens, er konnte das Gleichgewicht nicht halten und hatte das Gefühl, dass seine Muskeln ihm nicht mehr gehorchten. Er fiel schwer aufs Sofa zurück. Als er sich gleich darauf zwei Demirchyans gegenübersah, schloss er die Augen.
»Womit?« Belov spürte, wie es ihm den Hals zuschnürte. Er wusste nur nicht, ob vor Angst oder schon von dem Gift.
»Hattest du je Gelegenheit, Aleksandr Litvinenko kennenzulernen?«, fragte Demirchyan, wartete die Antwort aber nicht ab. »Du hast mit deinem Wodka Polonium 210 getrunken, dessen Gammastrahlung nach und nach die Zellen im menschlichen Körper tötet. Soweit ich weiß – aber entschuldige, ich bin nicht wirklich ein Experte –, soweit ich also weiß, werden zuerst die Schleimhäute im Magen und dessen Drüsen zerstört und dann der Dünndarm und der Dickdarm, auf jeden Fall endet es damit, dass deine Verdauung ausgeschaltet wird. Als nächstes zerstört die Strahlung die Haarwurzeln, und schließlich stellen deine inneren Organe eins nach dem anderen die Arbeit ein. Wenn ich mich recht erinnere, hat Litvinenko das über drei Wochen ausgehalten. Es müssen schreckliche Schmerzen gewesen sein. Er wurde natürlich im Krankenhaus gepflegt. Du dagegen …« Demirchyan zuckte die Achseln. »Wenn du es wie Litvinenko haben willst, bringt Ratko dich in den Keller. Es wird interessant sein zu sehen, wie lange du es aushältst, gefesselt, im Dunkeln, ohne Wasser, ohne irgendetwas … Wenn es zu Ende ist, verschwindest du vom Angesicht der Erde, und selbstverständlich wird dein Konto bei der Schweizer Bank geleert. Was von dir bleiben wird, sind die unangenehmen Erinnerungen all derer, denen du begegnet bist. – Das ist die eine Möglichkeit. Es gibt natürlich noch eine zweite.«
»Welche?«
»Den ehrenvollen Weg, als der zu sterben, der du bist.« Demirchyan lächelte. »Das hieße auch, zu sterben wie ein Mann. Wenn du diesen Weg wählst, wird man weder dein Konto finden noch die hässlichen Informationen auf deinem Computer. Stattdessen findet man dort deine letzte Nachricht: die ehrenvolle Nachricht eines Mannes, der an seiner letzten großen Aufgabe gescheitert ist. Das hättest du verdient, Kolja.«
Belov saß in der Badewanne, und Ratko stand hinter ihm und zielte auf seinen Kopf. Demirchyan war neben der Wanne in die Hocke gegangen. Er beobachtete einen schwer schwitzenden, leidenden Mann.
»Zu allem Überfluss zahlen sie auch noch miese Gehälter – du hättest deinen Verstand benutzen sollen und die Seite wechseln. Ein reicher Mann werden. Du hättest eine Familie gründen können.« Demirchyan schüttelte den Kopf. »Ein Mann ohne Familie ist nichts. Eine Null. Und jetzt sag: Was war dein Motiv?«
»Gerechtigkeit«, antwortete Belov.
»Gerechtigkeit? Fein. Dann hast du jetzt Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob es das wert war.« Demirchyan stand auf und legte weit entfernt am Fußende einen Revolver auf den
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