Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
Vom Netzwerk:
vom Ring 1 auf die Tattariharjuntie abgebogen war. »Ich sag dir Bescheid. Und hau die Gänge nicht so rein! Bringt man euch in der Fahrschule heutzutage bei, das Kupplungsgehäuse zu zerdeppern?«
    Es waren die ersten Worte seit ihrer Abfahrt. Vater hatte mit vom Duschen nassen Haaren still und nachdenklich neben Vesa gesessen. Nur zu Beginn der Fahrt hatte er noch Schluckauf gehabt.
    »Und warum halten wir an?«
    »Wir müssen reden«, sagte Vater.
    »Worüber?«
    »Darüber, was wir Turunen sagen. Wir müssen ihm dasselbe erzählen.«
    »Worüber?«
    »Frag nicht!«, fuhr ihn Vater an. »Ich überleg mir gerade, was er weiß.«
    Vesa war still, obwohl er Lust hatte, die zweimal gestellte Frage noch ein drittes Mal zu stellen. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was sie vorhatten. Die ganze Sache kam ihm nur seltsam vor: ein Abendbesuch irgendwo in Tattarisuo. Und Vater hatte ihn gezwungen, wieder die Pistole mitzunehmen. Mutter war, ohne Fragen zu stellen, schlafen gegangen, aber ihr Gesichtsausdruck war voller Sorge gewesen. Wusste sie mehr als er?
    Der Hiace fuhr schwankend bergab, am Ende der Gefällstrecke lag rechter Hand ein Industriegebiet. Triste, hässliche Hallen aus Blech und nicht minder hässliche aus vorgefertigten Betonteilen. Vesa verlangsamte das Tempo.
    »Wenn du noch mal halten willst, wär’s dann nicht besser jetzt? Ich meine, sind wir nicht bald da?«
    »Wie?« Vater schaute aus dem Fenster auf der Beifahrerseite. »Das hier ist noch nicht Tattarisuo. Das ist Tattariharju. Du glaubst doch wohl nicht, dass Turunen seine Klitsche in so einer ordentlichen Gegend hat.«
    »Bisher hast du mir gar nichts erzählt, ich weiß nicht mal die Adresse.«
    »Alles zu seiner Zeit.« Vater zeigte nach vorn rechts. »Halt da an, gleich nach der Abzweigung zum Flughafen Malmi. Dann erzähl ich dir, wie wir’s machen.«
     
    »Bist du dir ganz sicher?«, fragte Vesa, als sie eine Viertelstunde später ohne Licht die Kytkintie entlangfuhren. Im übrigen hatte Vater recht: Tattariharju unterschied sich von Tattarisuo wie eine propere Vorortsiedlung von einem Ghetto. Auf beiden Seiten der schmalen, von einem Graben gesäumten Straße standen Schuppen, von denen manche wohl nur stehen blieben, weil sie der an den Außenwänden aufgetürmte Schrott am Umfallen hinderte. Zäune waren aus Abfallholz und Wellblech zusammengeflickt. Sie passierten einen Platz voller Autowracks und Reifenberge, eine Art Hangar davor sah aus wie ein halb im Schlamm versunkenes umgekipptes Ölfass. Ein schiefes Verkaufsschild tat kund, dass hier gebrauchte Sommer- und Winterreifen sowie echte Lederjacken zu verkaufen seien – billig!
    »Nein«, sagte Vater. »Aber auf die Schnelle fällt mir nichts Besseres ein.«
    »Was ist das für ein Typ? Und warum versuchst du so einen aufs Kreuz zu legen?«
    »Turunen ist ein dummer Kleinganove, und dumme Kleinganoven legt man aufs Kreuz. So ist die Welt.« Vater rutschte nervös auf seinem Sitz herum. »Bleib hier stehen. Die nächste Bruchbude muss es sein.«
    Vesa lenkte den Wagen an den Straßenrand und machte den Motor aus. Vor ihnen rechts schaute das dunkle Dach einer Blechhalle über einen hölzernen Zaun aus Fertigteilen. Aus schmalen Oberlichtern fiel schales Licht auf den Fichtenwald hinter dem Gebäude. Vesa sah sich den Zaun an, auf dessen unbehandelte, mit Moos bedeckte Oberfläche jemand in mannshohen Buchstaben HUND! gepinselt hatte.
    »Der hat auch noch einen Hund«, sagte Vesa.
    »Einen Scheiß hat er«, antwortete Vater. »Das hat einer seiner zufriedenen Kunden hingesprayt. Turunen baut Einfamilienhäuser mit Edelholzparkett, und wenn der Kunde bezahlt hat, kriegt er Laminat. Früher stand da: ›Du bist tot, du dreckiger Hund!‹ Turunen hat den halben Zaun umgedreht und nur das ›Hund‹ stehen lassen. Es hält Neugierige fern.«
    »Wie wär’s, wenn wir uns auch fernhalten würden?«, sagte Vesa. »Ruf ihn an, und sag, dass du es doch nicht schaffst.«
    »Scheiß drauf!« Vater öffnete die Wagentür. »Du kommst in zehn Minuten. Aber bleib auf dem Hof, wenn nichts Besonderes ist. Er braucht nicht zu wissen, dass wir zu zweit sind. Ich bring die Sache mit ihm in Ordnung, und du gibst mir Rückendeckung. Alles klar?«
    Vesa nickte. Er würde in jedem Fall auf dem Hof bleiben, auch und gerade wenn drinnen was Besonderes war.
    Vater stieg aus und drückte die Wagentür leise zu. Vesa sah ihn noch, wie er auf das Tor im Zaun zuging. Seine Schritte waren jetzt fest und

Weitere Kostenlose Bücher