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In der Falle - Leino, M: In der Falle

In der Falle - Leino, M: In der Falle

Titel: In der Falle - Leino, M: In der Falle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marko Leino
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zu verzichten war dabei vielleicht noch schmerzlicher, als vorübergehend auf die Freiheit zu verzichten. Er hatte mit beidem Erfahrung, aber er hatte daraus gelernt. Die Lehrjahre hatte er hinter sich, auf seinem Stuhl saß ein Meister. Und hinter der Plexiglasscheibe bolzten die Schüler mit dem dämlichen Ball. Sie wussten nur noch nicht, wer Meister und wer Schüler war.
    Turunen schaute um sich. Ein eigener Stuhl, ein eigener Tisch, eigene Ordner, ein eigenes Büro in der eigenen Halle, und alles war Eigentum der Firma. In Hanikka eine Villa mit 250 Quadratmetern Wohnfläche, nur einen Steinwurf entfernt das Meer und in der Garage der Firmenwagen, ein 3,5l-Mercedes direkt aus Deutschland, und war der Kilometerzähler auch sehr wahrscheinlich manipuliert, so war das Prachtstück doch nur über seidenglatte deutsche Autobahnen gerollt und nicht über finnische Schotterpisten. Turunen war die Firma. Alles gehörte ihm. Außer in den Augen der Steuerbehörde.
    »Ja, ja.« Turunen nickte. Er würde in beiden Hinsichten aufpassen. Geld und Freiheit, darum ging es. Und um Macht. Die hatte er auch schätzen gelernt. Weder von Geld noch von Macht konnte man je genug besitzen. Beides hielt einen auf Trab, und das war gut so. Sonst wäre er nicht so weit gekommen, säße er nicht genüsslich rauchend und schaukelnd auf einem komfortablen Direktorenstuhl. So gesehen war sein abgebrochenes Studium am Handelsinstitut doch nicht vergeblich gewesen, sagte sich Turunen und drückte die Zigarette aus.
    Er verschränkte die Hände im Nacken. Welche Maßnahmen erforderte die veränderte Situation? Das Schwarzarbeitergeschäft galt es für eine Weile auf Eis zu legen. Es war zu offen sichtbar, hinterließ zu viele Spuren, egal wie vorsichtig man dabei zu Werke ging. Außerdem pfiff die Baubranche aus dem letzten Loch, die Zahl der neuen Baustellen ging dramatisch zurück, eine Rezession war absehbar, und den Handlangern aus dem Osten stand eine bittere Rückkehr bevor. Levola und Enqvist waren viel zu spät ins Geschäft eingestiegen, die Netze waren längst eingeholt. Idioten! Wollten in den Aralsee Barsche einsetzen, obwohl sich die Strandlinie schon im Schnellzugtempo von ihnen fortbewegte. Und wie konnten die glauben, dass er ihnen nicht dahinterkommen würde? Er erfuhr alles, von Härskis Verrat genauso wie von Sundströms Verhaftung.
    Schon wieder war er bei Sundström gelandet. Wenn sie bei ihm was gefunden hatten, würde er das nächste Weihnachten und vermutlich ein paar mehr in Sörnäinen im Knast verbringen. Er war noch auf Bewährung draußen, das machte die Sache schlimmer.
    Reino Sundström. War er wirklich so abgezockt, wie er immer tat? Kaum. Ich sitze hier, dachte Turunen, und er sitzt in der Zelle in Pasila, darf einmal in der Woche in die Sauna und eine Stunde am Tag aufs Dach, auf dem sich dort die Häftlinge die Beine vertreten, vielleicht sogar zur selben Zeit, wenn ich in Hanikka meine Walkingrunde drehe und die Herbstluft atme, die sich mit dem Geruch der verschmutzten Ostsee und dem Duft des Geldes mischt, den ich angeblich verströme. – Also wer von uns beiden ist abgezockt?
    Turunen dachte auch über die Verlagerung des Schwerpunkts ihrer Geschäfte nach, die Sundström vorschlug, die neue Goldader, mit der sie die jetzt versiegende ersetzen würden, wie er sich sprachlich nicht ganz korrekt ausgedrückt hatte. Dass man die Märkte neu organisieren sollte, hatte die St. Petersburger Mafia Sundström vorgeschlagen, dem Vernehmen nach ging ihnen das präpotente Gehabe der Esten und Letten in den baltischen Ländern gegen den Strich. Sundström zufolge musste man fürs erste die Esten aus Südfinnland verdrängen, weil sie mit ihren billigen Preisen die sowieso schon kleinen Margen auf dem heimischen Amphetaminmarkt noch weiter schrumpfen ließen. Diesem Treiben musste man ein Ende setzen, und dazu brauchte man das Know-how der St. Petersburger. Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Die St. Petersburger wollten wegen der mangelnden Kooperationsbereitschaft der baltischen Mafiaorganisationen die Transportwege für Heroin nach Norden verlegen, und die Finnen wollten ihre Margen zurück. Beide Seiten sahen einen Synergievorteil und die Möglichkeit, viel Geld in genau die richtigen Taschen zu wirtschaften. Zu viele Transporte auf dem Weg von St. Petersburg nach Mitteleuropa waren schon in Estland, Lettland und Litauen verloren gegangen, obwohl sie mit Begleitschutz fuhren, also Männern mit MGs und nervösen

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