In der Fremdenlegion (German Edition)
ihrer Uniformen sehr vorteilhaft von uns abstachen. Schlechte Witze, Fragen und Antworten flogen hin und her, ein wahres Kreuzfeuer.
»Hoh, habt Ihr nichts mehr zu fressen gehabt?« schrie einer auf Deutsch.
»Dat mag so oder so jewesen sin, mein Sohn,« antwortete Herr von Rader. »Du bist wohl sicher jekommen, weil dir dein vieles Jeld plagte?« Und schallendes Gelächter begrüßte die Antwort.
»Isch keener aus Frankfurt da?« schrie einer.
»Merde!« sagte er, als er keine Antwort bekam, drehte sich um und ging.
Auch ein Bayer suchte nach einem Landsmann. Einer der Rekruten war auch wirklich ein Münchner.
»Jesses, jesses,« apostrophierte ihn der bayrische Legionär, »du Luader, du saudumms, hättst net in Minken bleiben können, wo's halt a Bier gibt? Du werst di wundern! Du Urviech!«
Auch ein Neger war unter den Legionären. Er schien eine feine Nase zu haben, denn:
» You talk U. S.? « fragte er mich. »Sprichst du ›Vereinigte Staaten‹?«
» I guess I do, « antwortete ich.
» Oh Golly, white man, you 're a fool and the son of a fool! « sagte der Schwarze mit einem breiten Lachen. »Weißer Mann, du bist ein Narr und der Sohn eines Narren!«
Ich lachte noch über diese komische Schadenfreude, als ein anderer Soldat sich neben mich drängte und leise flüsterte:
»Du, gib mir deinen Zivilanzug. Verkaufen mußt du ihn doch und bekommst nur ein paar Sous dafür.«
Ich guckte ihn an: »Wozu brauchen Sie denn Zivil?« Das schnelle »Du« wollte mir nicht recht über die Lippen.
»Fort, fort will ich. Herrgott, wenn ich Zivil hätte, käm' ich durch! Dann ging' ich der Bande durch die Lappen. Schenk' mir doch den Anzug!« sagte er. »Wenn du eingekleidet bist, hol' ich ihn aus deiner Kompagnie; ich bekomme schon heraus, wo du bist.«
Die Antwort blieb mir im Halse stecken! Der Mann sah mich mit flehenden Augen an, und ich hörte den Ernst aus seinen Worten. Entfliehen wollte er – desertieren. Ich konnte ihm dazu verhelfen! Der Blick auf die nackten Kasernen und den öden Hof war genug gewesen. – – Wenn er wieder kam, sollte er meine Kleider haben.
Da kam unser Sergeant aus dem Kommandanturgebäude zurück, und nach einem kurzen Namensaufruf wurden wir in zwei Kompagnien verteilt. Die meine war » la onzième « – die elfte Kompagnie.
Man führte uns über den Hof nach der Kompagniekammer. Dort bekamen wir vorläufig Wäsche, eine Art Leinenanzug, aus zähen afrikanischen Alfa-Fasern gewebt, und – eine weißbaumwollene Zipfelmütze, die vorschriftsmäßig nachts getragen werden mußte. Worauf uns unter höchst anzüglichen und ohne Zweifel durchaus berechtigten Bemerkungen des Sergeantmajors (Vizefeldwebel) ein Stückchen Seife und ein Handtuch in die Hand gedrückt wurde. Dann marschierten wir zu einem kleinen Häuschen auf der Rückseite des Kasernenhofes, in dem ein primitives Brausebad eingerichtet war. Die Wasser spülten und spülten – und in der Tür stand ein Sergeant, der alle Augenblicke rief:
» Bon Dieu, wascht Euch ja recht sauber!« –
»Zivilkleider unter den Arm!« kommandierte der Sergeant. Zu einem kleinen Seitentor wurden wir hingeführt. Der Posten stieß das Tor auf und – die Hölle brach los. Araber, Levantiner, spanische Juden, Neger belagerten das Tor und schrien, jeder in seiner Sprache, gellend auf uns ein. Sie gestikulierten mit Händen und Füßen, sprangen umher und machten einen unsäglichen Skandal. Um Kleider und Schuhe, um Hemden und Kravatten wurde nach allen Regeln der Kunst gefeilscht, während der Sergeant den Posten des ehrlichen Maklers übernahm.
Ein deutscher Trödler, der einem solchen Verschleudern zusehen könnte, würde erblassen vor Neid! Ein guter Anzug mußte um 2 Franks verkauft werden, Stiefel um 80 Centimes, weiße Wäsche wurde kaum bezahlt. Wußten doch die Gauner von Sidi-bel-Abbès ganz genau, daß die Rekruten verkaufen müssen, daß sie das Tor nicht verlassen dürfen, ohne ihre Zivilkleider losgeschlagen zu haben. Drei Franken, höchstens vier, erlösten die meisten für ihr bißchen Eigentum. Meinen Anzug zog mir der Legionär von vorhin, der sich mit zum Tore geschlichen hatte, sachte aus dem Arm, stopfte ihn unter seine Jacke und machte sich schleunigst davon. Schon am nächsten Tage wurde er vermißt ...
Dann ging es auf das Schreibzimmer der Kompagnie, wo die Namen der neuen Rekruten und ihre Personalien eingetragen wurden – pro Forma. Was man sagte, wurde eben niedergeschrieben, und die sonderbarsten
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