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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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arbeiten – aber ich hatte niemals das Gefühl, müßig geplagt zu werden. Es war praktische Arbeit, deren Zweck jeder verstand.
    Das wiederholte sich in größerem Maßstabe bei der Ausbildung im Kompagnieverband. Alles zielte aufs Praktische und Zweckmäßige hin; man wurde nicht mechanisch gedrillt, sondern lernte in praktischem Anschauungsunterricht. Das Kompagnieexerzieren wurde fast nie von Offizieren geleitet, sondern vom Feldwebel der Kompagnie.
    Hier setzte die Ausbildung des Einzelnen zur Selbständigkeit ein. Im Laufe des Tages wurden jedem Mann Aufgaben gestellt, die er zu lösen hatte: Distanzschätzungen, Deckungsuchen, Ausnutzung des Geländes. So wurden z.B. zehn Mann als Schleichpatrouille designiert, die ein angegebenes Ziel möglichst ungesehen erreichen mußte. Am Endpunkt wurde die ganze Kompagnie aufgestellt, und jeder Legionär konnte selbst beobachten, ob und wie die Schleichpatrouille ihrer Aufgabe gerecht wurde. Es kam häufig vor, daß die Bewegungen von den zusehenden Legionären besprochen und kritisiert wurden, in förmlicher Aufregung, daß sie hin- und herdebattierten, ob nicht ein anderer Weg bessere Deckung biete, ob nicht an irgend einem Punkt die Patrouille hätte länger halten müssen, um ein weites Gesichtsfeld zu eingehenden Beobachtungen auszunützen. Diese soldatische Kritik wurde sehr gerne gesehen, und Feldwebel und Unteroffiziere beteiligten sich regelmäßig an der Diskussion. Das brachte in den anstrengenden Dienst ein Moment des Sports, ein individuelles Angeregtsein, das Ehrgeiz und Arbeitsfreudigkeit anregte. Darüber wurde die Zusammenarbeit der Truppe nicht vernachlässigt, und der Drill wurde nicht verachtet, wo er nötig war. So war z.B. die Feuerdisziplin meiner Meinung nach perfekt.
    Das Praktische, Detaillierte drückte der ganzen Ausbildung den Stempel auf. Jeder Mann kannte genau die Länge seines Schrittes und wußte, daß er 117 oder 120 oder 125 Schritte brauchte, um 100 Meter zurückzulegen. In interessanten Instruktionsstunden im Gelände lernte der Legionär nicht nur die ersten Anfangsgründe des Kartenlesens, sondern wurde angelernt, eine Meldung durch eine, wenn auch noch so rohe Geländeskizze zu unterstützen. Bei den Begabteren und den Gebildeten gaben sich die Unteroffiziere Mühe, ihren Ehrgeiz anzustacheln und den Stolz in ihnen zu erwecken, Besonderes zu leisten. Man hatte ein Gefühl, im Wettbewerb des Sports zu arbeiten. Häufig wurde die Kompagnie in Sternennächten alarmiert und in die Umgebung von Sidi-bel-Abbès geführt. Weit draußen im freien Gelände hielt man. Diese Uebungen leitete unser Oberleutnant. Er versammelte die Legionäre im Kreis um sich und erklärte ihnen die Sternbilder, ihre wechselnde Bahn, ihre Beziehungen zueinander. Das wurde so oft wiederholt, bis auch der Begriffsstutzigste aus Polarstern und den Sternbildern des Bären die Himmelsrichtung bestimmen und sich allein zurechtfinden konnte.
    Persönliches Interesse wurde in die Soldatenarbeit hineingebracht. Man wurde selbständig: man wußte das Wie und Warum. Immer wieder wurden Schützengräben ausgehoben und der sportliche Wettbewerb gezüchtet, rascher zu arbeiten als die nächste Sektion. Gleicher Eifer regierte bei den häufigen Uebungen im Aufwerfen von Feldbefestigungen, und in fabelhafter Schnelligkeit wurden aus sandgefüllten Feldtaschen Schanzen errichtet. Es war fast ein Spiel, wenn die escouades , die Korporalschaften. sich in brennendem Eifer mühten, welches Zelt zuerst fertig sein würde. Mit einem Griff hatte man das Zelttuch aus dem Tornister gerissen, die Stöcke zusammengesteckt: jeder hatte seine Arbeit – der eine knöpfte die Zeltteile zusammen, der andere spannte die Zeltseiten straff, ein anderer trieb die Pflöcke ein. Und wie ein Wunder wuchs das kleine Zelt aus dem Boden. Meine Korporalschaft hielt den Kompagnierekord im Zeltbau mit 70 Sekunden! Man setzte einen Ehrgeiz darein, mit größter Schnelligkeit und Exaktheit auszuschwärmen, man war stolz, aus marschierender Kolonne sich in Sekunden zum Carré zu formieren. Man rannte wie verrückt auf das Kommando à genoux . Ein interessantes Manöver, dessen Zweck das Sichschützen vor platzenden Granaten und Salvenfeuer war. Wenn à genoux kommandiert wurde – auf die Knie – rückte sofort in langen Sätzen die ganze Kolonne dicht zusammen: jeder einzelne Mann fiel auf die Knie und duckte den Kopf so tief wie möglich unter den Tornister des Vordermannes, sich eng anschmiegend, einer

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