In der Fremdenlegion (German Edition)
Durchschnittslegionär eine militärische Aufgabe, wie ist ihm das Gefühl in Fleisch und Blut übergegangen, daß er für seine eigene Sicherheit arbeitet und nicht um dem Tadel irgend eines Vorgesetzten zu entgehen, wie setzt er seinen ganzen Ehrgeiz z. B. an Patrouillenaufgaben! Und wie komisch ist es, wenn man bei irgend einem deutschen Manöver sich eine Patrouille besieht: Kaum dem »Auge des Herrn« entrückt, hört die gerühmte Drilldisziplin auf, und aus dem Soldaten wird ein gemütlicher Spaziergänger, der sich im nächsten Bauernhof nach Erfrischungen umsieht. Der Parademarsch, bei uns das »Kriterium militärischer Tüchtigkeit«, ist der Legion völlig unbekannt, und dennoch: Was für brillante Soldaten!
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Ich gebe nachstehend in deutscher Uebersetzung ein Wochenprogramm meiner Kompagnie wieder, wie es jeden Samstag am schwarzen Brett angeschlagen wurde:
Montag : 6–7 Uhr: Boxen.
7 ½–10 Uhr: Kompagnieexerzieren.
12 Uhr: Militärmarsch.
Dienstag : 6–7 Uhr: Turnen.
7 ½–10 Uhr: Gefechtsexerzieren.
11–12 Uhr: Instruktionsstunde über hygienische Maßnahmen im Felde.
1 Uhr: Arbeitsdienst nach Anordnung des Platzadjutanten.
Mittwoch : 5 ½–6 ½ Uhr: Boxen.
7 Uhr: die Kompagnie tritt zum Baden an.
8–11 Uhr: Uniformflicken, Vorbereitungen zur Inspektion durch den Regimentskommandeur.
1 Uhr: Arbeitsdienst nach Anordnung des Platzadjutanten.
Donnerstag : 5 ½ Uhr: Abmarsch auf den Schießstand.
12–1 Uhr: Instruktionsstunde über die erste Hilfeleistung bei Verwundungen.
1 ¼ Uhr: Arbeitsdienst nach Anordnung des Platzadjutanten.
Freitag : 5 Uhr: Militärmarsch.
1–2 Uhr: Instruktionsstunde über Deckungsuchen in flachem Terrain.
2 ½ Uhr: Arbeitsdienst nach Anordnung des Platzadjutanten.
Samstag : 5 ½ Uhr: Dauerlauf über sechs Kilometer. (Schnitzeljagd.)
8-11 Uhr: Kompagnieexerzieren.
12 Uhr: Kasernen- und Zimmerreinigung.
4 Uhr: Inspektion des Kasernements durch den Regimentskommandeur. Die Mannschaften stehen im Drillichanzug bei ihren Betten.
NB. Beim 11 Uhr Appell jeden Morgen ist ein durch den adjudant täglich zu bestimmendes Uniformstück zur Inspektion mitzubringen.
Mit der militärischen Bedeutung der Legion ist unzertrennlich verbunden ihre Arbeit.
Vor nicht allzulanger Zeit war Sidi-bel-Abbès ein Sandhaufen, auf dem nur ein marabout stand, das Grab eines frommen Heiligen, zu dem die Araberhorden der Beni Amer wallfahrteten. Damals kamen fremde Männer, scharten sich um die nagelneue Flagge der Legion, und belehrten die Beni Amer in blutigen Kämpfen, daß es wünschenswert sei, wenn die Söhne Amers etwas weiter nach Süden zögen. Diese fremden Männer legten Straßen an und brannten Ziegel. Sie erbauten solide Festungsmauern, drainierten das häßliche kleine Flüßchen Mekerra, das sich so müde durch den Sand schleppt und so übel riecht; sie legten Gärten an und pflanzten Olivenbäume. Die Kasernen, die öffentlichen Gebäude, die meisten der Wohnhäuser erstanden unter ihren fleißigen Söldnerhänden.
Der Legionär war immer und ist immer noch ein Arbeitstier. Die schwerste Arbeit der Fremdenlegion wird in den kleinen Militärstationen in Algerien getan, unten im Süden, an der Grenze der Sahara, wo jeder Tag körperlicher Arbeit für den Europäer einen Verlust an Gesundheit bedeutet. Dort rückt die Arbeitskolonne täglich aus und arbeitet tagaus, tagein mit Hacke und Schaufel am Wegebau, während vielleicht in einem Araberdorf, wenige Stunden entfernt, die Zivilbehörden an faulenzende Araber Naturalienunterstützungen verteilen. Achtzig Prozent der brillanten Straßen Algeriens sind von der Legion gebaut.
Die Mörtelkelle wird dem Soldaten in die Hand gedrückt: So, jetzt bist du Maurer! Er baut, je weiter die Militärposten vorgeschoben werden, Kasernen für die Truppen und Bureaugebäude für die Zivilverwaltungen – er klopft die Steine, mit denen die Wege ausgebessert werden. Er leistet die Pionierarbeit des nördlichen Afrika für eine Bezahlung, die ein Kuli hohnlachend zurückweisen würde.
Seine Kraft wird gründlich ausgenützt. Ein groteskes Beispiel dafür ist die in Saïda beim 2. Regiment herrschende Gewohnheit, Legionäre für Privatleute in der Stadt arbeiten zu lassen. Sie bekommen natürlich niedrigeren Lohn dafür als ein Zivilarbeiter fordern würde, aber das wäre ja an und für sich gar nicht so schlimm; denn auch die wenigen Francs im Tag bedeuten unendlich viel für den fremden Soldaten. Das Merkwürdige aber, das Typische daran
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