In der Fremdenlegion (German Edition)
spielten wir Gärtner im riesigen Gemüsegarten der Legion, bald waren wir Maurer, die Schuppen bauten und Baulichkeiten ausbesserten. Des Nachmittags im weißen Drillichanzug waren wir keine Soldaten mehr, sondern Arbeiter, nichts als Arbeiter. In Anbetracht unserer elenden Löhnung: Arbeitssklaven!
Nur der Sonntag war frei von Arbeit. Frei von allem Dienst. Nicht einmal Appelle wurden abgehalten. Und der Legionär legte sich den lieben langen Sonntag hindurch ins Bett! Erst gegen Abend ging er in den Jardin Public , um dem Konzert der Legionskapelle zuzuhören. Dort ging er hin aus Solidaritätsgefühl. Aber viel lieber hätte er weiter geschlafen.
»Legionär nix Geld.«
Die Geldsorgen der Legion. – Fünf Centimes Löhnung. – Das Wuchergeschäft des französischen Staates. – Legionsbriefe. – Die Wissenschaft des »Dekorierens«. – Notindustrie der Legionäre. – Der Trommler als Posamentenmacher. – Der Mann mit den Biscuits. – Grenzen erlaubten Stehlens. – Nächtlicher Diebstahl und rasche Lynchjustiz. – Herr von Rader und die Marketenderin. – »Legionär arbeiten – Legionär nix Geld!«
Die armen Kerle, die sich hatten anwerben lassen, weil ihnen das Geld für ein Stück Brot fehlte, irrten sich sehr, wenn sie glaubten, nun den Sorgen entronnen zu sein.
In der Legion gab es erst recht Sorgen. Geldsorgen!
Diese bunt zusammengewürfelten Menschen, die zum allergrößten Teil nur deshalb den Legionsrock angezogen hatten, um einem Daseinskampfe zu entgehen, dem sie nicht gewachsen waren, quälten sich um Geld und sehnten sich nach Geld!
In der Fremdenlegion gab es noch Geld, und durch den gewaltigen Unterschied, den einige Franks Besitz machten, entstanden inmitten der rothosigen Gleichheit des Söldnertums die schönsten sozialen Abstufungen. Draußen in der Welt galt der Daseinskampf der Existenz selbst, dem Sorgen für eine gesicherte Zukunft; hier spielte sich der gleiche Kampf ab, mit dem einzigen Unterschied, daß es sich nur um ein paar Liter Wein handelte, oder um eine durchschwärmte Nacht, oder die Möglichkeit, einen anderen dafür zu bezahlen, daß er Arbeit tat, die der Legionär ohne Geld selbst tun mußte. Der Legionär mit Geld stand auf einer ganz anderen Stufe als der Legionär ohne Geld!
Rassedin, der reiche Rassedin, war ein Fürst in einer Umgebung von armen Teufeln, und ihn, den Fremdenlegionär, trennte von den anderen Fremdenlegionären eine weite Kluft. Man schmeichelte um seine Gunst und ließ sich seinen Hochmut gerne gefallen, wenn nur ein paar Sousstücke oder ein paar gute Zigaretten dabei abfielen. In unserer Stube war er der Herrscher. Die anderen Legionäre ordneten sich ihm widerspruchslos unter, und es sah komisch aus, wie die Kameraden eilten und flogen, wenn diese Legionsverkörperung des Gottes Mammon geruhte, einen Wunsch auszusprechen, und wie sie dann mit strahlenden Gesichtern zur Kantine gingen, um die erhaltenen paar Sous schleunigst in Wein zu verwandeln. Das Selbstbewußtsein, mit dem der Belgier die Würde seines Reichtums (und welch ein Reichtum sind ein paar tausend Franks für einen Legionär!) stolz und unnahbar trug, sah an und für sich komisch aus, aber ich hatte immer das Gefühl, als ob Rassedin, der so gut wußte, daß er einem Ende mit Schrecken, einem häßlichen Tod entgegenging, die kleine gemeine Gewinnsucht der Menschen gründlich kannte und tief verachtete!
Das liebe Geld – es regiert sogar in der Fremdenlegion!
Die Löhnung beträgt fünf Centimes im Tag, ungefähr ein Fünftel der Löhnung eines deutschen Soldaten! Schon der einfache Vergleich wirkt grotesk.
Wenn man aber bedenkt, daß der Fremdenlegionär seine Haut »verkauft«, daß er ein »bezahlter« Söldner ist, so ist der Vergleich geradezu verblüffend. Der Fremdenlegionär braucht gerade kein großes Geisteslicht zu sein, um recht bald den springenden Punkt seines Daseins zu erkennen: die fabelhafte Ausbeutung, deren Gegenstand er ist.
Ganz abgesehen davon, daß Frankreich mit dem billigen Menschenmaterial der Legion seine algerischen Grenzen schützt und Schritt für Schritt die südlichen Oasen erobert, daß überhaupt in den ewigen Kämpfen in den französischen Kolonien fast nur die Truppen der Legion figurieren. Nein, rein geschäftlich, rein vom Standpunkte des Unternehmers: der Fremdenlegionär ist nur zur Hälfte Soldat. Zur anderen Hälfte ist er Arbeiter; Zimmerer, Maurer, Wegebauer und Lastträger. Er ist ein so billiger Arbeiter, daß, wie
Weitere Kostenlose Bücher