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In der Fremdenlegion (German Edition)

Titel: In der Fremdenlegion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Rosen
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Absatz fand. Das war seine Art, sich zu dekorieren. Dabei entwickelte der alte Landsknecht einen merkwürdig regen Geschäftssinn. Mit den Arabern (die sich nach ihrer Art von barem Geld nicht trennen können), machte er Tauschgeschäfte, bei denen er jedesmal Sieger blieb. Bald handelte er für seine bunten Tuchfetzen ein Paar der hübschen, goldgepunzten Araberschuhe ein, bald war es ein grotesk geschnitzter arabischer Stecken, bald ein marokkanisches Geldtäschchen mit feiner Lederarbeit. Dann steckte sich Guttinger hinter einen der Legionäre, die im Offizierskasino Aufwärterdienst taten, und diese wieder fanden mit Leichtigkeit splendide Kunden unter den jungen Offizieren. Das Endresultat war immer wieder das gleiche: viele Liter des süßlichen, schweren, roten Algierweins – des unsterblichen Weins, in den sich alle Silberstücke der Legion unfehlbar verwandeln.
    Einen Legionär von der vierten Kompagnie nannte man in der ganzen Legion » l'homme des biscuits «. Seine Spezialität war es, in allen Kompagnien die Biskuits zu sammeln, die zweimal wöchentlich als Ergänzung der Brotration verteilt wurden. Sie waren ähnlich wie Schiffszwieback, sehr hart, und die meisten Legionäre rührten sie nicht an. So hatte der »Biskuitmann« ein ergiebiges Sammelfeld. Auf irgendeinem Schleichwege, den er sorgfältig geheimhielt, schaffte er Sack auf Sack solcher Biskuits aus der Kaserne und fand auf dem Marktplatz von Sidi-bel-Abbès eine Menge Abnehmer. Andere, denen es an Witz fehlte, beschränkten sich darauf, für Kameraden, die Geld hatten, zu waschen und zu putzen. Alle aber taten ihr möglichstes, sich »zu dekorieren«, ihr wichtigster Lebenszweck war das Erhaschen der paar Kupferstücke für einen Liter ...
    Im Dekorieren liegt aber auch Diebstahl.
    Die Legion zieht darin eine sehr scharfe Linie. Der Diebstahl von Uniformstücken, um solche zu ersetzen, die einem selbst gestohlen wurden, oder die man verloren hat, gilt als durchaus anständig und gentlemanlike . Es geht einfach nicht anders, denn wer etwas verliert, wird erheblich eingesperrt.
    Das »stehlende Dekorieren« lernt der Rekrut sehr schnell: »Ich hab' eine Drillichhose verloren,« stöhnt der Rekrut.
    »Macht nix!« sagt der alte Legionär.
    »Verflucht, was soll ich denn anfangen?« jammert der Blaue.
    » Dekorier' dich , du Kamel!« sagt der Alte.
    Worauf der Rekrut in den hinteren Hof ging, wo der Platz zum Trocknen der Wäsche war, und mit Lammesgeduld in einem verborgenen Winkel wartete, bis gerade niemand aufpaßte. Dann packte er eine Hose, patschnaß, wie sie an der Leine hing, und kam triumphierend in die Stube zurück. Er hatte sich »dekoriert«.
    Eine einzige verbummelte Drillichhose führt mit tödlicher Sicherheit zu hundert verschiedenen Drillichhosen-Diebstählen.
    Dem leidtragenden Bestohlenen erwächst nicht einmal ein besonderer Schaden, denn – er macht es genau ebenso, und irgendwo in der endlosen Drillichhosenkette findet sich schon einer, der eine neue Hose kauft. Irgendwie gleicht es sich immer wieder aus. Am meisten profitieren natürlich bei diesem System die »Kleiderkammern« der einzelnen Kompagnien, oder vielmehr die Unteroffiziere, denen die Verwaltung der Uniformbestände anvertraut ist. Dem Legionär ist das Dekorieren so zur Gewohnheit geworden, daß er gar nicht daran denkt, seinen Feldwebel zu behelligen, wenn ihm ein Uniformstück schadhaft geworden ist. Das wäre viel zu viel Schererei! Stehlen ist ja viel einfacher. Ist die Jacke zerrissen? N'importe , irgendwie und irgendwo stiehlt man sich eine. Wieder beginnt der Ringelreihen von Dekorierdiebstählen, und viele Jacken wechseln ihre Besitzer, bis entweder ein Ungeschickter seinen Verlust meldet und sofort ins Gefängnis fliegt oder aber ein »Wohlhabender« sich hinter einen der Kammerunteroffiziere steckt und eine neue Jacke kauft... Die Hereingefallenen sind immer diejenigen Neulinge, die noch einige Groschen Geld haben. Der richtige alte Legionär aber ist immer glücklicher Besitzer einer tadellosen Ausrüstung – aus allen möglichen Mannschaftsstuben zusammengestohlen!
    Diese Sorte von Diebstahl gilt als sportmäßig und ist erlaubt, wenn – man sich nicht gerade vom Eigentümer erwischen läßt.
    Wehe aber dem Legionär, der es sich beifallen ließe, weitherzig zu werden und seine Dekorierungstätigkeit auf Tabak oder Geld oder gar Brot auszudehnen. Die ganze Kompagnie würde sich sofort zum Detektivkorps konstituieren, ihn zweifellos sehr bald

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